Frage an Benedikt Lux von Paul K. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Lux,
mich würde interessieren, wie Sie zum Thema Schließung des Flughafens Tempelhof stehen. Ein airport, der in über 70 Jahren Betrieb so sicher war, daß sich nur ein Sportflugzeug einmal in den Häuserschluchten Neuköllns verfing und der Berlin neben dem ´Bonzen-Teil´, das uns alsbald in Schönefeld erwartet sicher gut zu Gesicht stehen würde. Als besonderer Gag für Staatsempfänge, weil der Ur-Berliner diesen Flughafen einfach mag und meinetwegen nicht zuletzt weil die Wirtschaft ihn für den kleinen Flieger zwischendurch mitten in der Stadt auch braucht.
Vielen Dank!
Paul Koch
Sehr geehrter Herr Koch,
als Ur-Berliner bin ich ebenfalls Fan dieses Flughafengeländes. Die Gebaüde und die Funktion des Flughafens sind architektonisch und verkehrsplanerisch genauso spannend wie die geschichtliche Dimension während den dunklen Zeiten der Stadt (33-45) und den Zeiten danach. Die unter Denkmalschutz stehenden Gebäude sind unbedingt erhaltenswert. Das Flugfeld ist mittlerweile - freilich für sich und ohne den Flugverkehr betrachtet - von hoher ökologischer Bedeutung als Frischluftgebiet für die Stadt.
Hinsichtlich des Flugverkehrs bin ich anderer Meinung. Die wirtschaftliche Bedeutung Tempelhofs für Berlin ist gering. Es gab 500.000 Fluggäste im Jahr 2005, in Schönefeld waren es 5 Millionen. Dagegen ist der Verlust in Höhe von 9 Millionen €, den der Flughafen Tempelhof eingeflogen hat, relativ hoch.
Drei Flughäfen für eine Stadt sind Quatsch, wenn einer davon Kapazitäten wie Schönefeld bietet. Ich will ja nicht die ökologische Keule rausholen, aber Flughäfen sind nunmal eine enorme Belastung für die Anwohnerinnen und Anwohner. Berlin hat in dem sog. Konsensbeschluss von 1996 bereits der Schließung Tempelhofs zugestimmt. Zu recht, wie ich finde. Mit dem Großflughafen Schönefeld wird es einen citynahen Flughafen geben. Diese Lösung verschleiert aber nicht die Fehler, die bei der Planung des Flughafens gemacht worden sind. Berlin ist jetzt schon in zweistelliger Millionenhöhe dabei, was unnötige Planungen für Schönefeld angeht. In Nordostdeutschland machen sich unzählige Flughäfen künstlich Konkurrenz, weil es immer noch keinen Flughafenverbund gibt, der Passagier- und Logistikbedarf koordiniert. Gleichzeitig gilt es für viele Fluggesellschaften und Flughafenbetreiber Standortsubventionen abzugreifen, die so aber nur kurzfristige Wirkung für Arbeitsplätze und Investitionen haben, da ein Großteil der Vorhaben überdimensioniert worden ist. Diese Verschwendung wird sich Berlin nicht weiter leisten können. Der kleine Flieger zwischendurch ist meines Erachtens verzichtenswert, wenn man nicht die Betriebskosten des Flughafens beibelassen will. Stattdessen wird ein riesiges städtebaulich einmaliges Gelände für ein offenes und kreatives Verfahren frei. Geschichtlich erhaltenswert sind die Gebäude, einschließlich der Hungerharke allemal, die Freiflächen und -räume bieten riesiges Nutzungspotential, für die es einige gute Vorschläge bereits gibt, so etwa nachzulesen unter: http://www.gruene-fraktion-berlin.de/cms/default/dok/140/140561.doppelringkonzept_zur_nachnutzung_des_fl.htm
Ich bin gespannt wie sich das Flughafengelände nach dem erlassenen aber rechtlich angreifbaren Schließungbescheides des Senats zum Oktober 2007 entwickeln wird und würde mich freuen, wenn wir uns gegenseitig auf dem Laufenden halten.
Als Gag für Staatsbesuche empfehle ich im Übrigen eine Fahrt mit Vorbildwirkung: ICE in den neuen Hauptbahnhof: Ökologisch verträglich und wirtschaftlich sinnvoll!
Es grüßt,
Benedikt Lux