Frage an Bilkay Öney von Tugba A. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sevgili Öney ablacim...
Liebe Frau Öney...
Ich bin zur Zeit in der 13. Klasse und Abiturientin. Meine Eltern kommen
auch aus der Türkei und ich besuche ein Gymnasium im Wedding.Bei uns an
der Schule ist der Ausländeranteil sehr groß,und meiner Meinung nach sind
die meisten auch sehr gut integriert. Meisstens repräsentieren jedoch
leider die "ungebildeten" und die "nicht
integrierten" Ausländer uns in den Medien.Das macht mir sehr zu
schaffen,denn so kommen Vorurteile zu stande.Deshalb erfreut es mich,wenn
ich auch gute Beispiele sehe.
Ich denke Sie wissen,wie es in Ausländerreichen Bezirken vor sich hergeht
(weil Sie ja selber aus diesem Hintergrund stammen) und können deshalb
auch mit dem benötigtem Fingerspitzengefühl bestimmte Konfliktsituationen
lösen.
Vergessen sollte man jedoch nicht, das Integration nicht nur mit der
Sprache getan ist.Auch die Anpassung an das Land und ein gewisser
Nationalstolz sollte vorhanden sein.Denn schließlich leben wir alle in
diesem Land.Und ich fühle mich mehr deutsch als türkisch.
Leider gibt es aber auch Menschen die sich nicht integrieren wollen und da
gegen sollte man etwas machen. Wie meinen Sie könnte man da vorgehen?
Ich drücke Ihnen fest die Daumen und ich bin sehr Stolz auf Sie!
Liebe Tugba, sevgili kardesim,
danke für die freundlichen Worte.
Genau wie Du denke ich auch, dass wir sehr viele erfolgreiche MigrantInnen haben. Es wäre schön, wenn man diese "Beispiele gelungener Integration", diese Vorbilder auch in den Medien sehen könnte. Leider gibt es hin und wieder verzerrte Bilder in den Medien. Leider haben wir aber auch Menschen, die nicht so gut integriert sind. Das liegt daran, dass die Bundesrepublik lange Zeit eine sehr reaktive und defizitorientierte Integrationspolitik betrieben hat. Erst durch die rot-grüne Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder und Vizekanzler Joschka Fischer haben wir ein Zuwanderungsgesetz bekommen.
Das Zuwanderungsgesetz sieht Pflicht-Integrationskurse für Neuzugewanderte vor, d.h. dass die MigrantInnen an diesen Kursen (im Umfang von 630 Stunden) teilnehmen müssen. Sie haben also gar keine Wahl, denn wenn sie sich weigern, an diesen Kursen teilzunehmen, gibt es rechtliche Konsequenzen.
Wir Grüne möchten den Integrationsprozess für MigrantInnen so einfach wie möglich machen. Wir möchten sie einbinden, um mit ihnen eine vernünftige und realisierbare Integrationspolitik zu machen. Dazu möchten wir Partnerschaften mit Migrantenverbänden, Moscheenvereinen und Eltern eingehen. Wir denken, dass durch die Einbindung der MigrantInnen eine höhere Akzeptanz von Integrationspolitik erreicht werden kann. Wenn wir es schaffen, den Menschen den Sinn (und Unsinn) von Integrationspolitik zu verdeutlichen, dann mögen sie sich auch eher integrieren.
Du weißt auch, dass der Ton die Musik macht. Manche Parteien und Politiker vergreifen sich oft im Ton. Das hilft uns nicht weiter und führt nur dazu, dass sich die Menschen noch mehr zurück ziehen und eine "Abneigung gegen alles Deutsche" (auch deutsche Politik) entwickeln. Achte mal darauf: die meisten gut integrierten MigrantInnen haben gute Erfahrungen mit der Mehrheitsgesellschaft gemacht. Wir müssen dafür sorgen, dass diese guten Erfahrungen nicht Einzelfälle bleiben.
Politik kann und muss zu einem besseren Miteinander beitragen. Und das ist nicht nur Aufgabe der Grünen, sondern Aufgabe aller Parteien.
In der Hoffnung, dass Du das im Hinterkopf behältst, wenn Du am 17.09. wählen gehst.
Lieben Gruß
Bilkay Öney