Frage an Axel Graf Bülow von Marina G.
Wie ist Ihre Stellung zum Irakkrieg?
Halten Sie Fusionen von Krankenhäusern insgesamt für gut?
Sehr verehrte Frau Grünthal,
Zu Ihrer Frage zum Irak:
die Situation im Irak ist letztendlich das Ergebnis einer über viele Jahrzehnte verfehlten Politik der Weltmächte (Ost wie West), die mit einer eher willkürlichen Grenzziehung in der Region begann, mit dem zeitweiligen Hofieren und der massiven Unterstützung des Diktators Hussein seinen unseligen Fortgang hatte und in der Besetzung des Landes schließlich seinen vorläufigen Schlusspunkt fand. Während der gesamten Zeitspanne haben es die beiden politischen Weltblöcke immer wieder verstanden, die dortigen Machthaber für ihre jeweiligen Interessen einzuspannen. Das macht eine Beurteilung der Verhältnisse im Irak für uns Europäer so schwierig.
Ich hatte mehrfach - allerdings vor 2003 -Gelegenheit, dieses Land zu besuchen. Dabei hat mich die Freundlichkeit der Menschen fasziniert, aber auch ihre Fähigkeit beeindruckt, ihre politische Situation zu analysieren. Und dies trotz der seinerzeit sehr prekären Lage aufgrund der Embargoauflagen der UNO.
Meine Lehre aus diesen Besuchen: Wir dürfen nicht den Fehler machen, die politische Lage in den arabischen Ländern mit unseren Maßstäben messen zu wollen. Jeder Eingriff von außen wird von den Bewohnern erst einmal als unzulässige Einmischung empfunden.
Dennoch ist die derzeitige Lage insbesondere der Minderheiten im Irak und auch in Syrien durch die extremen und menschenverachtenden islamistischen Milizen in bisher ungekanntem Maß äußerst existenzbedrohend. Ich halte deshalb die gezielte Bekämpfung dieser Milizen für durchaus legitim. Sie sollte aber möglichst durch das irakische Militär selbst erfolgen. Nach dem Abzug der Besatzungsmächte aus dem Irak hat man das Land nach meiner Überzeugung in ein politisches Vakuum mit einer Regierung hinterlassen, die ganze Teile der Bevölkerung systematisch von der politischen Willensbildung ausschloss. Das wiederum hat es terroristischen Organisationen leicht gemacht, Fuß zu fassen. Schließlich wurde zu lange gewartet, die irakische Armee gut auszubilden und mit den notwendigen Mitteln zur Terrorbekämpfung auszustatten. So konnten ganze Landesteile in den Herrschaftsbereich der Milizen geraten. Deshalb scheint nunmehr wieder einmal eine Einmischung von außen unumgänglich. Ein Teufelskreis.
Die Aufrüstung der Kurden ist selbstredend ein Spiel mit dem Feuer, weil deren Bestreben nach einem eigenen Staat in der Region weiterhin besteht.
Aber Hand aufs Herz. Kann die aufgeklärte Welt zusehen, wenn ganze Dörfer oder Angehörige von Religionsgemeinschaften von diesen Terroristen brutal ausgelöscht oder vertrieben werden? Als Alternativen bleiben nach meiner Auffassung entweder die Lieferung von Waffen in die bedrohten Gebiete oder aber der Einsatz von externen Bodentruppen. Das ist eine sehr konkrete politische Zwickmühle. Ich befürworte deshalb letztendlich die Waffenlieferungen in die Krisengebiete des Irak als Hilfe zur Selbstverteidigung. Die Herbeiführung eines eigentlich wünschenswerten UNO-Beschlusses in dieser Frage scheint mir vor dem Hintergrund des Lagerdenkens in dieser Organisation derzeit nicht als geeignetes Mittel, dem Massenmord durch die Milizen im Irak schnell Einhalt zu gebieten. Keinesfalls kann ich mir vorstellen, deutsche Soldaten in den Irak zu schicken.
Zu Ihrer Frage zu Krankenhausfusionen.
Ich denke, eine pauschale Antwort auf Ihre Frage ist nicht möglich.
Sorgen bereitet mir, dass die Krankenhäuser in Brandenburg durch unterschiedliche Auslastung teilweise in ihrer Existenz gefährdet sind. Diese Gefahr nimmt mit dem Rückgang der Bevölkerung weiter zu. Nach Einzelfallprüfung können deshalb Fusionen von Krankenhäusern unter Beibehaltung der Standorte in einem ersten Schritt eine Schießung von Standorten verhindern. Ich bin mir aber sicher, dass niemand in der Brandenburger Politik Krankenhausfusionen als Selbstzweck vorantreibt.
Mit freundlichen Grüßen
Axel Graf Bülow