Frage an Bertil Wewer von Sebastian H. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Wewer,
Ihre Spitzenkandidatin Künast gibt sich in den Zeitungen wirtschaftsnah und kämpferisch für neue Arbeitsplätze. Die grüne Fraktion im Berliner Landtag hat aber in den letzten 10 Jahren nur vier Bebauungsplänen zugestimmt. Frau Künast wünscht sich den neuen Großflughafen Berlin-Brandenburg als Regionalflughafen und gefährdet die Wirtschaftlichkeit des Flughafens durch ein Verbot von Flügen in den Randzeiten (22-24 und 5-6 Uhr). Die Grünen sind gegen Media-Spree. Alles Vorhaben, die Investitionen in die Stadt bringen und Arbeitsplätze für Berliner schaffen. Wie passt die grüne Investitionsfeindlichkeit mit der zur Schau getragenen Wirtschaftskompetenz anhand meiner Beispiele zusammen?
Sehr geehrter Herr Holter,
bitte sehen Sie es mir nach, dass ich nicht jede Frage, die nicht unmittelbar meinen eigenen Wahlkreis betrifft, nicht sofort beantworte. Hier aber nun die von Ihnen gewünschte Stellungnahme:
Mit der Forderung nach einem Nachtflugverbot stellen wir nicht die Wirtschaftlichkeit des Flughafens in Frage. Eine Weltstadt wie Berlin benötigt einen leistungsstarken Flughafen BBI Willy Brandt mit interkontinentalen Verbindungen. Auf kurzen Strecken hat die Bahn für uns jedoch Vorrang vor klimaschädlichem Flugverkehr. Vor allem die Billigflieger, die viele Kurzstrecken bedienen, wollen mit den Tagesrandzeiten eine möglichst hohe Umschlagzahl erreichen.
Andere Flughäfen zeigen, dass ein striktes Nachtflugverbot einen wirtschaftlichen Betrieb nicht verhindert: Am Flughafen Tegel gilt ein Nachtflugverbot von 23-6Uhr. Trotz des Nachtflugverbots ist Tegel gewachsen. Auch international gibt es Flughäfen mit strengen Nachtflugverboten, die eine Drehkreuzfunktion haben. So herrscht beispielsweise am Flughafen Zürich eine strenge Nachtflugsperre. Außerdem bringt nicht nur der Flugbetrieb Einnahmen für den Flughafen: 50% der Einnahmen sollen durch den Bereich Non Aviation erreicht werden. Zu diesem immer bedeutender werdenden Bereich zählen unter anderem Gastronomie und Einzelhandel und die Vermietung von Immobilien und Parkräumen.
Die Ablehnung der der Mehrheit der vom Rot-roten Senat beschlossenen Bebauungspläne sind nicht auf eine Investitionsfeindlichkeit der Grünen, sondern vielmehr auf eine verfehlte Stadtentwicklungspolitik der Regierungsfraktionen zurückzuführen. Wir haben die Bebauungspläne nicht abgelehnt, da wir gegen jegliche Neubebauung sind, sondern weil wir Anlass für tiefgreifende Kritik an den Senatsplänen hatten. Die vergangenen fünf Jahre waren verlorene Zeit für Berlins Stadtentwicklung. Berlins Städtebau war in den letzten Jahren sehr defensiv und zu oft einseitige Dienstleistung für Investoren, ohne auf die Qualität der Architektur und die Auswirkungen auf die umliegenden gesamte Gewerbe- und Hotelentwicklung zu achten. An zu vielen Orten werden gleichzeitig Einkaufszentren, Büros und Hotels geplant und genehmigt, die sich gegenseitig das Wasser abgraben und die bestehende Unternehmensvielfalt schwächen.
Wir Grünen haben Mediaspree niemals abgelehnt, sondern uns nur für die möglichst weitgehende Umsetzung des erfolgreichen Bürgerentscheids und des darin geforderten Grünstreifens eingesetzt. Dies schließt die Ansiedlung von Unternehmen keineswegs aus. Für das bedeutende Stadtquartier Mediaspree und das Anschutzgelände sollte eine aktualisierte Gesamtplanung erarbeitet werden, die vermehrt Wohnungsbau integriert und die Dichte auf ein klima- und stadtverträgliches Maß reduziert. Die Grünstreifen beiderseits der Spree sollen möglichst breit werden als Klimaschneise und Erholungsraum. Nur so kann das Mediaspreegelände zu einem lebendigen Stadtviertel werden.
Zudem wollen wir durch die Förderung von grünen Technologien 100.000 neue Arbeitsplätze in Berlin schaffen. Wir stehen am Anfang der dritten - der grünen - industriellen Revolution und nie waren die Chancen größer als heute, dass Berlin von dem enormen Wachstum der Umweltbranchen profitiert. Dafür wollen wir Grünen die Ressourcen und Potentiale Berlins miteinander verknüpfen und für das neue Wirtschaften nutzbar machen.
Mit den besten Grüßen aus Nord-Britz, Hufeisen und Köllnischer Heide - und bitte gehen Sie wählen!
Bertil Wewer