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Bernd Sibler
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Frage von Irmgard K. •

Frage an Bernd Sibler von Irmgard K. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Sibler,

ich bin Mutter dreier Kinder, wovon ein Kind besonderen Förderbedarf hat. Dies wird im Moment über eine Schulbegleitung (Montessorischule) abgedeckt. Allerdings ist diese Situation unbefriedigend. Schulbegleitungen sind kein qualifiziertes Personal, sie können die Anforderungen an Inklusion an der Schule nicht stemmen. Bei meinem Kind handelt es sich um eine Einzelintegration, sie ist also allein auf weiter Flur in einer Schar "normaler" Kinder. Durch die Schulbegleitung wird diese Situation noch verstärkt. Förderschulen lösen das Problem nicht, da meine Tochter 1. in keine dieser Schulen mit bestimmten Profil passt, hier weiter ausgesiebt wird und auch keine annähernd geeignete Förderschule ohne Internataufenthalt besucht werden kann, da zu weit weg. Kinder können halt nicht nur nach einem Merkmal beurteilt werden.
Ich wünsche mir eine andere Form der Unterstützung, die nicht unbedingt teurer wäre, aber eine andere Zuständigkeit bedeuten würde. Ich möchte hier auf die Resolution des Bezirkstages von 2014 zum Thema Inklusion verweisen.
https://www.bezirk-oberbayern.de/output/download.php?file=%2Fmedia%2Fcustom%2F2378_1020_1.PDF&fn=Resolution_Schulbegleitung_Bezirketag
Ich wünsche mir, dass jeder! Schule ermöglicht wird, wirkliche Inklusionsklassen zu bilden, mit einem Verhältnis von ca. 3:1 "Regelkinder:Inklusionskinder", und diese Klassen durch ausreichend fachlich ausgebildete pädagogische Kräfte in Vollzeit unterstützt werden. Der Bedarf ist eindeutig gegeben. Im Moment benötigt jeder dieser "Inklusionskinder" jedoch eine Schulbegleitung, was auch sehr teuer kommt.
Dann würde sich meine Tochter wirklich wohler fühlen, und sich nicht als "besonders" wahrnehmen. Das ermöglicht erst wahre Inklusion. Der Freistaat Bayern hat sich dazu verpflichtet. Sie sind in der Verantwortung.
Meine Frage: Wie setzen Sie sich dafür ein?

Mit besten Grüßen
I. K.

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Schulbegleitung ist eine sozialrechtliche Unterstützungsmaßnahme der Eingliederungshilfe nach den §§ 53,54 des Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) in Verbindung mit der Eingliederungshilfeverordnung für Kinder- und Jugendliche mit einer geistigen oder körperlichen Behinderung (einschließlich Sinnesschädigung) bei Vorliegen eines entsprechenden Hilfebedarfs. Für Schülerinnen und Schüler mit einer seelischen Behinderung und einem entsprechenden Hilfebedarf wird Schulbegleitung nach § 35 a Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) gewährt. Das Thema Schulbegleitung war Gegenstand intensiver Diskussionen im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes (BTHG). Die sozialrechtliche Unterstützung durch die Eingliederungshilfe wurde im BTHG ausdrücklich bestätigt und in dem ab 01.01.2020 geltenden § 112 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) als „Leistungen für Teilhabe an Bildung“ verankert. Es geht um Ansprüche der Kinder, die einen individuellen zusätzlichen Hilfebedarf haben.

Der dargestellte Lösungsansatz in Form von „Inklusionsklassen“, mit einem Verhältnis von „ca. 3:1 ’Regelkinder:Inklusionskinder‘“ entspricht nicht dem von Bayern verfolgten Weg. Solche Klassen mit einer Gruppe von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf würde bedingen, dass diese Schülerinnen und Schüler in der Regel nicht mehr ihre wohnortnahe (Sprengel-) Schule besuchen können, sondern seitens der Schulbehörden einer solchen Schwerpunktklasse bzw. Schwerpunktschule zugewiesen werden müssten.
Dies entspricht nicht der Tradition in Bayern, die integrative bzw. inklusive Unterrichtung an der Schule vor Ort zu ermöglichen. Gerade die gemeinsame Unterrichtung mit Kindern und Jugendlichen aus der Nachbarschaft bzw. mit Geschwisterkindern ist die insoweit inklusivste Form der Teilhabe an Bildung in der örtlichen Gemeinschaft. Umgekehrt kann für die Inklusion einzelner Schülerinnen und Schüler vor Ort die sonderpädagogische Unterstützung nicht die gleiche wie in einer Klasse der Förderschule sein.

Im Vorfeld der Umsetzung von Art. 24 UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in Bayern wurde seitens des Kultusministeriums mit Betroffenen und Verbänden diskutiert, ob es bei der bisherigen Tradition der Einzelinklusion vor Ort bleiben solle, oder ob ein Schwerpunktschulensystem angestrebt wird. Die Rückmeldung fiel damals wie auch in der Folgezeit eindeutig zu Gunsten der Beibehaltung des Zugangs zur Schule vor Ort aus.

Eine interfraktionelle Arbeitsgruppe hat 2011 mit Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) die Einzelinklusion in Art. 30 b Abs. 2 BayEUG vorgesehen. Über die Einzelinklusion hinaus kennt das Bayerische Schulrecht aber auch gruppenbezogene Angebote, die mehr Unterstützung bieten, wie z.B. die Kooperationsklasse nach Art. 30a Abs. 7 Nr. 1 BayEUG. Dies ist eine gastschulfähige Klasse insbesondere an einer Grund- oder Mittelschule mit drei bis fünf Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf als Schüler der Regelschule. Ferner gibt es Klassen mit festem Lehrertandem an Schulen mit dem Profil Inklusion (Art. 30b Abs. 3 BayEUG) für Schülerinnen und Schüler mit sehr hohem sonderpädagogischem Förderbedarf, in der eine Lehrkraft der Regelschule und eine Lehrkraft für Sonderpädagogik gemeinsam unterrichten (Art. 30b Abs. 5 BayEUG). Schulen mit dem Profil Inklusion können eigenverantwortlich entscheiden, ob sie Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf ggf. eher auf einzelne Klassen aufteilen oder sie in einer Klasse zusammenfassen und dort gebündelt Ressourcen einsetzen. Im Partnerklassensystem nach Art. 30a Abs. 7 Nr. 2 BayEUG, d.h. bei einem Miteinander von einer Klasse der Regelschule und einer Klasse der Förderschule in Unterricht und Schulleben – entweder am Ort Regelschule oder am Ort Förderschule – sind im gemeinsamen Unterricht ebenfalls zwei Lehrkräfte anwesend.
Zusammengefasst verfolgt Bayern den Weg der Inklusion durch eine Vielfalt schulischer Angebote. Die Eltern haben dabei ein grundsätzliches Entscheidungsrecht zwischen allgemeiner Schule und Förderschule (Art. 41 Abs. 1 und 5 BayEUG).

Die Erfahrungen aus dem Förderschulbereich wie auch aus Schulen mit dem Profil Inklusion zeigen, dass auch bei zusätzlicher Ausstattung individuelle Hilfebedarfe bestehen können, die durch eine sozialrechtliche Schulbegleitung abgedeckt werden. Für die Inklusion an der allgemeinen Schule ist die Schulbegleitung als Leistung zur angemessenen Schulbildung bzw. zukünftig als Leistung zur Teilhabe an Bildung eine wichtige Unterstützung, um den Schulbesuch zu ermöglichen oder zu erleichtern (vgl. auch § 112 Abs. 1 Satz 3 SGB IX). Wichtig ist dabei, dass Schulbegleitung und Schule gut zusammenarbeiten.