Frage an Birgit Rydlewski von Gisela M. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Rydlewski,
ich würde gerne eine Frage zur Bildungspolitik stellen, aber leider sind Sie als "unsere" Abgeordnete seit Beginn der Wahlperiode vor allem dadurch aufgefallen, dass Sie Privates öffentlich gemacht und die Kritik daran wahlweise als verkappte gesellschaftliche Verlogenheit oder frauenfeindlichen Disziplinierungsversuch gewertet haben.
Dass Sie selbst einen Fehler gemacht haben könnten, geht bislang aus keiner Ihrer Stellungnahmen hervor. Ich erwarte als Dortmunderin, dass Sie für die Themen kämpfen, für die Sie gewählt worden sind, und nicht weiterhin glauben, der Gesellschaft über ihr Sexleben Auskunft geben zu müssen, weil das doch so transparent und menschlich ist. Was kommt als nächstes: Tweets von der Toilette? Weil auch Politiker aufs Klo müssen? Sollte es Ihnen nicht gelingen, in dieser Wahlperiode auch einmal mit positiven politischen Schlagzeilen Aufmerksamkeit zu erregen, sind Sie leider nicht mehr wählbar.
Mit freundlichen, aber enttäuschten Grüßen
G. Müseler
Sehr geehrte Frau Müseler,
vielen Dank für Ihre Mail. Leider stellen Sie die im ersten Satz in Aussicht gestellte Frage zur Bildungspolitik nicht.
Was den angeblichen "Skandal" angeht: Ich habe kein Interesse daran, mit derlei in den Medien zu erscheinen. Allerdings ist es so, dass gerade die Sensationspresse sowas offensichtlich gerne herausgreift, lieber zumindest als unsere Beschäftigung mit Themen.
Es würde mir ehrlich gestanden komisch vorkommen, wenn ich mein Twitterverhalten vor und nach der Wahl großartig geändert hätte. Ich sehe immer noch Filtersouveränität im Netz als eine sinnvolle Möglichkeit an, zu lesen, was man lesen möchte und den Rest zu blocken. Dies geht gerade bei Twitter recht simpel.
Bei dem Tweet, der als Auslöser genommen wurde, ging es um einen HIV-Test. Den halte ich für sinnvoll. Immer noch. Und ich halte auch das Reden darüber für sinnvoll und zwar nicht mit moralischem Zeigefinger von oben.
Ich vermute, dass die Ansichten darüber sehr unterschiedlich sind. Es gibt Menschen, die das gut finden und Menschen, die das verstört. Die Reaktionen waren entsprechend auch sehr unterschiedlich. Vielleicht ist es unüblich, dass Politiker auch ganz menschliche Probleme haben (und auch noch darüber reden). Auf der anderen Seite wünschen viele Bürger Politiker, die nicht mehr aalglatt und ohne private Aspekte sind. Ich weiß nicht, welchen Weg unsere Gesellschaft nehmen wird, aber ich hoffe immer noch, dass man die Veränderung leben kann, die man der Welt wünscht. Und die beinhaltet für mich, dass Menschen mit all ihren Facetten und Fehlern und Problemen akzeptiert werden.
Mit vielen Grüßen
Birgit Rydlewski