Frage an Bettina Herlitzius von Klaus S. bezüglich Finanzen
Die Grünen sprechen von einer zeitlich begrenzten Vermögensabgabe. Bezieht diese sich auf jede Vermögensart? Warum taucht diese Idee immer wieder auf, obwohl alle durch Vermögen generierte Umsätze zum positiven Einkommen gerechnet werden und bereits mit
Steuern belegt sind (Zinsabschlagsteuer 30%, Einkommenssteuer entsprechend Einkommen). Es handelt sich bei diesem Ansinnen um eine Irreführung und man kann so etwas nur als Soli für irgendetwas machen- dann aber nach Leistungsfähigkeit über Einkommen und nicht aus fiktiv ermittelten Vermögenswerten, denen keine entprechenden Einnahmen gegenüberstehen. Was denkt man in Ihrer Partei?
Sehr geehrter Herr Schleicher,
herzlichen Dank für Ihre Frage zum Thema "Vermögensabgabe".
Wir setzen uns für eine einmalige Vermögensabgabe nach Art. 106 des Grundgesetzes (GG) ein. Die Grüne Vermögensabgabe ist im Gegensatz zu anderen Steuern zweckgebunden für die Bewältigung der Krisenlasten. Sie wird für die folgenden Kosten der Finanzkrise erhoben:
- möglichen Verlusten des Finanzmarktsstabilisierungsfonds SoFFin, über den die Bankenrettung erfolgt;
- möglichen Verlusten des Deutschlandfonds, mit dem wesentliche Maßnahmen der Unternehmensrettung umgesetzt werden;
- dem Investitions- und Tilgungsfonds, der wesentliche Teile der Konjunkturprogramme enthält und sinnvollerweise genutzt wird, um auch die Beiträge Deutschlands zu internationalen Aktivitäten zur Krisenbekämpfung zu finanzieren.
Die Einnahmen fließen vollständig in einen "Lastenausgleichsfonds", der ausschließlich der Finanzierung von Ausgaben zur Bewältigung der Krisenlasten dient. Unser Vorbild ist das Lastenausgleichsgesetz von 1952, mit dem Kriegsfolgelasten finanziert wurden. Vermögenseigentümer mussten 50% ihres zu einem Stichtag nach Abzug eines Freibetrags festgesetzten Vermögens an den Staat abgeben. Die Zahlungen wurden über 30 Jahre gestreckt. Wir Grüne haben schon für die Kosten der deutschen Einheit eine solche Vermögensabgabe gefordert. Die damals entstandene Verschuldung, die noch immer die Handlungsfähigkeit der öffentlichen Haushalte einschränkt, hätte vermieden werden können, wäre man schon damals unserem Modell gefolgt. Für die Kosten der Finanzkrise heißt es nun aus diesen Fehlern zu lernen.
Nach Art. 105 Abs. 2 GG in Verbindung mit 106 Abs. 1 Nr. 5 GG besitzt der Bund die Gesetzgebungskompetenz für einmalige Vermögensabgaben. Dem Bund stehen zudem die Erträge der Erhebung zu. Dies macht Sinn, da der Bund auch den ganz überwiegenden Teil der Lasten aus der Finanzkrise trägt. Eine Umsetzung der grünen Vermögensabgabe hängt daher auch nicht von einer Zustimmung des Bundesrates ab.
Mit der Vermögensabgabe wollen wir nur die großen Vermögen zur Finanzierung der Kosten der Krise heranziehen. Gering- und Normalverdiener haben vom vergangenen Aufschwung kaum profitiert. Während es an den Finanzmärkten zu exorbitanten Wertsteigerungen kam, und die Vermögenseinkommen mit bis zu zweistelligen jährlichen Zuwachsraten wuchsen, kam es auf der anderen Seite nur zu geringen Lohnsteigerungen. Klein- und Normalverdiener sind es auch, die in der Krise, am stärksten von einem Verlust ihres Arbeitsplatzes bedroht sind.
Um "Normalvermögen" einer Familie wie z.B. das Einfamilienhaus zu verschonen und nur die wirklich starken Schultern zu belasten, soll daher ein vergleichsweise hoher Freibetrag von einer Million Euro gelten. Zum Ansatz kommt das Nettovermögen, d.h. abzüglich eventuell vorhandener Schulden. Die Vermögensabgabe betrifft natürliche Personen mit Wohnsitz im Inland.
Unternehmen sollen der Abgabe nicht direkt unterliegen, sondern Unternehmensanteile bei ihren Eigentümern zum Ansatz kommen. Die Vermögensabgabe orientiert sich vollständig an der persönlichen Leistungsfähigkeit.
Für Betriebsvermögen soll aber ein höherer Freibetrag zur Geltung kommen, um kleine Unternehmer und Selbständige gerade in der Krise nicht zusätzlich zu belasten. Nach den Daten des Sozioökonomischen Panel des deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung betrug das private Nettovermögen im Jahr 2007 etwa 6,6 Billionen Euro. Dieses Vermögen ist im Zuge der Finanzkrise zwar gesunken, jedoch fällt der Wertverlust, nach Schätzungen der Bundesbank für das Jahr 2008, mit 140 Milliarden Euro vergleichsweise moderat aus. Im Jahr 2007 lebten in Deutschland 800.000 Personen mit einem Vermögen von mehr als einer Million Euro, die etwa 23% des gesamten Nettovermögens besitzen. Die Vermögensmillionäre besitzen demnach ein Gesamtvermögen von ca. 1,5 Billionen Euro und verfügen damit über ausreichend finanzielle Mittel um einen gerechten Beitrag zum Lastenausgleich zu leisten. Das bedeutet auch: 99% der Bevölkerung sind aufgrund der von uns vorgesehenen Freibeträge von der Abgabe überhaupt nicht betroffen.
Die Vermögensabgabe wird zu einem Stichtag einmalig erhoben, ihre Zahlung wird jedoch zeitlich gestreckt. Die zeitliche Streckung soll so vorgenommen werden, dass die jährlichen Zahlungen in der Regel aus den Vermögenserträgen erfolgen können und somit die Substanz des Vermögens unangetastet bleibt. Damit werden vor allem mittelständische Betriebe, vor einer Verschärfung ihrer krisenbedingten Liquiditätsprobleme durch die Vermögensabgabe, geschützt. Um dieses Ziel zu erreichen halten wir eine Streckung über zehn Jahre für sinnvoll.
Mit freundlichen Grüßen
Bettina Herlitzius