Frage an Bernd Sibler von Guido L. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Staatsminister Sibler,
leider sehe ich bei Ihnen und Ihren CSU-Mitstreitern im bayer. Landtag (erneut) eine deutliche Diskrepanz zwischen Ankündigen und Handeln, die mich zu Fragen an Sie veranlasst:
Die bayer. Staatsregierung, der Sie angehören, propagiert vollmundig, dass Bayern "Bildungs- und Kulturland Nr. 1" sei: http://www.bayern.de/politik/politikthemen/unterricht-kultus/ . Sie erklären aktuell das sog. "Bildungspaket": https://www.youtube.com/watch?v=nsBSjAtwjJk&index=14&t=23s&list=PL8F9AC79F8B5E15E3
Bekanntlich fehlen an vielen bayerischen Schulen nach wie vor Lehrkräfte ( https://www.br.de/nachrichten/lehrermangel-fruehpensionierungen-grundschulen-mittelschulen-bayern-100.html , https://www.km.bayern.de/lehrer/lehrerausbildung/lehrerbedarfsprognose.html (insbesondere in den sog. MINT-Fächern: https://www.km.bayern.de/eltern/erziehung-und-bildung/mint.html )).
Ein Problem ist, dass in Bayern viele Lehrkräfte nur befristete Arbeitsverträge bekommen und dass es offensichtlich an Beamten-Planstellen mangelt. Aus diesem Grund hatten die FREIEN WÄHLER kürzlich einen Dringlichkeitsantrag eingebracht ( https://www.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP17/Drucksachen/Basisdrucksachen/0000014000/0000014426.pdf ), der von der gesamten CSU-Fraktion niedergeschmettert wurde: https://www.abgeordnetenwatch.de/bayern/abstimmungen/befristungsunwesen-fuer-lehrkraefte-beenden
Meine Fragen:
- Warum hat die CSU-Fraktion diesem (m.E sinnvollen) Antrag der FW nicht zugestimmt?
- Wieviele Lehrer sollen in Bayern zum kommenden Schuljahr insgesamt neu eingestellt und verbeamtet werden?
- Wie entgegnen Sie meiner Feststellung, dass zwischen Reden und Tun bei der CSU -zumindest beim Thema Bildung- ein großes Delta herrscht?
In der Hoffnung, dass sich Ihre Bildungspolitik zukünftig mehr durch ergebnisorientiertes Handeln und weniger durch die grundsätzliche Ablehnung von m.E. sinnvollen Anträgen der Opposition auszeichnet und Sie bald antworten, verbleibe ich
mfG
Sehr geehrter Herr Langenstück,
ich danke Ihnen herzlich für Ihre Fragen über abgeordnetenwatch, die ich gerne beantworte.
1. Warum hat die CSU-Fraktion diesem Antrag der FW nicht zugestimmt?
Erst ein halbes Jahr vor Stellung des Dringlichkeitsantrages der FW ist nahezu der wortgleiche Antrag im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes des Bayerischen Landtags intensiv diskutiert worden. Schon damals wurde seitens der CSU-Fraktion dargelegt, warum sich die von den FW skizzierte Lage so nicht richtig darstellt. Die FW sprechen in ihrem Antrag von einer „großen Zahl an befristeten Beschäftigungsverhältnissen“.
Dies ist nicht zutreffend: Der weit überwiegende Anteil der Lehrkräfte hier ist nicht befristet tätig. Insgesamt sind rund 95 % Prozent der mindestens überhälftig beschäftigten Lehrkräfte in Bayern verbeamtet oder unbefristet angestellt. In vielen anderen Bundesländern ist das anders: Dort werden Lehrkräfte überwiegend angestellt und nicht verbeamtet, wie etwa in Berlin oder Thüringen.
Im Antrag der FW wurde insbesondere die Situation an den Grund- und Mittelschulen angesprochen. Aufgrund des Schülerzuwachses in den vergangenen Jahren im Bereich der Grund- und Mittelschulen haben wir ergänzend zu den Lehrkräften, welche die Einstellungsvoraussetzungen erfüllen und eine unbefristete Anstellung erhielten, zudem ein Programm zur Zweitqualifikation eröffnet. Damit eröffnen wir Lehrkräften mit Ausbildung für andere Schulen, für welche es zu viele Lehrkräfte gibt, die Möglichkeit, nach erfolgreicher Qualifikation an Grund- und Mittelschulen zu unterrichten. Die Teilnehmer des Programms haben die Aussicht, unbefristet angestellt zu werden oder in das Beamtenverhältnis übernommen zu werden. Das Programm wird sehr gut angenommen, es hat 1.300 Teilnehmer. Für den explizit angesprochenen Bereich „Grund- und Mittelschulen“ kann ich Ihnen sagen: Zum Stichtag 01.10.2012 waren in diesem Bereich 988 Lehrkräfte befristet beschäftigt, zum 01.10.2017 1868. Zieht man die 1.300 Teilnehmer des angesprochenen Zweitqualifizierungsprogamms ab, ergibt sich eine Zahl von 568 Lehrkräften, die zu diesem Stichtag befristet beschäftigt waren. Die Zahl der Befristungen hat sich also deutlich verringert und ist im Vergleich zu mehr als 52.000 Lehrkräften im Bereich Grund- und Mittelschule sehr gering.
Natürlich sollte die Zahl der Befristungen immer so gering wie möglich gehalten werden. Allerdings ist auch klar: Manchmal sind sie unumgänglich. In vielen Fällen vertreten Lehrkräfte mit befristeten Arbeitsverträgen Lehrkräfte, die wegen Krankheit, Schwangerschaft oder Elternzeit ausfallen. Gerade im Realschulbereich gibt es viele junge Lehrkräfte, die eine Familie gründen. Mit den befristeten Kräften ermöglichen wir diesen, nach ihrer Auszeit für das Familienleben wieder in den Berufsalltag zurückzukehren.
2. Wie viele Lehrer sollen in Bayern zum kommenden Schuljahr insgesamt neu eingestellt und verbeamtet werden?
Im Moment ist das Staatsministerium für Unterricht und Kultus dabei, die bayernweite Entwicklung zu erfassen. Die Einstellungen orientieren sich an der Entwicklung der Schülerzahl (im Übrigen inklusive deutlicher regionaler Unterschiede), an den Ruhestandsabgängen, ebenso an Zuwanderungszahlen und dem Bedarf, der sich durch Maßnahmen wie der Inklusion sowie dem Ausbau von Ganztagsangeboten ergibt. Erst jetzt und in den kommenden Wochen werden viele Einflussfaktoren konkret, wie etwa Anträge auf Teilzeit oder Ruhestand. Entsprechend können wir den Bedarf an Neueinstellungen noch nicht eindeutig beziffern. In jedem Falle werden aber ausreichend Mittel und Stellen vorhanden sein, um den Bedarf an Lehrerinnen und Lehrern zu decken.
3. Wie entgegnen Sie meiner Feststellung, dass zwischen Reden und Tun bei der CSU -zumindest beim Thema Bildung- ein großes Delta herrscht?
Ein solches Delta kann ich nicht erkennen. In Bayern gibt es 1,6 Millionen Schülerinnen und Schüler, pro Woche halten Lehrkräfte 2,5 Millionen Unterrichtsstunden. Das ergibt ein Lehrer-Schüler-Verhältnis von 14 Schülern pro Lehrer. Dieses Verhältnis ist stabil und hat sich in den letzten Jahren verbessert.
Im Zuge des Flüchtlingszustroms haben wir 1.900 Stellen geschaffen. Wir haben schnell reagiert und konnten Lehrkräfte beispielsweise für die Übergangsklassen und Berufsintegrationsklassen einsetzen. Bundesweit war dies vorbildlich. Wir haben den Schulen zudem 10 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, damit sie Fachkräfte für die Sprachförderung oder Integrationsangebote einstellen können.
Mit dem Bildungspaket schaffen wir weitere zusätzliche 2.000 Stellen. Damit wollen wir u.a. die Inklusion vorantreiben, die Förderschulen, Realschulen und Grund- und Mittelschulen stärken, die „Zukunftsinitiative Berufliche Bildung“ sowie das Programm „Fit für die Zukunft: Fördern und Forschen“ ausbauen und die Schulleitungen und Schulverwaltungen stärken.
Darüber hinaus hat Herr Ministerpräsident Dr. Markus Söder in seiner Regierungserklärung weitere 2.000 Stellen für die kommenden Jahre angekündigt. Das bedeutet eine weitere Stärkung der Schulen und Unterrichtsversorgung in den nächsten Jahren.
Wie Sie sehen, leistet Bayern sehr viel, um der jungen Generation beste Startchancen zu bieten.
Für weitere Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Ihr
Bernd Sibler, MdL
Staatsminister im Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus