Frage an Bernd Sibler von Stefan F. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Sibler,
Aufgrund der Verabschiedung einer Verfahrensverordnung für Investorenschutzregeln durch das EU-Parlament, welche eine Voraussetzung für den Investorenschutz in geplanten Freihandelsabkommen ist, möchte ich Sie noch einmal klar um ein Statement bitten:
Wird die CSU, als Partner in der Bundesregierung, sich vehement darum bemühen, so wie Sie es in Ihrer letzten Antwort auf abgeordnetenwatch.de andeuten
- daß der Investorenschutz nicht durch Schiedsgerichte in geplanten Freihandelsabkommen erfüllt wird?
- sondern, dass die geltenden nationalen Rechtssysteme in den USA, Kanada, und EU/BRD als ausreichender Investorenschutz in den Freihandelsabkommen akzeptiert werden?
- und im Fall der Fälle also versuchen durch Bundestag-/Bundesratsentscheidungen die Ratifizierung von Freihandelsabkommen mit gesonderten Investorenschutz zu verhindern?
Vielen Dank für Ihre Antwort!
Stefan FIscher
Sehr geehrter Herr Fischer,
zunächst danke ich Ihnen herzlich für Ihre Anfrage zu diesem sehr umstrittenen Thema, auf die ich gerne eingehe.
Die Bayerische Staatsregierung teilt grundsätzlich die Meinung der Bundesregierung, dass mit einem hochentwickelten Rechtsstaat wie den USA mangels Erforderlichkeit kein gesondertes Investitionsschutzabkommen abgeschlossen oder Investitionsschutzregeln in das Freihandelsabkommen TTIP aufgenommen werden müssen.
Wir sind der Auffassung, dass sowohl für deutsche Investoren in den USA als auch für amerikanische Investoren in Deutschland über den Rechtsweg zu den nationalen Gerichten hinreichender Rechtsschutz besteht. Die deutschen Gerichte sind in der Lage, rasch, kompetent, effektiv und kostengünstig über Investor-Staat-Schiedsthemen zu befinden. Zudem sollen Investitionsschutzabkommen in erster Linie gegen Risiken wie Kriege, Umstürze, Revolten, Staatsbankrotte oder Willkür absichern, die in hochentwickelten Industrienationen unwahrscheinlich sind. Für ein Investitionsschutzabkommen mit den USA besteht daher aus Sicht Bayerns wie des Bundes kein Bedarf.
Im Verhältnis zu anderen Staaten, die kein vergleichbares Rechtsstaats- und Rechtsschutzniveau aufweisen, sind Investitionsschutzabkommen aber nach wie vor wichtig und für den Schutz deutscher Investoren im Ausland unverzichtbar, so dass ein Freihandelsabkommen mit Investitionsschutzklauseln nicht grundsätzlich abgelehnt werden sollte, auch nicht in TTIP.
Bayern begrüßt besonders auch die Einleitung eines öffentlichen Konsultationsverfahrens durch die EU-Kommission zu diesem hoch komplexen Thema anlässlich der TTIP. Die Bayerische Staatsregierung teilt die Einschätzung der Kommission, wonach das geltende Investitionsschutzrecht sowohl im materiell-rechtlichen Bereich als auch in Bezug auf die Ausgestaltung der Schiedsverfahren mit erheblichen Mängeln behaftet ist. Sie sieht die Konsultation als mögliches Mittel, die Grundlage für nennenswerte Verbesserungen im internationalen Investitionsschutzrecht und bei Investor-Staat-Schiedsverfahren zu schaffen. Der Ausgang des Konsultationsverfahrens bleibt daher abzuwarten.
Sollte trotz der Bemühungen des Bundes und der Bayerischen Staatsregierung ein Investitionsschutzkapitel aus übergeordneten Gründen aufgenommen werden, so wird ein Freihandelsabkommen mit Investitionsschutzkapitel nicht per se abgelehnt. Entscheidend wird sein, wie genau das Investitionsschutzkapitel in TTIP ausgestaltet sein wird. So muss auf jeden Fall ausgeschlossen werden, dass Regelungen von Gemeinwohlzielen, die rechtsstaatlich und demokratisch zustande kommen, ausgehebelt oder umgangen werden. Es muss verhindert werden, dass z. B. ein Marktzugang, der solchen Regeln widerspricht, einklagbar wird. Das genau sind Fragen, mit denen sich die Konsultation der EU-Kommission auseinandersetzt, um bisherige Mängel in bestehenden Investitionsschutzabkommen zu beseitigen.
Laut Verhandlungsmandat wird erst nach Abschluss der Verhandlungen entschieden werden, ob und wie der Investitionsschutz in TTIP konkret behandelt werden soll. Dementsprechend wird sich Bayern im Ratifizierungsverfahren zu TTIP dann positionieren.
Ich hoffe, Ihnen weitergeholfen zu haben und stehe gerne auch jeder Zeit persönlich im Stimmkreis für Sie zur Verfügung.
Mit besten Grüßen,
Ihr Bernd Sibler, MdL