Frage an Bettina Herlitzius von Jan-Erik H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Herlitzius,
Sie sind mit als „Nachrückerin“ Listenplatz 11, also einem sehr hohen in den Deutschen Bundestag eingezogen.
Bei der zur Wahl verwendeten Stimmzetteln finde ich aber nie so viele Kandidaten.
Deshalb hier meine Fragen:
1. Wie stehen Sie dazu, dass der Wähler, der zwar ihre Partei gewählt hat, , nun mit Kandidaten leben muss, die er vorher gar nicht alle kannte?
2. Sind Ihre Mitarbeiter die gleichen wie bei Ihrer Vorgängerin?
3. Wie gestaltet sich die parlamentarische Arbeit als "Nachrückerin"?
4. Ist es für Sie eher ein Vorteil oder Nachteil, als "Nachrückerin" in Deutschen Bundestag zu kommen?
5. Welche Ziele haben jetzt noch bis zum Ablauf der Wahlperiode sich gesetzt?
6. Welche Erfahrungen haben Sie bisher (positiv/ negativ) gemacht?
Vielen Dank
Herzliche Grüße
Jan-Erik Hansen
Sehr geehrter Herr Hansen,
Als mein Vorgänger Reinhard Loske in Bremen zum Senator für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa gewählt worden ist, bin ich im September 2007 in den Bundestag nachgerückt.
1.Richtig ist, dass die Stimmzettel bei der Wahl nicht sämtliche Kandidaten der Listenplätze einer Partei aufführen. Die Listenplätze werden bei den Grünen im Rahmen einer Landesdelegiertenkonferenz gewählt. So ist gewährleistet, dass sich alle Kandidaten, die zur Wahl antreten möchten, bereits einer parteiinternen Abstimmung stellen müssen. Bei allen Listenkandidaten ist es selbstverständlich, dass sie sich in den Dienst ihrer Partei und damit hinter die Grundsätze der Partei stellen und eine Politik im Sinne der Partei vertreten. Die jeweiligen Landeslisten werden rechtzeitig vor der Wahl veröffentlicht. So kann sich jeder Interessierte über die Kandidaten informieren.
2.Meine Mitarbeiter sind zum Teil die gleichen wie bei meinem Vorgänger, aber das handhabt jede/r Abgeordnete individuell. Da Nachrücker nicht unbedingt das Themenfeld ihres Vorgängers übernehmen, ist es stellenweise auch notwendig neues Personal einzustellen.
3.Die parlamentarische Arbeit einer Nachrückerin gestaltet sich wie die Arbeit jedes anderen Mitgliedes des Bundestags. Bereits nach einer kurzen Einarbeitungszeit ist der Kalender voller Termine, es gibt unendliche Arbeitsaufträge und parlamentarische Vorgänge. Da die Bundestagsfraktion der Grünen relativ klein ist (51 Abgeordnete) hat fast jedes Mitglied eine Sprecherfunktion und mehrere thematische Schwerpunkte. Wir können uns vor Arbeit kaum retten und der Berg an Ideen lässt den Schluss zu, dass wir niemals fertig werden.
4.Als Nachrückerin in den Bundestag zu kommen hat beides, Vor- und Nachteile. Einerseits ist es schwierig, sich als Neuling in den schon vorhandenen Strukturen und Arbeitsweisen der Fraktion, der Ausschüsse und des Plenums zurecht zu finden. Eine 100-Tageschonfrist, wie bei einer neuen Regierung, gibt es für Nachrücker nicht. Stattdessen stellt sich die Arbeit in vielen Punkten wie ein Sprung ins kalte Wasser dar. Andererseits kann man von den schon erfahrenen Kollegen und Mitarbeitern profitieren. Schade ist, dass ich nur die Hälfte der Zeit habe, meine Ideen und Vorschläge in der parlamentarischen Arbeit umzusetzen.
5.Bis zum Ende der Wahlperiode möchte ich noch verschiedene Positionspapiere in der Fraktion verabschieden und mehrere Anträge einbringen. Derzeit schreiben wir beispielsweise an einem neuen Papier zum grünen Wohnen und arbeiten an einer Nachhaltigkeitsstrategie für den Tourismus. Verschiedene Fachveranstaltungen unterstützen unsere Arbeit und helfen uns neue Ideen zu sammeln, Fachpositionen zu überprüfen und kritisch zu hinterfragen.
6.Berlin ist sehr weit fort von meinem Wahlkreis und es ist nicht ganz einfach das Leben an zwei Orten unter einen Hut zu bringen und dabei weiterhin ein offenes Ohr für die Belange meiner Wähler und Wählerinnen vor Ort zu behalten.
Ich hoffe, ich habe Ihre Fragen umfassend beantwortet. Für weitere Fragen können Sie sich gerne wieder an mich wenden.
Mit freundlichen Grüßen
Bettina Herlitzius