Frage an Brigitte Lösch von jochen h. bezüglich Verkehr
Guten Tag Frau Lösch,
als Wangener interessiert mich Ihre Haltung zu Stuttgart 21 und was Sie ggf. zur Durchsetzung Ihrer Ziele unternehmen möchten.
In unserem Stadtteil ist in diesem Zusammenhang nämlich nichts von Ihrer Partei zu vernehmen.
Viele Grüße
Jochen Hoyler
Sehr geehrter Herr Hoyler,
wir Grüne im Stadtrat und im Landtag lehnen Stuttgart 21 ab.
Gerne kann ich Ihnen meine Argumentation nochmals ausführlich benennen
Der geplante Bahnhof ist viel zu teuer:
-1995 sollte er noch 2,5 Mrd. € kosten, jetzt sind es schon 4,1 Mrd. €.
-Nach Berechnungen von Vieregg & Rößler kostet „Kopfbahnhof 21“ nur maximal ein Drittel dieser Summe.
Zudem sind die finanziellen Risiken sind unüberschaubar. Die DB hatte zuletzt 4,9 Mrd. € errechnet. Dann wurde auf den gewünschten Betrag unterhalb der „Sollbruchstelle“ (4,5 Mrd. €) herunter gerechnet . Der Bundesrechnungshof hat Baukosten von 5,3 Mrd. € errechnet. Vieregg & Rößler errechneten wahrscheinliche Baukosten von 6,7 bis 8,7 Mrd. €
Klar ist natürlich: Je früher das Milliardengrab gestoppt wird, desto besser. Denn mit jedem weiteren Abrisstag und jeder weiteren Baumaßnahme wird der Ausstieg teurer und damit schwieriger.
Stuttgart 21 ist auch zum jetzigen Zeitpunkt noch umkehrbar. Die Bundesregierung hat es beim Atomausstieg vorgemacht Obwohl die Verträge mit den AKW-Betreibern seit Jahren rechtsgültig abgeschlossen, also “unumkehrbar” sind, wurden nun – ohne Beteiligung des Bundesrats – die Laufzeitverlängerung beschlossen.
Nach dem Schlichterspruch kann es kein Weiterbauen nach den bisherigen Plänen geben.
Die Landesregierung und die Bahn haben zugesagt, die vom Schlichter geforderten Nachbesserungen an Stuttgart 21 zu akzeptieren. Wir werden im Auge behalten, ob diese Zusage auch eingehalten
wird. Sollte sich, was niemand ausschließen kann und aus unserer Sicht sogar wahrscheinlich ist, eine Erweiterung des achtgleisigen Tiefbahnhofs auf 10 Gleise wegen der erforderlichen Leistungsfähigkeit als nötig erweisen, können diese Gleise nicht zu vertretbaren Kosten zu einem späteren Zeitpunkt nachgerüstet werden. Sie sind nur realistisch, wenn die Betonwanne des Tiefbahnhofs sofort dafür ausgelegt wird: Eine neue Planung wäre erforderlich. Die Nachbesserungen würden Stuttgart 21 weiter verteuern. Wir erwarten zusätzliche Mehrkosten beim Projekt in der Höhe von mindestens einer halben Milliarde Euro.
Der Schlichterspruch erfordert deshalb zwingend eine Bauunterbrechung, bis folgende Fragen geklärt sind:
-welche Zusatzgleise sind an welcher Stelle nötig, damit Stuttgart 21 in der Spitzenstunde 30 Prozent mehr leisten kann als der bisherige Kopfbahnhof?
-Wie muss der Gesamtknoten dafür umgeplant werden?
-Welche Mehrkosten entstehen?
-Wer trägt die Mehrkosten?
Erst, wenn hierfür Antworten vorliegen, lässt sich das nachgebesserte Stuttgart 21 bewerten.
Kopfbahnhof 21 ist und bleibt die bessere Lösung
Kopfbahnhof 21 ist und bleibt die bessere, die überlegene Lösung. Sollten die von Heiner Geißler dargestellten Nachbesserungen am Bahnknoten realisiert werden, würden die Kosten von Stuttgart 21 in eine Höhe geschraubt werden, bei der die Wirtschaftlichkeit des Projektes mehr denn je in Frage gestellt werden muss und K 21 automatisch erneut auf die Agenda kommt.
Wir setzen uns weiterhin für K 21 ein, denn sie ist die leistungsfähigere und kostengünstigere und damit mit Abstand wirtschaftlichere Variante. Wir werden bis uns weiterhin am friedlichen Protest gegen Stuttgart 21 beteiligen und aktiv gestalten, denn wir sollten Landesregierung und Bahn nicht alleine lassen, wenn es darum geht, den bestmöglichen Bahnknoten für die geringst möglichen Kosten zu realisieren.
Wenn wir am 27. März an die Regierung kommen, werden wir nicht über die Köpfe der Menschen hinweg entscheiden: Ob S 21 gebaut wird oder nicht, muss aufgrund der neuen Faktenlage durch eine Volksabstimmung entschieden werden.
Um eine Volksabstimmung zu S 21 durchführen zu können brauchen wir einen Regierungswechsel in Baden-Württemberg. Nur mit einer grün-roten Mehrheit nach der Landtagswahl können wir eine Volksabstimmung über den Ausstieg aus S 21 anbieten.
Folgendes Verfahren wäre denkbar: Die baden-württembergische Verfassung sieht in Art 60, Abs. 3 vor, dass ein Gesetz über das Landesregierung und Parlament kein Einvernehmen erzielen, auf Antrag eines Drittels des Landtags durch die Landesregierung dem Volk zur Abstimmung gestellt werden kann. Dazu müsste die neue Landesregierung ein Ausstiegsgesetz in den Landtag einbringen. Dies würde keine Mehrheit bekommen, da nur wir Grüne dafür sind. Die Regierungskoalition Grüne und SPD beantragen daraufhin gemeinsam entsprechend Art 60 Abs. 3 LVerfBW eine Volksabstimmung, die die Landesregierung beschließt und durchführt.
Das Ausstiegsgesetz sieht eine Kündigung des Stuttgart-21-Vertrags vor mit der Erfüllung der daraus entstehenden Entschädigungsansprüche. Ob eine solche Kündigung mit all den Konsequenzen von den Menschen im Land gewünscht wird, wird in der Volksabstimmung entschieden.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Lösch, MdL