Frage an Brigitte Lösch von randy s. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Lösch,
S21 ist das Dauerthema in Stuttgart. In der Region Hohenlohe rund um die Städte Schwäbisch Hall, Künzelsau und Öhringen braucht man seit einigen Monaten nur das Wort „Windrad“ aussprechen und schon geht die hitzige Diskussion in die nächste Runde.
Wie wollen Sie den Bürger bei diesem Thema „mitnehmen“, zumal die Windräder ja auch ordentlich Platz „wegnehmen“ und einen massiven Eingriff in die Natur nach sich ziehen?
Gibt es vielleicht nicht doch auch Alternativen zu den geplanten Windrädern im Limpurger Land – schließlich ist es mehr als nur ein Naherholungsgebiet, sondern auch ein Rückzugsort für seltene Tiere?
Vor kurzem war bekanntermaßen der Weltmarktführerkongress in Schwäbisch Hall. Die rot-grüne Landesregierung in Personalunion von Winfried Kretschmann war ebenfalls vor Ort. Hat Herr Kretschmann aus seinem Besuch neue Erkenntnisse für ein sozialeres und gerechteres Miteinander gewonnen oder hat er möglicherweise doch den subjektiven Eindruck erhalten, dass die Veranstaltung eher an eine Märchenstunde erinnerte – nur mit dem Unterschied, dass dort einerseits fast nur Wölfe ihre „Raubtiermentalität“ unter Beweis stellen konnten und andererseits zu wenig Geißlein von ihrer freudlosen Opferrolle als billige Fleischbeilage in den Finanztöpfen des 21. Jahrhunderts erzählen durften?
Herr Kretschmann hat auf dem Weltmarktführerkongress betont, den angeblichen Fachkräftemangel mit „frühkindlicher Bildung“ bekämpfen zu wollen? Was ist damit gemeint? Sollen Kinder bereits im Kindergarten mit Laptop und Smartphone ausgestattet und für Ingenieurberufe begeistert werden? Ist das nicht zu früh? Und ist es wirklich der richtige Weg, den Kindern von frühauf zu vermitteln, dass nur Technikberufe für den zukünftigen Wohlstand sorgen können? Träume, Wünsche und Ziele des Menschen bzw. der Industrie - sollte die Politik sich daher nicht eher als Anwalt des Menschen und nicht als Anwalt der Industrie sehen?
Mit freundlichen Grüßen
randy scholz
Sehr geehrte Frau Scholz
Vielen Dank für Ihre Email an mich über Abgeordnetenwatch vom 28.01.2013 Gerne will ich Ihnen auf Ihre Fragen und Anliegen antworten.
Windkraft – hier zum Thema: BürgerInnen mitnehmen
Uns Grünen und der Landesregierung ist klar, dass eine Energiewende ohne Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger nicht geht. Deshalb liegt seit November 2012 vom Umweltministerium der Leitfaden „Bürger machen Energie“ - für die Planung von Bürgerenergieanlagen vor. In diesem Leitfaden finden Sie ganz praktische Hinweise und Beispiele, wie man sich beteiligen und die Energiewende gestalten kann. Sie finden umfassende Informationen über mögliche Rechtsformen für Bürgerenergieanlagen, mit Tipps, wie solche Anlagen am besten zu realisieren sind und mit der Darstellung beispielhaft in Baden-Württemberg umgesetzter Projekte soll Bürgerinnen und Bürger die Beteiligung an der Energiewende erleichtert werden. Als Anlage schicke ich Ihnen diesen Leitfaden als PDF mit oder Sie können ihn unter diesem Link finden: http://www.um.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/99584/?shop=true&shopView=83992
Bürgerinnen und Bürger haben vor dem Beschluss, dass an einem bestimmten Ort ein Windrad aufgestellt wird, viele Möglichkeiten sich zu informieren und ggf. sich auch dagegen zu wehren.
Bezüglich Ihrer Bedenken der Windkraft als massiver Eingriff in die Natur kann ich Ihnen folgendes sagen: Wenn eine Windkraftanlage aufgestellt werden soll, muss diese in den Flächennutzungsplan aufgenommen werden. Hierbei müssen naturschutzfachliche Untersuchungen wie artenschutzrechtliche Kartierungen etc., (Fledermäuse, Vögel) erfolgen, wenn es dazu Anhaltspunkte gibt. Hierbei sind dann weitergehende Untersuchungen bzgl. geschützter Arten notwendig. Als Belange des Landschaftsschutzes werden hierbei Vielfalt, Eigenart und Schönheit des Landschaftsbildes berücksichtigt, insbesondere die Naturlandschaften als vom menschlichen Einfluss unbeeinflusst gebliebene Landschaften und die historisch gewachsenen Kulturlandschaften auch mit ihren Kultur-, Bau- und Bodendenkmälern, sowie die Sichtbarkeit der Anlage im Nah- und Fernbereich. Zudem muss bedacht werden, wie sich die Anlage auf den Erholungswert und die Unberührtheit der Landschaft auswirkt und inwiefern bereits Vorbelastungen durch technische Anlagen gegeben sind.
Diese Belange müssen in jedem Einzelfall mit den Gesichtspunkten, die für die Errichtung von Windenergieanlagen an diesem konkreten Standort sprechen, sorgfältig abgewogen werden. Darunter fallen insbesondere die Windhöffigkeit, die Bündelung mit Infrastrukturtrassen, die Nähe zu Stromtrassen und die Zuwegung.
Die rechtlichen Grundlagen für die Genehmigung einer Windkraftanlage können Sie auch dem sog. Windenergieerlass entnehmen. Alle Informationen zum Windenergieerlass des Umweltministeriums finden Sie unter http://www.um.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/94127/
Kurz etwas zu Ihrer Nachfrage bzgl. eines sozialeren und gerechtere Miteinander: Wir Grüne wollen eine sozial gerechte und solidarische Gesellschaft. Gemeinsam mit den Menschen in unserem Land wollen wir dem sozialen Auseinanderdriften in unserer Gesellschaft entgegenwirken , den sozialen Zusammenhalt verbessern und das Ziel verfolgen, soziale Sicherheit und Teilhabe für alle zu ermöglichen.
Obwohl die Landesregierung im Doppelhaushalt 2013/14 an vielen Stellen den Rotstift angesetzt hat, erhalten viele soziale Bereiche und Beratungseinrichtungen mehr Geld – als Bespiel nenne ich :
- Förderung und Aufstockung der Schulsozialarbeit,
- Förderung der sozialen Infrastrukturen (Modellprojekte zu neuen Wohnformen im Alter)
- Förderung der Flüchtlingsarbeit
- Landesstiftung Opferschutz bekommt mehr Geld
- Förderung von Sozialwohnungen
- Förderung von Projekten zur Alkoholprävention
- Mehr Geld für die Wohnungslosenhilfe
Ihr drittes Thema betrifft die Aussage von Herrn Kretschmann dem Fachkräftemangel mit frühkindliche Bildung zu begegnen.
Es geht hierbei um die Förderung für die Kleinkindbetreuung und den Ausbau von Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren. Im Hinblick auf die Bildungschancen der Kinder, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und den Fachkräftemangel in der Wirtschaft stellt dies einen großen Erfolg dar. Die Landesregierung fördert über den sog. „Pakt für Familien“ den Ausbau der Kleinkindbetreuung mit über 300 Mio. Euro.
Bei der frühkindlichen Bildung als solches geht es nicht darum, dass Kinder in den Kitas alle „kleine Einsteins“ werden sollen.
Ganz im Gegenteil, wir Grünen sind nach wie vor gegen die sog. Verschulung des Kindergarten.
Es geht es darum , dass alle Kinder die gleichen Chancen für ihren Start ins Schul- bzw. Berufsleben haben.
Nachgewiesen ist, dass in den ersten Jahren eines Kindes die entscheidenden Grundlagen für Sprache und Lesen - Schreiben - Rechnen gelegt werden. Deshalb ist es Z.B. gerade für Kinder mit Migrationshintergrund so wichtig die deutsche Sprache zu erlernen.
Bei Sprachproblemen können hierzu im Kindergarten Hilfestellungen und Sprachförderung erfolgen – und je frühes desto besser.
Die Landesregierung stellt weitere 11 Mio. Euro für die Sprachförderung zur Verfügung zur Verbesserung der frühkindlichen Bildung. Damit legen wir einen Grundstein für verbesserte Bildungschancen aller Kinder – denn Sprache ist der Schlüssel zur Bildung.
Nun hoffe ich, dass ich mit meinen Ausführungen Ihnen einen besseren Einblick in unsere „Grüne bzw. grün-rote“ Politik geben konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Lösch, MdL