Frage an Bertil Wewer von Richard G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Wewer,
Ihre Spitzenkandidatin Künast hat erklärt, nur als Bürgermeisterin in der Berliner Landespolitik zu bleiben und hält sich dafür alle Optionen offen. Für sie kommt also auch eine grün-schwarze Regierung infrage. Ihre Neuköllner Parteifreundin Anja Kofbinger erklärte, dass sie "für dieses Modell nicht zur Verfügung" steht ( http://www.taz.de/Gruener-Spaltpilz/!76860/ ). Auch wenn Frau Kofbinger im Nachhinein beteuert, von der taz falsch wiedergegeben worden zu sein, ändert es nichts an ihrer Einstellung. Wie stehen Sie persönlich zu Grün-Schwarz? Würden Sie einen Nein-Beschluss Ihrer Neuköllner Grünen-Basis ignorieren? Oder würden Sie sich an die Seite von Frau Kofbinger stellen und einen grün-schwarzen Haushalt ablehnen, was de facto einen Bruch von Grün-Schwarz zur Folge hätte?
Ich danke Ihnen bereits im Voraus für die Beantwortung meiner Frage.
Mit freundlichem Gruß
Richard Goebelt
Sehr geehrter Herr Goebelt,
vielen Dank für Ihre interessante Frage. Es ist richtig, dass Renate Künast erklärt hat, dass Sie entweder zur Regierenden Bürgermeisterin gewählt wird oder weiterhin als Vorsitzende der Bundestagsfraktion zur Durchsetzung von grüner Politik zur Verfügung steht. Ich persönlich kann diese Entscheidung nachvollziehen, obwohl Renate Künast selbstverständlich - wie auch immer - eine wunderbare Bereicherung für die Berliner Landespolitik wäre.
Nach Lektüre des Landeswahlprogramms der SPD stelle ich die größte inhaltliche Schnittmenge zwischen Bündnis 90 / Die Grünen und den Sozialdemokraten fest, mit wenigen Ausnahmen wie die A 100, wo die Basis der Genossen durchaus anderer Meinung ist als die Funktionsriege. Bei meinen Gesprächen mit den Menschen auf der Straße stelle ich fest, dass die Wählerinnen und Wähler künftig eine wie immer geartete Farbkombination aus Grün und Rot für unsere Stadt wünschen. Dafür werden wir in den nächsten Wochen kämpfen und je stärker wir Grüne werden, desto mehr unserer Inhalte werden wir durchsetzen können.
Etwas anderes sind Farbspiele, die vor allem durch die Presse gerne transportiert werden. Selbst wenn es für eine rechnerische Mehrheit von Grün und CDU reichen würde, stelle ich mir mögliche Koalitionsverhandlungen äußerst schwierig vor. Egal, ob Anja Kofbinger in der taz richtig zitiert wurde oder nicht, so geben ihre Aussagen zu Grün/Schwarz zunächst ihre eigene, ganz persönliche Meinung wieder. Bei Bündnis 90 / Die Grünen ist es dreißigjährige Tradition, dass so wichtige Entscheidungen wie eine Regierungsbildung anhand des ausgehandelten Koalitionsvertrages durch eine Mitgliederversammlung entschieden werden. Ich gehe davon aus, dass sich Anja Kofbinger, unsere Direktkandidatin für den Wahlkreis 1 in Neukölln, dann auch an das Votum der Mehrheit halten wird. Und wie ich Anja seit vielen Jahren kenne, wird sie auf der Mitgliederversammlung leidenschaftlich für ihre Vorstellungen eintreten. Das unterscheidet uns Grüne halt von den anderen Parteien: Bei uns werden unterschiedliche Positionen öffentlich ausdiskutiert, statt von oben nach unten zu den kleinen Parteisoldaten und Soldatinnen durchzustellen. Und ich finde, eine solche wichtige Frage wie die Bildung unserer künftigen Landesregierung gehört durchaus in einer breiten Öffentlichkeit diskutiert. Ist das nicht auch Teil von Bürger_innenbeteiligung?
Mit den besten Grüßen aus Nord-Britz, Hufeisen und Köllnischer Heide! -
Und bitte gehen Sie wählen!
Bertil Wewer