Frage an Bernd Reinert von Marie E. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Reinert,
ich verfolge seit einiger Zeit die Diskussion um das Feierabend-Parlament in den Medien. Hamburg ist das einzige Bundesland mit einem solchen Parlament.
Sind sie dafür oder dagegen?
Nennen Sie bitte Gründe!
Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen,
Marie Erdmann
Sehr geehrte Frau Erdmann,
ich bin ein erklärter Anhänger der jetzigen Regelung in Hamburg. Unser Parlament ist so organisiert, dass neben der Mandatsausübung auch die Berufsausübung möglich ist: die Plenarsitzungen beginnen erst um 15.00 Uhr, Ausschusssitzungen in der Regel um 17.00 Uhr - für ein wirkliches Feierabend-Parlament müsste der Beginn noch später liegen, und deshalb spreche ich lieber von einem "Teilzeit-Parlament".
Es ist zwar oft nicht einfach, beide Tätigkeiten unter einen Hut zu bringen, und immer wieder gibt es Kolleginnen oder Kollegen, die aus beruflichen Gründen aus der Bürgerschaft ausscheiden, aber die Vorteile überwiegen: wer neben der Politik einen Beruf ausübt, ist nicht mit seinem gesamten Einkommen auf die Politik angewiesen und somit unabhängiger. Zugleich sichert die Berufstätigkeit den unmittelbaren Kontakt zum alltäglichen Leben vieler Menschen in der Stadt, und ich weiß aus eigener Erfahrung, dass die Berufskollegen nicht mit ihren Meinungen und Kommentaren zu politischen Themen und Entscheidungen hinter dem Berg halten.
Ich erwarte allerdings, dass die Anforderungen an die Abgeordneten in den nächsten Jahren weiter zunehmen werden, vor allem durch die Einführung von Wahlkreisen ab der nächsten Bürgerschaftswahl werden die Ansprüche auf volle Präsenz der Abgeordneten im Wahlkreis weiter zunehmen, und das wird die Vereinbarkeit von Parlamentsmandat und Beruf wohl spürbar einschränken. Ich bin also nicht sicher, wie lange der jetzige Status beibehalten werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Reinert