Frage an Barbara Hendricks von Ullrich M. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Dr. Hendricks,
ich habe am 03.12.08 Ihre Redebeiträge in der Sendung "quergefragt" sehr aufmerksam verfolgt. Wie Sie vielleicht wissen, haben wir einen Wust von komplizierten Steuerregelungen mit vielen Ausnahmetatbeständen, für den kleinen Steuerbürger undurchschaubar. Dazu kommen zur Lohnsteuer über 30 indirekte Steuern, wie die Sekt- oder Energiesteuer. In der Sendung haben Sie sich gegen eine Vereinfachung der Steuern ausgesprochen, weil dann Einnahmen verloren gingen.
Meine Frage:
Könnte die Gesetze nicht so gestaltet werden, dass bei einer Vereinfachung (Reform) sogar mehr Steuern eingenommen werden, indem Steuerbefreiungen durch Ausnahmen für Grosskonzerne und höchste Einkommen entfallen?
Mit freundlichen Grüssen
Ullrich Müller
Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank für Ihre Frage. Ich glaube allerdings, sie beruht auf einem Missverständnis.
In der Sendung "quergefragt" habe ich mich gegen die Forderung von Herrn Huber und der CSU zur Senkung der Einkommensteuer insoweit ausgesprochen als CDU/CSU darin ein zum jetzigen Zeitpunkt angemessenes Mittel zur Bekämpfung einer krisenhaften Entwicklung sehen wollen. Dagegen sind vor allem zwei Punkte anzuführen:
Erstens steigt mit steigendem Einkommen die Sparquote - es hätten also gerade diejenigen die größte Steuerentlastung, deren Konsumneigung am geringsten ist. Rund die Hälfte der privaten Haushalte zahlt zudem gar keine Einkommensteuern und würde überhaupt nicht von Steuererleichterungen profitieren. Das sind aber gerade die Menschen, die jeden zusätzlichen Euro ausgeben und damit die Wirtschaft am meisten beleben würden.
Zweitens müsste die Öffentliche Hand die Einnahmeausfälle zu hundert Prozent bei ihren eigenen Ausgaben einsparen, oder die Steuereinnahmen an anderer Stelle erhöhen, oder aber sich zusätzlich verschulden. Wie schwierig es ist, so genannte steuerliche Ausnahmetatbestände abzuschaffen, wie Sie es vorschlagen, ist mir aus meiner Zeit als Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesfinanzminister noch allzu bewusst - und damals ist uns in dieser Hinsicht schon ein Kraftakt gelungen.Wahrscheinlicher ist es also, dass sich der Staat noch mehr verschulden würde mit allen negativen Konsequenzen für seine künftige Handlungsfähigkeit und für die Steuerbelastung zukünftiger Generationen. Und dieser dauerhaften Mehrverschuldung stünden keine dauerhaften Investitionen gegenüber.
Mein Fazit lautet: Eine Senkung der Einkommensteuer ist wünschenswert, wenn es sich der Staat leisten kann - als kurzfristige Maßnahme zur Konjunkturbelebung ist sie ungeeignet.
Sollten weitere staatliche Maßnahmen zur Stützung der Konjunktur notwendig werden, dann trete ich dafür ein, ohnehin notwendige Zukunftsausgaben in unsere Infrastruktur vorziehen. Das sind aus sozialdemokratischer Sicht Investitionen in Bildung, Verkehr - vor allem die Schienenwege -, und Umwelttechnologie.
Mit freundlichen Grüßen
Barbara Hendricks