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Frage von Herbert D. •

Frage an Barbara Hendricks von Herbert D. bezüglich Bundestag

Sehr geehrte Frau Hendricks,
der deutsche Bundestag ist nach Chinas Volkskongress das zweitgrößte Parlament und wird mit Steuergeldern finanziert, die anderswo besser eingesetzt werden könnten (z.B. Bekämpfung der Armut, Besserung der Bildung für alle, Stärkung der gesetzlichen Rente). Aber mal wieder muss der Bürger frustriert diagnostizieren, wessen Interesse Politiker*innen bedienen und wie verantwortungslos diese dabei handeln: Ganz ungeniert bedient man sich an den schwer verdienten Steuergelder um Parteigenossen einen Sitz im Parlament zuschustern zu können ...vorneweg selbstverständlich die CDU/CSU.
Wie wäre es denn mal im Interesse des Souveräns zu handeln und die Anzahl der Parlamentssitze deutlich zu verringern indem z.B. die Erststimme abgeschafft wird?
Was für den Bundestag gilt, gilt auch für viele Landtage resp. Abgeordnetenhaus (z.B. Hessen, Berlin).
Werden Sie sich dafür einsetzen, dass
a) die Landtage/Abgeordnetenhäuser ihre Anzahl von Sitzen (deutlich) verringern?
b) die Anzahl der Bundesländer reduziert wird (maximal 8)?

Es schrieb Ihnen
Herbert Derksen

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr D.,

vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Wahlrechtsreform.

Eine Anmerkung vorweg: Der Deutsche Bundestag ist eine tragende Säule unserer Demokratie. Er ist auch und gerade vor dem Hintergrund unserer Geschichte ein Bollwerk gegen Antidemokraten und Populisten. Ich empfinde unser Parlament als ein wichtiges Aushängeschild für Menschenrechte, Freiheit und verantwortliches Handeln.

Die Debatte um eine Reform des Wahlrechts zum Deutschen Bundestag wird im Augenblick auf einen Einzelaspekt verengt: Die zahlenmäßige Größe des Parlaments. Diese Verengung wird dem Wert und den Aufgaben dieser Institution nicht gerecht. In Teilen der öffentlichen Diskussion wird unser Bundestag als überteuertes und lästiges Beiwerk verstanden. Ich bin der Überzeugung, dass das Vertrauen in die Demokratie in erster Linie nicht von der Anzahl der Parlamentarier abhängt, sondern von deren Wirksamkeit.

Dennoch müssen wir auch über die Größe des Bundestages reden. Die SPD-Fraktion hat hierzu einen Vorschlag vorgelegt. Alle Mandate, die eine Maximalzahl von 690 überschreiten, sollen entfallen. So wäre ein Bundestag mit 800 oder 900 Abgeordneten auf jeden Fall ausgeschlossen. Ein Parlament mit 800 Abgeordneten würde nicht nur seine Arbeitsfähigkeit gefährden, sondern auch - im Dauerbetrieb - nicht mehr in den Plenarsaal des Reichstagsgebäudes passen. Aber der größte Schaden wäre der Vertrauensschaden. Ein Parlament, das es nicht schafft, seinem eigenen Wachstum Grenzen zu setzen, verliert den Respekt der Bürger.

Jetzt gilt es, Druck auf CDU/CSU zu machen, die sich bislang einer Einigung beim Wahlrecht verweigern.

Abgesehen davon existiert aus meiner Sicht ein ganz anderes Problem, nämlich, dass viel zu wenig Frauen im Bundestag vertreten sind, und zwar insbesondere auf der rechten Seite des Plenums. Wenn wir also über eine Wahlrechtsreform diskutieren, dann nur, wenn wir zuerst über Parität reden. Mögliche Ansätze diesbezüglich sind beispielsweise quotierte Landeslisten oder die Möglichkeit, dass entstandene Überhangmandate nur noch durch das jeweils schwächer vertretende Geschlecht ausgeglichen werden können. Ein weiterer Aspekt einer Reform könnte die Länge der Wahlperiode sein.

Ich plädiere also für eine ernsthafte Wahlrechtsreform, die unter den Bedingungen des 21. Jahrhunderts verschiedene Aspekte mit einbezieht und nicht nur einen Einzelaspekt in der Fokus rückt.

Mit freundlichen Grüßen
Barbara Hendricks