Frage an Bernd Lange von Frank F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Zur Verhandlung von JEFTA:
Wie unterstützen Sie, dass die Aspekte wie Umweltschutz, Arbeitsschutz, Schutz der öffentlichen Dienstleistung, Datenschutz, Regulierung der Finanzmärkte, demokratische Kontrolle der Wirtschaft - im folgenden zusammen "Ziele der Zivilgesellschaft" - "angemessen" im Vergleich zu den Wünschen der Wirtschaftsverbände berücksichtigt werden? Was ist dabei für Sie angemessen?
Welchen Stellenwert haben für Sie selbst neben der Förderung der Wirtschaft die einzelnen "Ziele der Zivilgesellschaft" überhaupt?
Wie gleichen Sie dabei die verschieden großen Einflussmöglichkeiten der Lobbygruppen (Wirtschaftsverbände vs NGOs) aus?
Sehr geehrter Herr F.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage, die ich sehr gerne beantworte.
Was Sie ansprechen sind nicht nur Ziele der Zivilgesellschaft, sondern auch der sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament. Wir überwachen die Verhandlungen zum EU-Japan Abkommen, sind über den Verhandlungsstand informiert und haben am Ende des Prozesses das letzte Wort. Nur ein Abkommen, das ein ausgeglichenes Ergebnis liefert und den Bürgerinnen und Bürgern hilft, hat eine Chance auf eine Mehrheit im Europäischen Parlament. Eine Meinung bilden wir uns nach detaillierter Analyse, öffentlicher Debatte und Austausch mit Stakeholdern (Gewerkschaften, NGOs, aber natürlich auch Wirtschaftsvertretern).
Viele zentrale Fragen des EU-Japan-Abkommens bleiben umstritten, auch wenn die Verhandlungspartner bei anderen wichtigen Punkten wie den Marktzugangsfragen und den Zöllen nahe an einer möglichen Vereinbarung sind. Bei dem CETA-Abkommen mit Kanada haben vor allem wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Europäischen Parlament einen Standard etabliert, den wir im vorliegenden Abkommen weiter ausbauen wollen. So sind private Schiedsstellen bei einem Investitionsstreit für das Europäische Parlament bekanntermaßen inakzeptabel (ISDS), Japan scheint aber weiterhin darauf zu bestehen. Tokio muss den Weg zu einem öffentlichen, internationalen Investitionsgericht mitgehen - oder es gibt keinen entsprechenden Teil im Abkommen.
Gerade bei den Arbeitnehmerrechten bestehen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten für unsere Zustimmung auf einem überzeugenden Nachhaltigkeitskapitel mit Durchsetzungsmöglichkeiten, wie vereinbart, also CETA plus. Japan hat nur sechs der acht Kernarbeitsnormen ratifiziert und scheint einer verbindlichen Umsetzung nicht aufgeschlossen. Die EU-Kommission muss zur Bedingung machen, dass alle acht Kernarbeitsnormen im Rahmen des Abkommens umgesetzt werden, sonst kann es kein Abkommen geben. Es steht zudem außer Frage, dass in einer Vereinbarung mit Japan ebenso wie in der mit Kanada das europäische Vorsorgeprinzip rechtlich klar abgesichert gehört - und dass die Daseinsvorsorge nicht zum Gegenstand von Öffnungsverpflichtungen wird.
Ein gutes EU-Japan-Abkommen könnte globale Standards für Arbeitnehmerrechte, Verbraucher und Umweltschutz setzen und wirtschaftlich und politisch Chancen für die EU eröffnen – allerdings ausschließlich ein gutes Abkommen. Dafür müsste sich für eine Zustimmung durch das Europäische Parlament auf beiden Seiten noch sehr viel bewegen.
Hier finden Sie auch noch weitere Informationen: http://ec.europa.eu/trade/policy/in-focus/eu-japan-economic-partnership-agreement/meetings-and-documents/index_de.htm
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Lange