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Barbara Hendricks
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Frage von Norbert W. •

Frage an Barbara Hendricks von Norbert W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Barbara Hendricks,

die Mehrheit der Bundesbürger hält Volksentscheide auch auf Bundesebene für sinnvoll.

Ich unterstütze die Vorschläge des Vereins Mehr Demokratie e. V. zur Einführung der Volksabstimmung in Deutschland.

Die Vorschläge sehen ein dreistufiges Verfahren vor:
- Volksinitiative: Mit 100.000 Unterschriften kann dem Bundestag ein Gesetzentwurf vorgelegt werden.
- Volksbegehren: Lehnt der Bundestag die Volksinitiative ab, kann ein Volksbegehren eingeleitet werden. Für dessen Erfolg müssen in sechs Monaten eine Million Unterschriften zusammenkommen.
- Volksabstimmung: Hier entscheidet - wie bei Wahlen - die Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Jeder Haushalt bekommt im Vorfeld eine Abstimmungsbroschüre mit wichtigen Informationen und allen Pro- und Kontra-Argumenten.
Zusätzlich sollen die Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit haben, eine Volksabstimmung gegen Beschlüsse des Bundestages einzuleiten (fakultatives Referendum) und bei wichtigen EU-Reformen und Grundgesetzänderungen mitzuentscheiden (obligatorisches Referendum).

Sehr geehrte Frau Dr. Barbara Hendricks, bitte teilen Sie mir Ihre Ansicht zu diesen Fragen mit.

Mit freundlichen Grüßen
Norbert Wagner

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Wagner,

ich danke Ihnen sehr herzlich für Ihre Anfrage zum Thema „Direkte Demokratie“. Ich teile Ihre Ansicht - und die der meisten Bundesbürger, wie Sie zurecht anmerken - zu diesem Thema und halte eine Stärkung direktdemokratischer Instrumente auf Bundesebene für dringend geboten.

Die SPD-Bundestagsfraktion hatte bereits 1993, im Anschluss an die Beratungen der Gemeinsamen Verfassungskommission, einen Gesetzentwurf eingebracht, mit dem Volksentscheide auf Bundesebene ermöglicht werden sollten. Im Jahr 2002 hatten wir zusammen mit unserem damaligen Koalitionspartner Bündnis 90/Die Grünen erneut einen Gesetzentwurf zur Einführung von Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid in den Deutschen Bundestag eingebracht, der aber am Widerstand insbesondere der CDU/CSU scheiterte. Ein solches Vorhaben setzt eine Änderung des Grundgesetzes voraus, die einer Abstimmungsmehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder in Bundestag und Bundesrat bedarf. Im Jahr 2004 haben wir deshalb nochmals versucht, die CDU/CSU-Fraktion umzustimmen, was leider nicht gelungen ist. Trotzdem hatten wir das Vorhaben nicht aufgegeben. Daher stand im Wahlmanifest der SPD zur Bundestagswahl 2005: „Wir brauchen mehr direkte Demokratie und damit den Volksentscheid.“ Im Koalitionsvertrag mit der CDU/CSU konnte dann leider nur vereinbart werden, dass die Koalition die Einführung von Elementen der direkten Demokratie „prüfen werde“. Die CDU/CSU-Fraktion hielt aber bis zuletzt an ihrer überkommenen Auffassung fest, weshalb das Vorhaben in der vergangenen Wahlperiode erneut zum Scheitern verurteilt war.

Den Standpunkt der SPD haben wir daraufhin nochmals im Hamburger Grundsatzprogramm von 2007 mit den Worten bekräftigt: „Der Verbindung von aktivierendem Staat und aktiver Zivilgesellschaft dient auch die direkte Mitsprache der Bürgerinnen und Bürger durch Volksbegehren und Volksentscheide. In gesetzlich festzulegenden Grenzen sollen sie die parlamentarische Demokratie ergänzen, und zwar nicht nur in Gemeinden und Ländern, sondern auch im Bund.“ In diesem Sinne enthielt dann auch das Regierungsprogramm der SPD zur Bundestagswahl 2009 die Aussage: "Wir wollen Volksbegehren und Volksentscheide auch auf Bundesebene ermöglichen und dabei die Erfahrungen in den Ländern berücksichtigen."

Sehr geehrter Herr Wagner, wir bleiben dabei: Demokratie ist Herrschaft des Volkes. Wir wollen den Bürgern deshalb mehr Möglichkeiten für direkte Demokratie geben. Wir werden dieses Ziel auch in der Opposition weiter verfolgen. „Wir wollen mehr Demokratie wagen“- auch 41 Jahre nachdem Willy Brandt mit diesem Satz einen Kernpfeiler der deutschen Sozialdemokratie beschrieb. Hieran hat sich bis heute nichts geändert.

Ihre
Dr. Barbara Hendricks MdB