Frage an Bernd Siebert von Fritz S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Siebert,
Ich lese auf Spiegelonline ( http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,493451,00.html ), dass höchstwahrscheinlich alle Atomwaffen aus dem US-Stützpunkt Rammstein abgezogen wurden. Ferner, dass weiterhin 20 weitere Atomwaffen in Büchel lagern und das dort deutsche "Kampfpiloten bis heute den Abwurf der US-Bomben, den sie auf Befehl der USA ausführen müssten", trainieren.
Ich wende mich an Sie als verteidigungspolitischen Sprecher Ihrer Fraktion und Mitglied im Verteidigungsausschuss. Ich kann es nämlich kaum glauben, dass deutsche Soldaten trainieren US-Atomwaffen abzuwerfen und dass im Falle eines Falle deutsche Soldat dies auf Befehl der USA tun würden.
Bitte klären Sie mich doch auf! Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Schön,
vielen Dank für Ihre Mail vom 9. Juli 2007, 22.51 Uhr, bezüglich der Lagerung nuklearer Waffen auf deutschem Boden.
Deutschland hat sich als Mitglied der NATO zur Nuklearen Teilhabe verpflichtet. Ungeachtet der Tatsache, dass Deutschland frühzeitig auf Produktion, Herstellung und Einsatz nuklearer Waffen verzichtet hat, sichert sich unser Land damit eine Mitsprache bei der Planung des Einsatzes und beim Einsatz von nuklearen Einsatzmitteln durch die NATO. Diese Mitsprache war insbesondere zu Zeiten des Kalten Krieges bedeutsam, da Deutschland damals an der Nahtstelle zwischen den beiden militärischen Blocksystemen NATO und WP lag und der Einsatz nuklearer Systeme mit hoher Wahrscheinlichkeit unser Land unmittelbar betroffen hätte.
Im Rahmen der Nuklearen Teilhabe kann Deutschland seine nationalen Interessen gewährleisten, was ohne die Teilhabe nicht oder nur äußerst schwierig möglich wäre. Die Staaten verpflichten sich im Gegenzug dazu, geeignete Flugzeuge bereithalten, die ggf. Nuklearwaffen tragen können, die Einsatzverfahren mit ihren Besatzungen einzuüben und ggf. auf ihrem Territorium nukleare Waffen zu lagern. Derzeit stellt von den drei Nuklearmächten der NATO nur die USA Waffen für die nukleare Teilhabe zur Verfügung. Die im Rahmen der nuklearen Teilhabe in den nichtnuklearen Staaten gelagerten Waffen sind im Frieden stets von amerikanischen Soldaten bewacht.
Einseitige Aufkündigungen von Vereinbarungen sind in einer auf Konsens und Solidarität angelegten NATO nicht möglich. Veränderungen der Politik bedürfen eines langwierigen Konsultations- und Abstimmungsprozesses und letztlich einer einvernehmlichen Regelung im NATO-Rat. Der jetzt erreichte Zustand ist das Ergebnis erfolgreicher Verhandlungen, was ein Blick auf die Historie zeigt. Seit 1955 lagern US-Nuklearwaffen in Deutschland, in der Hochzeit des Kalten Krieges waren es bis zu 7.300 in Europa. Nach Ende des Kalten Krieges wurden Tausende taktischer Atomwaffen abgezogen und die Zahl der in Europa gelagerten US-Nuklearwaffen sank bis 1992 auf ca. 700. Ende 2000 autorisierte US-Präsident Clinton noch die Stationierung von 480 Nuklearwaffen in Europa, 170 davon in Deutschland (150 in Ramstein, 20 in Büchel). Mit dem Abzug der in Ramstein gelagerten Waffen reduziert sich der Bestand auf den Flugplatz Büchel. Wir sind zuversichtlich, auch zu Büchel alsbald eine Lösung im NATO-Rahmen zu finden.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen gedient zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Siebert MdB