Frage an Barbara Hendricks von Ingrid M. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Dr. Hendricks,
wie konnte es überhaupt zu so dramatischen "Veräußerungen von Krediten ohne Zustimmung und Kenntnis der Kreditnehmer", mit allen fürchterlichen Konsequenzen für die Betroffenen kommen?
Haben clevere Finanzjongleure plötzlich eine Lücke in alten Gesetzen entdeckt oder ist diese Lücke bei jüngeren Gesetzes-gestaltungen entstanden?
Werden Gesetze, - die ja dem deutschen Volk dienen und nicht zum Nachteil gereichen sollen - nicht auf "Herz und Nieren" von Fachleuten, die keinem Finanzdienstleister, Internationalen Fonds, o.ä. verpflichtet sind, geprüft, bevor sie verabschiedet werden?
Kann der Gesetzgeber Gesetze, die ganz offensichtlich nicht dem deutschen Volk sondern einigen wenigen Finanzhaien zum Ausplündern dienen, diese Gesetze nicht wieder zurücknehmen?
Also nicht Verschlimmbessern, sondern den ursprünglichen gerechteren und sicheren Verlauf wiederherstellen?
Glauben SPD-Parlamentarier wirklich, wenn sie sich den Wünschen des Kapitals andienen, werden sie in deren Kreise aufgenommen?? Das hat vor dem ersten Weltkrieg nicht geklappt, es klappt auch heute nicht.
Wenn die benötigten Stimmen eingesackt sind, dann hopp und ab. Klar, hopp und ab mag an mancher Stelle abgefedert sein. Aber als ehemaliger SPD-Parlamentär im allerinnersten Zirkel derer zu sitzen kommen, die schalten und walten? ?
Jedenfalls sind August Bebel und all die vielen ungenannten Mutigen angetreten, dem allerinnersten Zirkel ein Gegengewicht entgegenzusetzen, damit dem Schalten und Walten ein wenig Einhalt geboten wird. Ich bitte, diese Sorgen nicht einfach wegzuwischen. Was SPD und Gewerkschaften in etwas über 100 Jahren aufgebaut, ist innerhalb der letzten 25 Jahren massiv beschädigt worden. Und es geht immer rasanter bergab. Staatsvermögen - vom Steuerzahler erarbeitet, wird dubiosen Fonds in den Rachen geworfen (dubiose Verträge sorgen dafür, daß Lasten weiter vom Staat getragen werden) usw. und nun muß der einzelne Häuslebauer auch noch bangen.
Mfg
I. Möller
Liebe Frau Möller,
vielen Dank für Ihre zweite Wortmeldung zu diesem Thema. Leider kann ich Ihnen kein persönliches Gespräch anbieten, wie ich das bei Bürgerinnen und Bürgern in meinem Wahlkreis gerne mache. Ich kann Sie nur ermuntern, sich zur Diskussion direkt an Ihre örtliche Abgeordnete, bzw. Ihren Abgeordneten zu wenden, oder an Parteiveranstaltungen vor Ort teil zu nehmen.
Dennoch möchte ich gerne auf Ihren Beitrag antworten. Wir Sozialdemokraten sind von der Sozialen Marktwirtschaft als bisher erfolgreichster Wirtschaftsordnung überzeugt. Das gilt auch für den Finanzmarkt, den wir deshalb nicht strangulieren wollen. Ohne Regulierung jedoch geht es nicht. Auch wenn zurzeit noch nicht alle Konsequenzen der Finanzmarktturbulenzen der vergangenen Monate erkennbar sind – die Ereignisse waren und sind ein erneuter klarer Beleg dafür, dass die neoliberale Ideologie möglichst unregulierter Märkte große Gefahren in sich birgt. Ohne einen Ordnungsrahmen ist die Stabilität von Märkten, gerade so sensiblen Märkten wie denen für Geld und Wertpapiere, nicht zu gewährleisten. Wir werden uns daher auch in Zukunft auf nationaler wie internationaler Ebene für einen verlässlichen und wirksamen Ordnungsrahmen für die Finanzmärkte einsetzen. So wie wir dies bei den heimischen Kreditverkäufen getan haben, werden wir auch auf internationaler Ebene darin nicht nachlassen.
Wir haben auf nationaler Ebene die Initiative zur Verbesserung der Stellung des Kreditnehmers ergriffen. In mehreren Verhandlungsrunden mit der Union haben wir viel für den Kreditnehmer erreicht. Durch eine Neuregelung der sogenannten Sicherungsgrundschuld wird gewährleistet, dass sich die Position des Darlehensnehmers durch den Kreditverkauf nicht verschlechtert. Jetzt ist sichergestellt, dass dem Kreditnehmer gegenüber dem Finanzinvestor die gleichen Einreden zustehen,die er auch gegenüber seinem ursprünglichen Vertragspartner hätte geltend machen können.Der Schutz des Kreditnehmers wird darüber hinaus durch die Einführung eines verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruchs gegen den Erwerber der Forderung bei ungerechtfertigter Vollstreckung aus der Unterwerfungserklärung verstärkt.
Als weitere Regelungen des Maßnahmenpakets hat der Bundestag beschlossen:
• Kreditinstitute zu verpflichten, ihre Kunden ausdrücklich über die Möglichkeit von Kreditverkäufen im abzuschließenden Kreditvertrag zu informieren. Und nicht - wie derzeit in der Praxis üblich - bloß in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
• Darlehensnehmer spätestens drei Monate vor einer Änderung beziehungsweise dem Auslaufen des Darlehensvertrages darüber zu informieren, ob eine Anschlussfinanzierung gewährt wird oder das Kreditverhältnis nicht verlängert wird.
• Erstreckung der Regeln für Verbraucherkredite auf Immobiliendarlehen: Kündigungsschutz in solchen Fällen, in denen der Kreditnehmer mit seinen vertraglichen Zahlungsverpflichtungen nur geringfügig in Rückstand gerät. Eine Kündigung wegen Zahlungsrückständen ist nur noch dann möglich, wenn der Kreditnehmer mit mindestens zwei aufeinanderfolgenden Raten und zugleich mit mindestens 2,5 Prozent des Nennbetrags des Darlehens in Verzug ist.
• Der Kreditnehmer muss bei einem Kreditverkauf unverzüglich darüber informiert werden, wenn die Bank nicht weiterhin für die Bearbeitung des Kredits zuständig ist.
• Zur Stärkung der Stellung des Kreditnehmers bei Mittelstandskrediten werden Unternehmen die Möglichkeit erhalten, nichtabtretbare Darlehensverträge mit ihren Kreditinstituten abzuschließen.
Dieses Bündel effektiver, aufeinander abgestimmter Maßnahmen lässt ein Sonderkündigungsrecht bei ordnungsgemäß bedienten Krediten, das zeitweise in der Diskussion erwogen wurde, überflüssig werden. Zudem wäre bei Einführung eines solchen Rechtes voraussichtlich eine Verteuerung der Kredite für Kreditnehmer eingetreten.
Mit diesen Maßnahmen haben wir eine deutliche Stärkung des Verbraucherschutzes erzielt.
Mit freundlichen Grüßen
Barbara Hendricks