Frage an Bernd Rützel von Nicolas F. bezüglich Verkehr
Hallo Herr Rützel,
wie stehen Sie zum Thema Netzneutralität? Werden Sie sich für ein offenes, diskriminierungsfreies Internet für alle einsetzen?
Die aktuellen Pläne der Bundesregierung gehen leider in die entgegengesetzte Richtung und würden zu einem von Konzernen regierten 2-Klassen-Internet führen. Das wäre ein massiver Einschnitt in den freien Wettbewerb und würde Pluralismus und Meinungsfreiheit gefährden.
Die einzigen Profiteure wären die Internet-Provider und die etablierten Monopolisten, was die Dominanz von Google, Facebook und Co zementieren würde.
In den USA wurden vor kurzem Regelungen getroffen, die ein diskriminierungsfreies Internet garantieren. Wann kommen solche Regelungen auch für Deutschland und die EU?
Im übrigen haben sich auch Firmen wie Google pro Netzneutralität ausgesprochen, obwohl diese vom Gegenteil profitieren würden.
mfg
Nicolas Fell
Hallo Herr Fella,
danke für Ihre Frage. Ich halte die Absicherung von Netzneutralität für wesentlich, um die Teilhabe an der digitalen Gesellschaft zu ermöglichen und zu schützen. Auf EU-Ebene wird derzeit über eine „Verordnung zum Digitalen Binnenmarkt“ diskutiert. Diese Verordnung soll grundlegende Fragen der Netzinfrastruktur EU-weit einheitlich regeln. Sie bietet die Chance einer gesetzlichen Absicherung der Netzneutralität und damit der europaweiten Verankerung des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller Daten bei der Weiterleitung ins Netz.
Seit Monaten wird aber über die Frage gestritten, in welchem Verhältnis Netzneutralität zu den sogenannten Spezialdiensten steht. Fast jeder betont dabei, wie wichtig Netzneutralität sei und dass sie grundsätzlich erhalten bleiben soll. Das macht mich hellhörig, denn wo es einen Grundsatz gibt, da sind die Ausnahmen nicht weit. Und diese Ausnahmen sind dann die Spezialdienste, die, so die Argumentation, notwendig seien um private Investitionen in dringend benötigte, superschnelle Netze zumindest in Ansätzen refinanzieren zu können.
Die Bundeskanzlerin scheint einen Kompromiss zu wollen: Das offene Netz für alle und gleichzeitig Ausnahmen von der Netzneutralität für Spezialdienste. Wie das konzeptionell gehen soll, bleibt im Unklaren. Ich bin sehr skeptisch, denn jede Abweichung vom Prinzip der Netzneutralität verschafft einer Seite einen Vorteil über eine “Information”, die dann gegen Entgelt gemanagt werden kann – und genau das ist das Gold der Informationsgesellschaft. Deshalb ist es mir wichtig, Spezialdienste strengen Regeln zu unterwerfen, die die Offenheit und Freiheit des Internets schützen. Es muss gute Gründe für Ausnahmen von der Netzneutralität geben - und zwar so gute, die es rechtfertigen, die Idee der Freiheit und Gleichheit im Netz ausnahmsweise zu durchbrechen.
Schon vor Jahren wurde es verpasst, rechtzeitig die Grundlagen dafür zu legen, dass alle, egal ob in der Stadt oder auf dem Land, genügend Bandbreite haben, um das Netz optimal nutzen zu können. Die SPD-Bundestagsfraktion setzt sich für den flächendeckenden Breitbandausbau in Deutschland ein. Schnelles Internet sichert Teilhabemöglichkeiten und wirtschaftliche Chancen. Das ist besonders wichtig für ländliche Regionen, die bisher bei der Internetversorgung benachteiligt sind. Wir möchten die digitale Spaltung überwinden und setzen uns dafür ein, dass die im Koalitionsvertrag vereinbarten Ausbauziele bis 2018 zügig umgesetzt werden. Um bis 2018 eine flächendeckende Breitbandversorgung mit Geschwindigkeiten von mindestens 50 Mbit/s sicher zu stellen, brauchen wir unter anderem eine stärkere Förderung für unterversorgte Gebiete und eine bessere Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Ausreichende Netzkapazitäten sind entscheidend, um zu verhindern, dass das Internet, wie wir es kennen, zu einer Art Resterampe verkommt und ein Zwei-Klassen-Internet entsteht.
Für mich und meine Fraktion liegt der Schwerpunkt in der Netzpolitik bei IT-Sicherheit, Datenschutz und Netzneutralität. Daten sind Teil unserer Persönlichkeit. Eine sichere und vertrauenswürdige Infrastruktur ist deshalb unerlässlich. Ihre Anfrage hat mir noch einmal die Wichtigkeit des Themas verdeutlicht. Ich werde die Debatte in den nächsten Monaten deshalb besonders aufmerksam begleiten.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Rützel