Frage an Björn Thümler von Walter K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Betreff: Informationsfreiheitsgesetz (IFG)
Sehr geehrter Herr Thümler,
nun haben mehr als 115 Staaten mit mehr als 5,5 Milliarden Einwohnern entweder Informationsfreiheitsgesetze oder entsprechende Verfassungsbestimmungen (siehe: http://right2info.org/laws ). In Europa fehlt ein IFG im Wesentlichen nur in Weißrussland.
Das Menschenrecht des Zugangs zu Dokumenten der öffentlichen Verwaltung (Zivilpakt, EMRK) wird international als Voraussetzung für die Demokratie angesehen.
Dies wird auch im "General Comment No. 34 on Article 19 of the ICCPR" (Internationaler Paktes über bürgerliche und politische Rechte, Zivilpakt) bestätigt ( http://www2.ohchr.org/english/bodies/hrc/comments.htm ):
"18. Article 19, paragraph 2 embraces a general right of access to information held by public bodies. Such information includes all records held by a public body, regardless of the form in which the information is stored, its source and the date of production."
"19. (...) States parties should also enact the necessary procedures, whereby one may gain access to information, such as by means of freedom of information legislation."
In Schleswig-Holstein haben die 2 Abgeordneten der dänischen Minderheit trotz der Untätigkeit der Regierung schließlich eine Mehrheit für ein IFG bekommen. Auch in Berlin, im Bund, in Hamburg, in Thüringen und in Rheinland-Pfalz hat das Parlament selber IFG Gesetzentwürfe erarbeitet und trotz des Widerstandes der Verwaltung und der Regierungen verbaschiedet.
Sogar in Bayern haben 30 Gemeiden Informationsfreiheits-Satzungen verabschiedet. Das geschah auch in Göttingen.
Wann wird Niedersachsen endlich ein Informationsfreiheitsgesetz bekommen? Wird der Landtag die Initiative ergreifen?
Mit freundlichen Grüssen,
Walter Keim
Sehr geehrter Herr Keim,
vielen Dank für Ihre Anfrage zu einem Informationsfreiheitgesetz für Niedersachsen. Sie betrachten den Zugang zu Daten und Informationen der Verwaltung als Menschenrecht und setzen sich für ein eigenes niedersächsisches Informationsfreiheitsgesetz ein.
Mehrfach wurde bereits gefordert, für Niedersachsen ein Informationsfreiheitsgesetz wie auf Bundesebene oder anderen Bundesländern zu schaffen. Ich teile Ihre Auffassung, dass Informationen für den Bestand und die Funktionsfähigkeit der demokratischen Gemeinschaft und zur Wahrung unserer Demokratie notwendig sind. Dennoch haben wir bereits nach geltendem Recht durch vielfältige Auskunfts-, Akteneinsichts- und Beteiligungsrechte sowie durch Veröffentlichungspflichten ausreichende Transparenz und Informationsmöglichkeiten gewährleistet.
Bereits heute erhalten Bürger von der jeweiligen Verwaltung zu ihren oder ggf. auch allgemeinen Anliegen Auskunft. Die Behörden unterrichten die Öffentlichkeit bereits heute über ihre Aufgaben und stellen eine Vielzahl von Informationen zur Verfügung. Dies erfolgt über Broschüren oder im Internet. So werden beispielsweise Umweltinformationen gemäß den Vorgaben des Umweltinformationsgesetzes des Bundes schon heute umgesetzt und ein Umweltzustandsbericht erstellt, der sodann der Öffentlichkeit bekannt gemacht wird. Zur Vorbeugung und auch der Bekämpfung von Korruption existieren für unsere Landesverwaltung bereits heute konkrete und wirksame Regelungen mit Kontroll- und Veröffentlichungsvorgaben. Solche Kontroll- und Veröffentlichungsvorgaben erachte ich für wirksamer als die Möglichkeit einer Nachfrage aufgrund eines Anspruchs nach einem potentiellen Informationsfreiheitsgesetz. Ein weitergehender Gewinn ist meines Erachtens durch ein gesondertes Informationsfreiheitsgesetz nicht gegeben. Wir sollten vielmehr Bürokratieabbau betreiben, als die Verwaltung in Land und Kommunen mit neuen Vorschriften zu überfrachten, die keinen weitergehenden Nutzen für die Bürger beinhalten.
Zudem bestehen auch im Falle eines eigenen Niedersächsischen Informationsfreiheitsgesetzes Einschränkung des allgemeinen Informationszugangs durch bundesrechtliche und spezielle landesgesetzliche Regelungen. Solche wären beispielsweise Geheimhaltungsvorschriften. Auch die Rechte Dritter, wie der Schutz personenbezogener Daten und von Geschäftsgeheimnissen sowie das Urheberrecht wären weiterhin zu beachten. Diese notwendigen Einschränkungen ständen einem uneingeschränkten Informationszugang weiterhin entgegen. Ein allgemeines Informationsrecht auch mit einem Informationsfreiheitsgesetz wäre demnach nicht schrankenlos.
Zu beachten ist, dass sowohl das Land Niedersachsen als auch die einzelnen Kommunen einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand mit entsprechenden Kosten hervorrufen würden. Dies wäre kein zwingendes Argument gegen ein Informationsfreiheitsgesetz. Doch unter dem Aspekt, dass ein solches Gesetz keinen Mehrwert besäße, muss man meines Erachtens die damit entstehenden Kosten im Blick behalten.
Auch die kommunalen Spitzenverbände haben meines Wissens diese Position bekräftigt und bestätigt, dass alle Auskunftsersuchen bereits nach geltender Rechtslage umfänglich erfüllt werden. Ein gesondertes Informationsfreiheitsgesetz erachte ich daher für nicht notwendig.
Mit freundlichen Grüßen
Björn Thümler