Frage an Björn Thümler von Annelie T. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Thümler,
seit sieben Jahren muss die Familie Siala/Salame getrennt voneinander leben, weil das Landratsamt Hildesheim in einem für viele Bürger unverständlichen Akt die damals 24 Jahre alte Frau und Mutter, seit 17 Jahren in Deutschland zu Hause, in ein ihr unbekanntes Land abschob. Ihre beiden Töchter musste sie ohne Abschied zurücklassen.
Hätte die von Innenminister Schünemann jüngst bekundete Absicht, das Bleiberecht zu reformieren, schon gegolten, wäre das Elend dieser Trennung nicht über die Familie hereingebrochen!
Ist es deshalb nicht auch nach Ihrer Auffassung an der Zeit, nach Mitteln und Wegen zu suchen, um den Kindern wenigstens für den Rest ihres Kinderlebens ein gemeinsames Aufwachsen zu ermöglichen, wie es dem Grundgesetz und der UN-Kinderrechtskonvention entspricht?
Kann ich davon ausgehen, dass Sie sich im Rahmen Ihrer Möglichkeiten für eine Rückkehr der Mutter und ihrer zwei jüngsten Kinder nach Niedersachsen einsetzen werden?
Mit freundlichen Grüßen
Annelie Tietze
Sehr geehrte Damen und Herren,
anbei die Antwort zu dieser Frage:
Sehr geehrte Frau Tietze,
vielen Dank für Ihre Anfrage auf www.abgeordnetenwatch.de. Leider hat sich die Beantwortung, etwas verzögert. Dafür bitte ich Sie herzlich um Ihr Verständnis.
Ebenso wie Sie bedaure ich, dass die Kinder von Frau Önder und Herrn Siala nur mit einem Elternteil aufwachsen.
Dieser Umstand sollte sich tatsächlich ändern. Es wurde bereits in der Vergangenheit eine Vereinbarung seitens des Landkreises Hildesheim mit Herrn Siala getroffen, um zunächst für ihn und die beiden Töchter in Deutschland eine Aufenthaltsgenehmigung erteilen zu können. Teil der Vereinbarung war, dass Herr Siala nicht erneut straffällig wird und seinen Lebensunterhalt selbständig sicherstellt. Langfristig wäre dann auch relativ schnell die Rückkehr von Frau Önder nach Deutschland möglich gewesen, wenn es zu einer in Deutschland anerkannten zivilrechtlichen Eheschließung, zusätzlich zur vorhandenen religiösen Ehe, gekommen wäre.
Beiden Verpflichtungen ist er bedauerlicherweise nicht nachgekommen. Er hat die ihm damit eröffnete Lösung zur Legalisierung seines Aufenthaltes mit der gesamten Familie in Deutschland nicht genutzt. Auch sind Herr Siala und Frau Önder weiterhin nur nach muslimischen Ritus verheiratet.
Eine Familienzuführung wäre ferner jederzeit in der Türkei möglich, wo Frau Önder in Izmir bei ihrem Vater in zufrieden stellenden Verhältnissen lebt.
Am meisten leiden unter dieser Situation die Kinder. Insofern ist erfreulich, dass sich zumindest hier eine teilweise Lösung abzeichnet. Die beiden Töchter Amina und Nura fügen sich gut in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland ein und dürften damit berechtigte Aussichten auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG haben. Für Amina gilt dies bereits jetzt, weil sie das Mindestalter von 15 Jahren bereits erreicht hat und für Nura ab nächstem Jahr. Sofern die entsprechenden Anträge gestellt werden, dürfen die beiden mit dieser Aufenthaltserlaubnis ihre Mutter und ihre beiden Geschwister in Izmir besuchen und zurück nach Deutschland einreisen. Herr Siala würde nach § 60a Abs. 2a AufenthG geduldet. Langfristig wäre damit aber auch für Herrn Siala die Möglichkeit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. AufenthG gegeben.
Aber auch dazu müsste Herr Siala seinen Lebensunterhalt selbst sichern, nicht erneut straffällig werden und es müssten die vorhandenen Vorstrafen im Bundeszentralregister gelöscht werden. Derzeit ist nicht ersichtlich, wie Herr Siala seinen Lebensunterhalt finanziert. Leider wurde er auch in jüngster Zeit wieder straffällig.
Der Schlüssel zu einer Aufenthaltserlaubnis liegt nach der geltenden Rechtslage bei Herrn Siala. Die Verwaltung hat insoweit kein Ermessen, Frau Önder ohne die Erfüllung dieser Voraussetzungen nach Deutschland einreisen zu lassen. Es existiert keine Rechtsgrundlage, ihr die Genehmigung zur Einreise und zum Aufenthalt zu geben. Ein Besuchsvisum darf ihr vom Auswärtigen Amt nicht ausgestellt werden, weil sie unbestritten nicht rückkehrwillig ist.
So wünschenswert ein gemeinsames Aufwachsen der Kinder von Frau Önder ist, kann derzeit nicht gegen die klare Rechtslage entschieden werden.
Würden die Behörden hier gegen die klaren rechtlichen Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes entscheiden, würden sie sich wegen Rechtsbeugung nach § 339 StGB strafbar machen.
Der Landkreis Hildesheim hat zu dem Fall eine Stellungnahme mit Hintergründen auf seiner Homepage ins Internet gestellt, deren Lektüre ich Ihnen empfehlen möchte. (http://www.landkreishildesheim.de/index.php?object=tx|1905.2&ModID=255&FID=1905.376)
Im Interesse der Kinder hoffe ich, dass auf dem genannten Weg eine Lösung erreicht werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
Björn Thümler