Frage an Björn Böhning von Sabine W. bezüglich Familie
Hallo!
Auf Deinen Plakaten legst Du ja großen Wert auf Kinderfreundlichkeit und Bildungsgerechtigkeit. Mich interessiert zu diesem Thema, ob Du, zur besseren Durchsetzung dieser Themen, auch vorhast, Dich für ein Wahlrecht ab der Geburt einzusetzen, und falls ja, in welcher Form.
viele Grüße
S.W.
Liebe Sabine,
ich finde es in der Tat wichtig, dass sich Kinder und Jugendliche an Entscheidungen beteiligen können, auch um ihre Interessen durchzusetzen. Allerdings halte ich ein Wahlalter ab 0 für wenig realistisch. Ich glaube nicht, dass ein Kind im Alter von einem, sechs oder auch elf Jahren die Programme politischer Parteien so gut verstehen kann, dass es sich hierzu eine eigene Meinung bilden könnte. Hier befürchte ich vielmehr, dass die Kinder von älteren Angehörigen für deren Abstimmungspräferenzen missbraucht werden könnten. Ich setze mich allerdings schon lange für die generelle Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre ein.
Weiterhin finde ich es sehr wichtig, die Beteiligungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche auszubauen. Kinder- und Jugendparlamente auf lokaler Ebene, wie es sie in einigen Berliner Bezirken schon gibt, sind sehr sinnvoll. Das brauchen wir in Friedrichshain-Kreuzberg auch! Auch sollten Kinder und Jugendliche an allen baulichen Maßnahmen die sie besonders betreffen, also Grün- und Spielflächen, beteiligt werden. Schon im Kindergarten-Alter können die Kleinen über Malen und Basteln sehr deutlich ausdrücken, welche Wünsche sie für einen Ort haben oder wo sie sich z.B. unsicher fühlen. Diese Verfahren sollten nicht nur sporadisch, sondern verpflichtend durchgeführt werden.
Herzliche Grüße
Dein
Björn Böhning
Sehr geehrte Frau Wagner,
ich will, dass Kinder, Jugendliche und Familien in unserer Gesellschaft eine stärkere Stimme bekommen. Die SPD hat in den vergangenen Jahren bereits zahlreiche Maßnahmen zur stärkeren Beteiligung und besseren Förderung von Kindern auf den Weg gebracht. Ich will diesen Weg weiter gehen. So setze ich mich zum Beispiel für die Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz ein, um dem Kindeswohl bei allen Entscheidungen der Eltern, der Verwaltung und der Gerichte ein stärkeres Gewicht zu geben.
Die Einführung eines Familienwahlrechts sehe ich jedoch nicht als ein geeignetes Instrument an. Dafür sind verfassungsrechtliche und praktische Probleme ausschlaggebend: Artikel 38 des Grundgesetzes schreibt gleiches Wahlrecht vor. Das widerspricht einem Familienwahlrecht, bei dem Eltern stellvertretend für ihre Kinder eine Stimme abgeben. Denn die Stimme eines Wählers mit Kindern würde mehr zählen als die eines Wählers ohne Kinder. Außerdem widerspricht die Vertretung politische Interessen von Kindern und Jugendlichen durch ihre Eltern dem Grundsatz der Höchstpersönlichkeit. Demnach ist das Stimmrecht eines Wahlberechtigten nicht übertragbar – auch nicht auf die eigenen Eltern. Das Wahlrecht setzt eine persönliche Entscheidung voraus. Das Familienwahlrecht macht es zu einer Gruppenentscheidung.
Praktisch stellt sich zudem die Frage, wie verfahren wird, wenn sich die Elternteile nicht einigen können, oder wie das Familienwahlrecht bei getrennt lebenden Eltern funktioniert. Und wie sieht es bei Jugendlichen aus, die sich schon eine eigene Meinung gebildet haben – dürfen Eltern dann noch wählen? Ich bin stattdessen dafür, dass die Jugendlichen selbst stärker an politischen Prozessen beteiligt werden, weil die besten Anwälte für ihre Interessen sind. Einer generellen Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre stehe ich im Übrigen positiv gegenüber.
Mit freundlichen Grüßen
Björn Böhning