Frage an Barbara Hendricks von Monika E. bezüglich Soziale Sicherung
Als Berufsbetreuerin bin ich freiberuflich und selbständig tätig (deswegen aber nicht weniger sozial engagiert). Die Aufgabengebiete sind vielfältig und die Arbeit ist erfüllend, aber auch mega-stressig (psychisch Kranke, behinderte Menschen, erschreckend viele Jugendliche mit Drogen-, Aggressions- und Alkoholproblemen etc.).
Mein Engagement wird zusehends "leiser", denn wir werden wirklich nicht gut bezahlt, der Aufwand und die Ansprüche an uns dafür immer höher, manchmal stehen wir Betreuer am Rande der Erschöpfung.
Ich bin Alleinverdienerin einer mehrköpfigen Familie und ich sehe, daß mein monatlicher Krankenkassenbeitrag, den ich ja ganz alleine tragen muß, inzwischen meine monatliche Miete BEI WEITEM übersteigt (Miete 400 Euro - Krankenkasse über 600 Euro). Auf Dauer kann ich mir das eigentlich nicht mehr leisten und fühle mich hier alleingelassen, vor allem von der Politik.
Was ist mit uns "kleinen" Selbständigen, wie werden wir von Ihnen vertreten? Mein Gefühl ist, daß wir nicht gesehen, nicht gehört werden (und wenn überhaupt ist nur von den "schwarzen Schafen" mal die Rede). Kleine Selbständige tauchen als Faktor in der Politk überhaupt gar nicht auf, ist mein Eindruck.
Haben Sie positive Antworten für mich/für uns?
Sehr geehrte Frau Engeln,
vielen Dank für Ihre Frage. Sie schildern darin auch Ihre ganz persönliche Situation und ich möchte Ihnen zunächst meine Anerkennung für Ihr Engagement aussprechen. Ich weiß aus vielen Berichten, wie anstrengend – vor allem auch mental – die Arbeit der Berufsbetreuer sein kann. In den letzten Monaten hat die zuständige Berichterstatterin meiner Fraktion, Britta Steffen, diese Belastungen im Rahmen der Beratungen über das „Gesetz zur Stärkung der Funktionen der Betreuungsbehörde“ immer wieder thematisiert und darauf hingewiesen, dass die Stundensätze der Berufsbetreuer neu überprüft werden müssen (z.B. in diesem Plenarprotokoll: http://dip21.bundestag.btg/dip21/btp/17/17240.pdf#P.30414). Sie sehen also, dass uns diese Problematik bewusst ist.
Sie sprechen aber vor allem über Ihre Rolle als Selbstständige und die Vernachlässigung der Gruppe der Selbstständigen seitens der Politik. Darin kann ich Ihnen nicht ganz zustimmen aus einem ganz einfachen Grund: Die Gruppe, die Sie damit zusammenfassen, ist so heterogen, dass man sie nicht über einen Kamm scheren kann. Verschiedene politische Maßnahmen bzw. Gesetze sind für ganz unterschiedliche Berufsgruppen relevant, die alle unter dem Dach der „Selbstständigen“ zu finden sind. Welchen Stellenwert die Gruppe als solche für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten hat, sehen Sie beispielsweise auch an unserem Wahlprogramm. Darin heißt es: „Deutschlands wirtschaftlicher Wohlstand beruht zu einem erheblichen Teil auf dem Einsatz seiner Selbstständigen. Die Selbstständigenquote in Deutschland ist dabei mit ca. zehn Prozent im internationalen Vergleich nach wie vor unterdurchschnittlich. Gerade beim Sprung ins Informations- und Wissenszeitalter muss Deutschland sich stärker als Selbstständigengesellschaft aufstellen. Vor allem in den kleinen und mittleren Unternehmen und auch in den freien Berufen entstehen Ausbildungs- und Arbeitsplätze von morgen. Deshalb wollen wir auf die Förderung dieses Bereichs in unserer Wirtschaftspolitik ein besonderes Augenmerk legen und bereits in der schulischen und beruflichen Ausbildung mehr junge Menschen für die Selbstständigkeit begeistern.“
Ein konkretes Beispiel für Ihre Situation ist Ihr hoher Krankenkassenbeitrag. Wenn Sie als Selbstständige in der gesetzlichen Krankenkasse versichert sind, kommt 2013 ein monatlicher Beitrag von über 600 Euro dann zustande, wenn Ihr Beitrag anhand der Beitragsbemessungsgrenze festgesetzt wurde. D.h. bei der Berechnung wurde von einem monatlichen Brutto-Verdienst von mindestens 3.937,50 Euro ausgegangen. Wenn Sie nachweisen können, dass Ihr Verdienst darunter liegt, kann das bei der Berechnung berücksichtigt werden.
Darüber hinaus stimme ich Ihnen darin zu, dass der Krankenkassenbeitrag für viele Menschen zu hoch ist bzw. sie ihn nicht bezahlen können. Eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung ist aber eine unabdingbare Grundlage für gesellschaftliche Teilhabe – und genau deswegen fordern wir die sogenannte Bürgerversicherung.
Die Bürgerversicherung ist fester Teil unseres Regierungsprogramms 2013-2017. Durch sie sollen alle Bürgerinnen und Bürger unabhängig von ihrer Lebenslage oder ihrem Erwerbsstatus eine gute Kranken- und Pflegeversicherung erhalten. Die Bürgerversicherung versichert jeden – niemand kann mehr von einer Krankenkasse abgelehnt werden. Das bedeutet, dass alle Bürgerinnen und Bürger ihre Krankenkasse frei wählen können.
Wir wollen in der Bürgerversicherung die Solidarität zwischen den hohen und den niedrigen Einkommen stärken. Familienmitglieder ohne eigenes Einkommen und Kinder sind beitragsfrei mitversichert – genau wie bisher. In die Bürgerversicherung zahlen alle je nach Höhe des Einkommens ein. Zusatzbeträge gibt es nicht. Menschen, die weniger verdienen, zahlen dementsprechend auch weniger ein.
Sehr geehrte Frau Engeln, ich wünsche Ihnen für Ihre Arbeit weiterhin viel Erfolg und vor allem Kraft!
Mit freundlichen Grüßen
Barbara Hendricks