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Frage von Klaus C. •

Frage an Barbara Hendricks von Klaus C. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Dr. Hendricks

Ich habe untenstehende konkrete Fragen zu dem Themenkomplex „Zwangsvollstreckung trotz Kreditbedienung bei eingetragenen Grundschulden“.

Zunächst bitte ich Sie, falls nicht bekannt, sich die absolut existenzgefährdende Problemlage in folgendem Artikel des Wirtschaftsmagazins Plusminus zu vergegenwärtigen:
http://www.daserste.de/plusminus/beitrag_dyn~uid,1ew1advn43bucfl8~cm.asp

Zusammengefasst ist es also nach gegenwärtiger Rechtslage so, dass bei einem Verkauf der Grundschuld durch den Finanzierer z.B. an einen Hedgefonds, dieser trotz ordentlicher Abbezahlung des Kredites in die Zwangsvollstreckung über die komplette Grundschuldsumme (auch wenn die bereits abbezahlt sein sollte) gehen kann. Dies ohne weiteres Rechtsverfahren bei der banküblich verwendeten Kreditklausel „Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung in das gesamte Vermögen“.

Hierzu meine Fragen:

1. Welche konkreten Maßnahmen haben Sie persönlich innerhalb der Fraktion ergriffen bzw. planen Sie kurzfristig , um durch Änderung dieser gefährlichen Rechtssituation die vielen Grundeigentümer mit Grundschulden in Ihrem Wahlkreis zu schützen?
2. Welche gesetzgeberischen Aktivitäten zum Schutz der Grundeigentümer hat die Fraktion bzw. der Bundestag unternommen bzw. wird diese kurzfristig unternehmen?

Herzlichen Dank für Ihre umfassende Beantwortung.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Ctibor,

im Zusammenhang mit der seit einiger Zeit auch in Deutschland üblich gewordenen Veräußerung von Krediten ohne Zustimmung oder Kenntnis des Kreditnehmers sind wir im Bundestag gegenwärtig intensiv mit Gegenmaßnahmen beschäftigt. Das Volumen des Handels mit notleidenden Krediten wird bereits auf 10-12 Mrd. € pro Jahr geschätzt, der gesamte Umfang notleidender Kredite in Deutschland beläuft sich auf ein Vielfaches dieses Betrages. Bei dem Geschäft zulasten ihrer Kunden treten deutsche Geschäfts- und Hypothekenbanken als Verkäufer und angelsächsische Finanzinvestoren als Käufer auf. Ich habe ich mich bereits in meiner Zeit als Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium mit diesem Thema auseinander gesetzt. Derzeit sind Finanz- und Justizministerium in Abstimmung mit den Koalitionsfraktionen.

Denn dass der Verkauf von Krediten für die Kreditnehmer in der Regel nichts Gutes bedeutet liegt klar auf der Hand. Die Käufer solcher Immobilienforderungen - meistens auf größtmögliche und schnelle Rendite orientierte Finanzinvestoren - haben in erster Linie ein Interesse daran, die Immobilie zu veräußern und somit unmittelbar die Zwangsvollstreckung zu betreiben. An personalintensiver Betreuung, an der Suche nach Wegen aus der Schuldenfalle haben sie hingegen nur geringes Interesse.

Wird ein Immobilien­kredit an Dritte verkauft, sieht sich der Kreditnehmer mit einem neuen Gläubiger konfrontiert, den er bei Wahl seiner Kredit gebenden Bank gar nicht wollte. Er hat sich in der Regel gezielt für ein bestimmtes Kreditinstitut entschieden und vertraut darauf, dass dieses Kreditinstitut sein Vertragspartner bleibt. Dafür war er häufig auch bereit, etwas mehr zu zahlen. Die meisten Kreditnehmer sind sich gar nicht dessen bewusst, dass ihre Kredite durch ihre Hausbank an Investoren verkauft werden können. Darüber hinaus werden sie über die Durchführung von Kreditverkäufen in vielen Fällen nicht einmal informiert.

Ein weiteres Problem aus Verbrauchersicht ist die Wahrung des Datenschutzes und des Bank­geheimnisses. Ein Urteil des BGH vom Februar dieses Jahres hat allerdings hierzu entschieden, dass eine Abtretung von Kreditforderungen nicht deshalb unwirksam ist, weil ein möglicher Verstoß gegen das Bundes­datenschutzgesetz bzw. eine Verletzung des Bankgeheimnisses vorliegt. Die Bank sei durch eine solche Verletzung dem Kreditnehmer allenfalls schadensersatzpflichtig. Nur, es dürfte schwierig sein, Schaden aufgrund der Verletzung des Datenschutzes nachzuweisen - und wo kein Schaden ist, kann auch nichts ersetzt werden.

Unser Ziel ist es deshalb, die Verbraucherinteressen über das bisher geltende gesetzliche Maß hinaus zu stärken.

Eine auf verbesserte Transparenz und Information der Kreditnehmer abzielende Regelung erscheint mir dabei mehr als angebracht. Die so genannte stille Zession gäbe es dann nicht mehr.
Folgendes wäre möglich:
— Banken könnten angehalten werden, ihre Kunden ausdrücklich im abschließenden Kreditvertrag über einen möglichen Forderungsverkauf zu informieren.

— Auch könnte man über ein zu vereinbarendes Abtretungsverbot an Nicht-Banken, also Finanzinvestoren, unter Berücksichtigung von § 354 a HGB denken, der eine Ausnahme vom Abtretungsverbot bei Geldforderungen macht, wenn Schuldner und Gläubiger Kaufleute sind.

— Ferner könnte auch ein möglichst befristetet Sonderkündigungsrecht ohne Vorfälligkeitsentschädigung für die Kreditnehmer eingeführt werden. Denn, jede Form des Forderungsverkaufs ist mit der Kündigung eines
Vertragsverhältnisses gleichzustellen.

— Des Weiteren wollen wir deutliche Akzente im Bereich der Wohn-Immobilien zu Gunsten von privaten Haus- bzw. Wohnungseigentümern setzen.
Man könnte daher einen neuen Gläubiger – ähnlich wie im Insolvenzrecht – verpflichten, auch bei notleidenden Krediten vernünftige und nachvollziehbare Sanierungsvorschläge zu unterbreiten und nicht ausschließlich auf die schnelle Rendite hinzuwirken.

Für die Mehrheit unserer Bevölkerung ist die eigene Wohn-Immobilie das wichtigste Standbein ihrer eigenen Altersvorsorge und muss deshalb rechtlich besonders sensibel behandelt werden.

Seien Sie versichert: Wir befassen uns intensiv mit der Problematik des Kredithandels und werden die Standards setzen, die sowohl Rechtssicherheit für die forderungsveräußernden Banken, Rechtssicherheit für die forderungskaufenden Finanzinvestoren aber vor allem Rechtssicherheit für die kreditnehmenden Verbraucher bieten.

Mit freundlichen Grüßen
Barbara Hendricks