Frage an Bernd Sibler von Guido L. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Sibler MdL,
haben Sie vielen Dank für Ihre erneute Antwort ( https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/bernd-sibler/question/2019-06-27/318470 ).
Ihrer Antwort vom 28.06.19 entnehme ich, dass Sie bei Ihrer Behauptung, es gäbe weltweit noch keinen geeigneten Kernbrennstoff mit einem Anreicherungsgrad von Uran U 235 von unter 50% für den Garchinger Forschungsreaktor FRM 2, bleiben.
Die endgültige Betriebsgenehmigung (3. Teilgenehmigung) für den FRM 2 erfolgte seitens des BayStMUV jedoch unter der Auflage, dass bis Ende 2010 neue Brennelemente mit einem Anreicherungsgrad von unter 50% zu entwickeln und verwenden seien (siehe https://www.mlz-garching.de/files/20140328_festschrift_komplett_online_.pdf (Seite 19)). Diese Fristsetzung des BayStMUV wurde bekanntlich nicht eingehalten und nochmals bis zum 31.12.2018 verlängert. Mittlerweile haben wir Mitte 2019 und der FRM 2 arbeitet immer noch mit Brennelemten mit einem Anreicherungsgrad von 93% U 235 (falls neue Brennelemente überhaupt aus Frankreich nach Garching geliefert werden).
Meine Fragen:
- Wie erklären Sie, dass die Betriebsgenehmigung für den FRM 2 ab dem 01.01.2019 nicht erloschen ist (zum Vergleich: Wenn man bei einem Auto den Termin für die HU gem. § 29 StVO um mehr als 2 Monate überschreitet, bekommt man ein sattes Bußgeld und bei mehr als 6 Monaten Fristüberschreitung droht die zwangsweise Stilllegung des KFZs)?
- Gelten für die TUM (Betreiber des FRM 2) andere Gesetze als für den normalsterblichen Bürger in Bayern?
- Wissen Sie, ob das BayStMUV (atomrechtliche Aufsichtsbehörde) wenigstens Druck auf die TUM und auf den Hersteller der Brennelemente in Frankreich ausübt, damit die Nebenauflage aus der 3. Teilgenehmigung (vom 02.05.2003), nämlich die Senkung des Anreicherungsgrades von U 235 auf unter 50% (bis 31.12.2010 (!)), endlich erfüllt wird?
In gespannter Erwartung Ihrer erneuten Antwort verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen aus Eching (Lkr. Freising)
Dipl.-Ing. (FH) G. L.
Sehr geehrter Herr Langenstück,
In Abstimmung mit dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) als Aufsichtsbehörde kann ich Ihnen zur Ihrer erneuten Anfrage gerne Folgendes mitteilen: Die wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse der vergangenen Jahre, die in intensiven internationalen Forschungsarbeiten gewonnen wurden, haben gezeigt, dass die Auflage in der Betriebsgenehmigung, mit der die Technische Universität München zu einer Umrüstung des Reaktors zum 31.12.2010 verpflichtet werden sollte, von vornherein auf eine anfänglich und objektiv unmögliche Leistung gerichtet war, die zu dem festgelegten Zeitpunkt aus tatsächlichen Gründen weltweit niemand ausführen konnte. Unter Berücksichtigung von Art. 44 Abs.2 Nr. 4 BayVwVfG geht die Staatsregierung davon aus, dass die Auflage in der Betriebsgenehmigung – auch für den später zwischen Bund und Land vereinbarten Umrüstungszeitpunkt 31.12.2018 – keine Rechtswirkung mehr entfaltet. Die Gültigkeit der Betriebsgenehmigung wird dadurch nicht berührt. Selbstverständlich aber bleibt der politische Auftrag und Wille der Staatsregierung, die Umrüstung so rasch wie möglich voranzutreiben. An der Herstellung und Qualifizierung eines hierfür geeigneten Brennstoffs wird an der TUM in Zusammenarbeit mit ihren europäischen und internationalen Partnern seit Jahren intensiv geforscht.
Ihr Bernd Sibler