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Benedikt Lux
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Frage von Boris W. •

Frage an Benedikt Lux von Boris W. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Lux,

vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort. Trotzdem sind bei mir noch einige Punkte offen geblieben:

Meine Frage bezüglich der auth. Vertretung hatte nicht die These "Politiker können Probleme nur bewältigen, die sie am eigenen Leibe erfahren haben" als Grundlage und diese These unterstütze ich prinzipiell auch nicht. Dennoch gibt es einige Dinge, für die man sich wohl besser einsetzen kann, wenn man sie am "eigenen Leibe erfahren hat" - und dazu gehörte meine Frage der auth. Vertretung. Mein jüngerer Bruder - nur wenig älter als Sie - studierend und seine Freundin - Ihr Jahrgang - arbeitend und studierend bspw. haben ein 10-Monate altes Kind und ich denke, die beiden haben zu den Thematiken "Arbeit/-nehmer" aber auch "Kinderbetreuung" wohl eine ganz andere Sichtweise - nämlich eine praktische - als Sie sich theoretisch ausmalen können. Wie wollen Sie sich also für solche jungen Menschen - schließlich Ihre Altersklasse - mit ganz alltäglichen Problemen einsetzen und wie wollen Sie Probleme verstehen, die Sie eben nicht kennen, da man die wohl schlecht nachvollziehen sondern nur erleben kann? Das war der konkrete Hintergrund zu meiner Frage, was Sie eigentlich zu bieten haben. Ihre theoretische Erfahrung - durch Lesungen, Vorlesungen, Gespräche & Literatur - in allen Ehren, wird sie doch aber nicht zur vollkommenden Problemlösung (in welcher Form auch immer) beitragen können. Übrigens hatten wir schon bei einem Ihrer Stände miteinander gesprochen und da ich da nicht erkennen konnte, was Sie zu bieten haben, hoffte ich, mir diese Frage über diesen Weg beantworten (lassen) zu können.

Zu dem Wechsel in der Politik: Glauben Sie, dass jemand, der zehn Jahre "im Geschäft" ist neuen Wind in den Laden bringen kann? Vor allem, wenn ihm scheinbar die nötige Lebenserfahrung fehlt? (s.o.) Warum lernen Sie nicht erstmal das Leben kennen und verändern mit dieser Erfahrung das (politische) Leben?

mfg
Boris Werner

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Werner, lieber Boris,

wieder muss ich mich für die kritische Frage bedanken, mit der Sie mir Ihre Aufmerksamkeit beweisen.

Zur authentischen Vertretung junger Leute, Ihrer ersten Frage: Ich kenne die Situation junger Eltern, die arbeiten und studieren. Entschuldigen Sie bitte, dass es bei mir noch nicht so weit gekommen ist, im Gegensatz zu vielen anderen Abgeordneten, ist bei mir der Zug da aber noch nicht abgefahren und ich behaupte schon, mir ein hinreichendes Bild gemacht zu haben und immer wieder zu machen, um in der Sache richtig entscheiden zu können. Wann in meiner Lebensplanung ein Kind auf dem Programm steht, vermag ich jetzt noch nicht zu sagen. Leere Versprechen sind meines nicht.
Eraluben Sie mir ein Beispiel aus meinen Zeiten in der studentischen Selbstverwaltung, dem Studierendenparlament der Humdoldt-Universität zu Berlin, zu nennen: Uns ist es gelungen, Mittel im fünfstelligen Bereich aufrecht zu erhalten - trotz weniger Studierender und weniger Mittel, um der völlig desolaten Betreuungssituation studierender Eltern Herr zu werden. An der Humboldt-Universität halten wir so bereits seit mehr als 10 Jahren Jahren den Kinderladen ( http://www.stuki-hu.de ) aufrecht. Das war eine Priorität unserer grünen Gruppe und das war auch gut so. Entschuldigen Sie bitte nochmals aufrecht, dass ich mich, im übrigen gemeinsam mit anderen kinderlosen KommilitonInnen, Lesben und Schwulen dafür eingesetzt habe, obwohl wir gar nicht wussten, wie das ist, eine studierende Freundin mit Kind zu haben, so wie Ihr Bruder !!! Und jetzt noch ein bißchen mehr Theorie für die Praxis: Ich finde es entscheidend, dass wir KiTas und Kinderbetreuung auf die Beschäftigungssituation junger Menschen ausrichten. KiTas müssen flexiblere Öffnungszeiten haben, was ich im übrigen schon in einem Papier der Grünen Jugend aus dem Jahre 2002 gefordert habe und woran ich - egal mit wem - arbeiten werde. Aus den Betreuungseinrichtungen müssen die ersten, frühkindlichen Ausbildungsstätten werden. Ich denke, Schritte dahin sind möglich und nötig. Egal, wie man zur geplanten Mehrwertsteuererhöhung des Bundes steht: Sie wird Geld in die geplagte Landeskasse spülen. Wir Grüne haben uns festgelegt und sagen 20 % aus den Mehreinnahmen geht für bessere Betreuung, Bildung und Ausbildung raus. Zur Arbeitnehmerschaft: Ich gaube, die Belange von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nehmen schlechterdings an Bedeutung ab. Mittlerweile gibt es mehr Empfängerinnen und Empfänger von staatlichen Transferleistungen, als Einzahlende in die Sozialkassen. An dieser Situation müssen wir mit allen Kräften was ändern. Ich habe selber - wie Sie immer noch nicht verstehen wollen - in mehreren Arbeitsverhältnissen gestanden:
Bei Farstuhlbauer OTIS, bei einem selbständigen Verleger in der Promotion-Abteilung, bei Rechtsanwälten und als Musiker oder auch in der Partei. Ich spiele auch mit dem Gedanken in eine Gewerkschaft eintreten, ich weiß noch nicht in welche. Und Sie haben vollkommen Recht: Die praktischen Erfahrungen als Arbeitnehmer darf ein Politiker nicht aus den Augen verlieren. Im übrigen verstehe ich persönlich den Job als Abgeordneter als eben solchen, mit 3,8 Millionen Arbeitgebern.

Zu Ihren drei Fragen am Ende:
1. Ich gaube, dass ich als Neuer, der seit 10 Jahren Politik macht, frischen Wind reinbringen kann. Schließlich muss man auch mal im Wind gestanden haben, um zu wissen, wie der Wind besser in welche Richtung zu drehen ist.
2. Mir fehlt nicht die nötige Lebenserfahrung, sondern ich habe sie. Zu förderst qualitativ.
3. Ich habe das Leben kennengelernt von vielen Seiten, bestimmt nicht von allen. Und ich werde das Leben weiter kennen lernen, auch als Parlamentarier. Und ich werde auf Grundlage dieser Erfahrung das politische Geschehen verändern.

Mein lieber Herr Werner, also die letzten drei Fragen sind meines Erachtens unter Ihrem Niveau. Einem 24-jährigen zu sagen, er habe keine Erfahrung, ist ungefähr so, wie von allen Absolventinnen und Absolventen zu verlangen, sie müssten erst Berufserfahrung sammeln, um Arbeiten zu können. Bemerken Sie Ihren Widerspruch ? Der Hinweis, dass ich jung bin, ist schön und gut, aber glauben Sie, ich kenne Ihn nicht? Glauben Sie, wenn ich nur das Leben kennenlernen würde, aber zum richtigen Zeitpunkt nicht auch Erwartungen an mein Leben stelle und mich darin auch durchsetze, es würde sich etwas zum Guten verändern?
Ihr Beitrag löst sich am Ende Ihrer Zeilen logisch wieder in der Luft auf, da Sie zuerst behaupten, Sie teilen eine These nicht, deren Kerngehalt sie mir am Ende wieder zu Hundert Prozent vor den Latz knallen. Sie betonen Nähe und Gemeinsamkeit zwischen Ihrem Bruder und mir, um dann die Zeile drüber und drunter dazu zu verwenden mir die Unfähigkeit zu einer authentischen Vertretung zu unterstellen. Merken Sie etwas ?! Diese geniale Dialektik wär doch auch was für die Politik ?! Zumindest für Leute, die sich häufig rausreden müssen. Die mit viel Erfahrung!

Herzlichst,

Benedikt Lux