Frage an Barbara Hendricks von Kerstin P. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Dr. Hendricks,
die Spitzen der EU möchten die nationalen Schulden der Euro-Länder vergemeinschaften. De facto heißt das zum großen Teil "verdeutschen".
Quelle:
http://de.nachrichten.yahoo.com/eu-will-einzelnen-staaten-haushaltsvorschriften-082859426.html
Drei der vier Herren kommen aus Pleitestaaten. Herr Draghi als EZB-Präsident aus Italien, Herr van Rompuy als EU-Ratspräsident ist Belgier, Herr Barroso als Kommisionspräsident kommt aus Portugal. Nur Herr Junker kommt aus einem (halbwegs) vernüntig wirtschaftenen Land, mag m.E. aber uns Deutsche nicht.
Die Herren wollen einen Großteil ihrer nationalen Schulden auf die nördlichen EU-Länder, insbesondere Deutschland, abschieben, damit ihre Länder "fein raus" sind.
Letzte Woche las ich in der Rheinischen Post, dass auch die SPD und die Grünen eine Vergemeinschaftung (Verdeutschung) der Schulden anstreben, die über einen gewissen Satz hinaus gehen (ich glaube 60% des BIP).
Das darf doch wohl nicht wahr sein! Ich glaubte zunächst, mich verlesen zu haben. Es genügt nicht, dass wir denen jetzt schon vieles zahlen, nein die Altschulden sollen wir auch noch tilgen.
Das kann weder richtig noch gerecht sein. Die Menschen in Finnland, Deutschland, Luxemburg, Österreich, den Niederlanden und Frankreich haben das Defizit der Südländer nicht veruracht!
Meine Fragen an Sie, gerade weil Sie Finanzpolitikerin sind:
Warum sollen wir (und damit ICH) für den südeuropäischen Schlendrian in Sachen Finanzen geradestehen?
Wie soll dfas in Zukunft weitergehen? Sollen wir auch die Schulden zahlen, die die Südländer der Euro-Zone in den kommenden Jahren machen?
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Peters
Sehr geehrte Frau Peters,
die SPD hat niemals eine Vergemeinschaftung von Staatsschulden der Eurozone gefordert und es ist mir auch nicht gelungen, die Aussage, die Sie der SPD unterstellen, in der Rheinischen Post wieder zu finden.
Ihre in Ihrem Brief geäußerten Annahmen sind leider beispielhaft für die Unruhe und Verwirrung unter den Bürgerinnen und Bürgern. Nur zum Teil ist sie der Komplexität der Finanzkrise geschuldet, zum anderen Teil ist es die Orientierungslosigkeit durch die politisch Verantwortlichen. Frau Merkel sollte wirklich besser erklären, was die Regierung erreichen will.
Inzwischen sind sich wissenschaftliche Analysen bezüglich der Ursachenmischung aus globalen Finanzmarktproblemen, privater Überschuldung in betroffenen Staaten, übermäßiger Staatsverschuldung und der Umstrukturierung realer Güterströme durch den Aufstieg der Schwellenländer China, Indien und Brasilien relativ einig. In der Eurozone kommt zu all dem noch die Tatsache, dass mit dem Beschluss von 1989 zur Einführung einer gemeinsamen Währung völlig verschiedene Volkswirtschaften unter ein Währungsdach zusammengebunden wurden. Das Ziel, den beteiligten Staaten auf dem Weltmarkt bei gleichzeitiger Stärkung des Binnenmarktes eine bessere Position zu verschaffen, war zweifellos gut, die Umsetzung jedoch war halbherzig und fehlerhaft.
Es hilft nun nicht weiter, wenn wir darüber lamentieren, dass das so ist. Und aus einem fahrenden Zug auszusteigen, empfiehlt sich ebenso wenig. Wir müssen statt dessen alles dafür tun, dass der Zug auf dem Gleis fährt, das uns zum Ziel führt. Und das Ziel heißt nach wie vor: Wohlergehen, Freiheit und Frieden für Europa.
Die SPD vertritt deshalb seit Ausbruch der Krise vor fast fünf Jahren die Position, dass erstens die Finanzmärkte zu regulieren und an den Krisenbewältigungskosten zu beteiligen sind, dass sich zweitens die Staaten von ihrer Abhängigkeit vom Kapitalmarkt lösen, d.h. ihre Haushalte strukturell in Ordnung bringen müssen, und dass drittens neue Arbeitsplätze durch ein gemeinsames Bildungs- und Wachstumsprogramm geschaffen werden müssen.
Unter diesen Voraussetzungen Kredite zu geben und zu bürgen, ist nach Auffassung der SPD richtig und notwendig. Wir sind uns sicher, dass das die Mehrheit der Deutschen auch so sieht. Die Voraussetzungen müssen aber gegeben sein und Beschlüsse müssen verlässlich umgesetzt werden, sonst bröckelt die Unterstützung für unser Ziel.
Europa ist in einem schmerzhaften und teuren Lernprozess und von Deutschland als stärkster Wirtschaftskraft wird viel erwartet. Wir sollten uns nicht überfordern lassen, aber wir sollten uns auch selbst nicht unterfordern! Und übrigens: bisher ist kein Euro aus Deutschland nach Südeuropa geflossen, sondern wir sind wie die übrigen europäischen Staaten als Bürgen eingetreten. Selbstverständlich ist das mit Risiko verbunden. Aber wir müssen dagegen auch abwägen, welche Vorteile die deutsche Wirtschaft aus der gemeinsamen Währung zieht.
Mit freundlichen Grüßen
Barbara Hendricks