Frage an Bettina Kudla von Claus F.
Sehr geehrte Frau Kudla,
ich warte mit Spannung auf Ihre Antwort in Bezug auf Ihre Zustimmung zum Genmais.
Nicht, dass die Auswirkungen auf die Umwelt von Seiten der Wissenschaft alles andere als geklärt ist (siehe meine vorherige Frage), stellt sich auch noch heraus, das die Schädlinge mehr und mehr Resistenzen entwickeln. Siehe hierzu den folgenden Spiegel-Artikel und die sich darin befindlichen Referenzen:
http://www.pnas.org/content/early/2014/03/12/1317179111
Wie tragen Sie Ihre Verantwortung gegenüber den langfristigen Folgen und der Irreversibilität der Auswirkungen Ihrer Entscheidung? Einmal verbreitet werden diese Pflanzen nie mehr aus der Natur entfernt werden können.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Professor Fütterer,
vielen Dank für Ihre Anfrage bei abgeordnetenwatch.de. Darin fragen Sie nach den Gründen meiner Ablehnung des Antrags "Anbau von Genmais in der EU verhindern" der Grünen-Fraktion.
In ihrem Antrag fordert die Grünen-Fraktion die Bundesregierung auf, die Zulassung der Genmaislinie 1507 für den Anbau in der EU im EU-Ministerrat abzulehnen.
Hierzu gilt zunächst Folgendes anzumerken:
Laut Geschäftsordnung der Bundesregierung muss sich die Bundesregierung im Rat immer dann enthalten, wenn eine Uneinigkeit zwischen verschiedenen Ressorts vorhanden ist. Das heißt, wenn im Vorfeld keine Einigung erreicht werden konnte. Genau dieser Fall war hier jedoch eingetreten: Das SPD-geführtes Umweltministerium und CSU-geführtes Landwirtschaftsministerium sprachen sich z.B. gegen den EU-Vorschlag aus. Bei der Abstimmung im Deutschen Bundestag haben sich die Abgeordneten der CDU/CSU- und SPD-Fraktion demnach an die Geschäftsordnung gehalten.
Weitere Informationen zur Maissorte 1507 und der Zulassung für den Anbau auf EU-Gebiet:
Der EU-Rat für Allgemeine Angelegenheiten hat am 11.02.2014 über die Zulassung der Maissorte 1507 für den Anbau auf dem Gebiet der EU beraten. Nachdem im Rat keine qualifizierte Mehrheit für oder gegen die Anbauzulassung zustande gekommen ist, hat nun die EU-Kommission über die Zulassung zu entschieden. Mais 1507 ist bereits seit 2005 als Futtermittel und seit 2006 als Lebensmittel in der EU zugelassen.
Mais 1507 ist eine mittels gentechnischer Methoden hergestellte Maissorte des US-amerikanischen Herstellers Pioneer Hi-Bred. Die Maissorte wurde dahingehend verändert, dass ihr ein aus dem Bodenbakterium Bacillus thuringiensis (Bt) stammendes Gen eingefügt wurde. Hierdurch produziert die Maispflanze ein sogenanntes Bt-Toxin, so dass sie gegen bestimmte Schädlinge resistent ist. Außerdem enthält die Maissorte ein Markergen, das sie gegen das Unkrautvernichtungsmittel Glufosinat (Handelsname u. a. LibertyLink) tolerant macht. Glufosinat ist allerdings in der EU nicht zur Anwendung für den Maisanbau zugelassen.
Die europäischen Zulassungsregelungen sehen vor, dass die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) für die wissenschaftliche Bewertung der Sicherheit einer genetisch veränderten Pflanze zuständig ist. Die EFSA ist eine unabhängige europäische Behörde, die mit entsprechend qualifizierten Wissenschaftlern ausgestattet ist. Ein vergleichbares Verfahren gibt es etwa bei der Risiko-/Nutzenbewertung eines Arzneimittels durch die Europäische Medizinagentur (EMA). Im Falle von Mais 1507 hat die EFSA seit 2001 insgesamt sechs befürwortende Stellungnahmen vorgelegt, zuletzt 2012. Schädliche Auswirkungen für Mensch und Umwelt seien nicht zu erwarten. Stellungnahmen der EFSA sind als maßgebliche wissenschaftliche Grundlage anzuerkennen.
Künftig wird es erforderlich sein, weltweit über 9 Milliarden Menschen ernähren zu müssen und gleichzeitig den Klimaveränderungen Rechnung zu tragen. Dazu sind neue, ertragreiche und angepasste Pflanzensorten wichtig. Die per se Ablehnung einer Technologie, die zur Bewältigung dieser Herausforderungen beitragen kann, ist ethisch relevant. Die Gentechnik kann daher nicht einfach mit der Erwägung abgelehnt werden, dass wir in Deutschland genug alternative Nahrungsmittel haben.
Die Chancen und Risiken einer Technologie sollten auf der Grundlage fundierter wissenschaftlicher Informationen abgewogen werden. Deshalb hat z.B. das BMBF bereits seit Ende der 1980er Jahre Forschungsprojekte zu Fragen der Biologischen Sicherheit gefördert, darunter auch 142 Projekte zur Sicherheitsbewertung gentechnisch veränderter Pflanzen. Die Projekte, so das Resümee der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, lieferten keine wissenschaftlichen Belege für schädliche Auswirkungen für Mensch und Umwelt.
Um den Wohlstand und damit auch unseren Sozialstaat in Europa zu erhalten, müssen wir uns für neue Zukunftstechnologien öffnen. Dies betrifft die Materialforschung ebenso wie die Biomedizin oder die Gentechnik. Ein Verzicht auf Anwendung wird nicht ohne Einfluss auf die Wissenschaft in Deutschland bleiben. Forschung und Anbau sind untrennbar miteinander verbunden. Es ist zu befürchten, dass sich immer mehr Akteure wegen eines gentechnikfeindlichen Klimas aus Deutschland und Europa zurückziehen. Es ist wichtig, dass in Deutschland die notwendige wissenschaftliche Expertise vorhanden bleibt. Deshalb ist auch weiterhin technologieoffene Forschung, unter Einbezug der Grünen Gentechnik, an Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen erforderlich.
Bei weiteren Anfragen, lieber Herr Professor Fütterer, können Sie sich auch in der bewährten Form direkt an mein Wahlkreisbüro wenden.
Bis dahin verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Ihre
Bettina Kudla MdB