Frage an Björn Böhning von Enrico W. bezüglich Finanzen
Werter Hr. Böhning,
angesichts Iher Antwort an Hrn.Vollweiler möchte zum Thema Geldschöpfung/Geldordnung nochmals nachfassen:
Ihrer Antwort kann ich keinerlei Fundamentalkritik an der Geldordnung als solche vernehmen.
Halten Sie es - angesichts der aktuellen, wesentlich durch die Geldordnung produzierten, Weltwirtschaftskrise tatsächlich für korekt, daß der Staat Kredite iW. bei einer kleinen elitären Gruppe von Großbanken (Bietergruppe Bundesanleihen) aufnehmen muß, damit diese dann Giralgeld - bekanntermaßen KEIN gesetzliches Zahlungsmittel - aus dem Nichts heraus (durch bloßen Buchungssatz) schaffen und darüber hinaus mit den staatlichen Schuldscheinen als "Einlage" mehr als das zehnfache (!) des Betrages an neuen Giralgeldern schöpfen und das 25-fache (!) qua ZB-Kredit an echtem Geld erhalten können ?
Warum kann der Staat nicht das Geld (gesetzliches Zahlungsmittel) selbst schöpfen anstatt dies Institutionen zu überlassen, die _KEINERLEI_ demokratischer Kontrolle unterliegen und denen 25% EK-Rendite nicht genug sind ?
Die Abgabenordnung (§224) schreibt vor, daß Zahlungen unbar zu erfolgen haben. Da - außerhalb des Bankensystems - niemand Zugang zu unbarem gesetzlichen Zahlungsmittel hat, kann ohne Einverständnis des Empfängers eine rechtswirksame Zahlung nicht verwirklicht werden. Bei der bisherigen Praxis der Übertragung von Giro-Guthaben (ledeglich Zahlungsanspruch des Kunden gegenüber der Bank) kann der schuldbefreiende Annahmezwang nicht greifen, da diese kein gesetzliches Zahlungsmittel (§14 BBankG) sind. Die Finanzbehörden befinden sich damit in einem schwebend unrechtmäßigen Zustand
Was gedenken Sie dagegen zu unternehmen ?
MfG.
Sehr geehrte Herr Weigelt,
die Geldschöpfung durch die Geschäftsbanken muss durch eine Geldmengenpolitik der Notenbanken kontrolliert werden. Ein Grund für die jüngste Finanzkrise ist, dass die Geldmengenausweitung zu groß und unkontrolliert war und durch eine zu einseitige „Wachstumsgläubigkeit“ kompensiert wurde, was schließlich in zweifelhaften Leerverkäufen endete. Die globale Finanzkrise bietet in meinen Augen die Möglichkeit, einige vermeintliche Grundkostanten des nationalen und internationalen Finanz- und Wirtschaftssystems infrage zu stellen. In vielen Bereichen ist es Zeit für eine Wende – auch die Koordinaten unserer Geldschöpfung, die Ausgewogenheit und Kontrolle darüber sollten hierbei hinterfragt werden. Bei Ihrer konkreten Frage zur Abgabenordnung und dem Bundesbankgesetz möchte ich Sie an die Finanz- und Rechtsexperten der SPD-Bundestagsfraktion verweisen. Gerne erläutere ich Ihnen aber, was ich unter einer „Zeitenwende“ verstehe:
Es geht nicht mehr und nicht weniger als ein Mehr an sozialer Demokratie – in Deutschland, in Europa und international. Denn Demokratie und Beteiligung hört nicht in der Wirtschaft auf. Ein solcher Neustart der sozialen Marktwirtschaft setzt voraus, eine oft marktradikal verengte Sichtweise auf die Finanzwelt und die Wirtschaft zu überwinden. Dies ist nicht nur Aufgabe der Politik. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen mit Gewerkschaften und Arbeitgebern, mit Wissenschaft und Verbänden und natürlich auch interessierten Menschen wie Ihnen eine gesellschaftliche Debatte darüber führen, wie wir uns eine Soziale Marktwirtschaft des 21. Jahrhunderts vorstellen.
Mit freundlichen Grüßen
Björn Böhning