Frage an Axel Gehrke von Dr. Arnd T. . bezüglich Gesundheit
Im Zusammenhang mit der SARS-CoV-2 Pandemie wurde eine Überlastung des Gesundheitswesens durch mehr behandlungsbedürftige Personen mit COVID-19 befürchtet als bei allen Anstrengungen Behandlungskapazitäten zur Verfügung standen. Aktuell steht eine solche Überlastung des Gesundheitswesens kurzfristig nicht bevor.
Wie aber soll bei einer zukünftigen Überlastung des Gesundheitswesens entschieden werden? Nach welchen Kriterien soll zwischen Patientinnen und Patienten ausgewählt werden, wenn nicht für alle behandlungsbedürftigen Personen Behandlungskapazitäten zur Verfügung stehen?
Die DIVI (23.04.2020) und auch der Deutsche Ethikrat (27.03.2020) haben dazu das Konzept der ex-ante-Triage und als Verschärfung die Anwendung der ex-post-Triage vorgeschlagen.
Welche Meinung vertreten Sie zur ex-ante und ex-post-Triage?
Nach welchen Kriterien sollt über knappe und damit nicht ausreichende Behandlungskapazitäten im Gesundheitswesen entschieden werden?
Sehr geehrter Herr Dr. May,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage auf abgeordnetenwatch.de vom 4. Juni 2020 zu Fragen der Behandlungskapazitäten im Kontext der SARS-CoV-2 Pandemie. Die AfD-Bundestagsfraktion betrachtet es nicht als eine politische, sondern als eine medizinische Aufgabe, Verfahren für den Fall festzulegen, dass eine Triage in Katastrophen- oder Verteidigungsfällen einmal erforderlich sein sollte. Das Hauptaugenmerk muss dabei darauf liegen, die bestmögliche medizinische Versorgung der Bürger sicher zu stellen.
In der gegenwärtigen Corona-Pandemie ist es vor allem die Triage, welche alle Beteiligten vor juristische, ethische und emotionale Herausforderungen stellen kann. Glücklicherweise war die befürchtete Überlastung des deutschen Gesundheitssystems einschließlich der Intensivstationen der Krankenhäuser bedingt durch die SARS-CoV-2 Pandemie bislang nicht ansatzweise zu verzeichnen. Durch regionale und überregionale Notfalltransporte konnten bisher harte Triageentscheidungen in Deutschland vermieden werden. Diese sind auch zukünftig – zumindest was COVID-19 betrifft – nicht zu erwarten.
Nach DIVI und dem Deutschen Ethikrat werden grundsätzlich zwei Konstellationen bei der Zuteilung knapper medizinischer Ressourcen diskutiert: die sogenannten „Ex-ante Triage“ und „Ex-post-Triage“. Wenn für die Patientenauswahl ausschließlich die klinische Erfolgsaussicht von Bedeutung wäre, würde dies bedeuten, dass eine Kategorisierung der Patienten vorgenommen würde. Dies ist mit dem Menschenbild und dem Schutz der Würde des Menschen nach unserem Grundgesetz unvereinbar, ganz abgesehen davon, dass die Kategorisierung sich im Nachhinein auch als falsch herausstellen könnte.
Wesentlich für das Vorgehen in nächster Zukunft ist die weitgehende Vermeidung der beschriebenen Triage-Situationen. Im Vordergrund sollten in nächster Zeit die Maßnahmen stehen, welche langfristige Lösungen verfügbar machen. Hierzu gehören die Stärkung und Stabilisierung der Kapazitäten des Gesundheitswesens insbesondere der Pflege, Einführung eines flächendeckenden Systems zur Erfassung und optimierten Nutzung von Intensivkapazitäten. Zudem ist anzumerken, dass im digitalen Zeitalter der Austausch über verfügbare Kapazitäten zwischen den Kliniken ein Leichtes ist. Eine weitere Option ist die Möglichkeit zu prüfen, ob assistierende manuelle Beatmung hilft, Zeit zu überbrücken und zu gewinnen für eine erfolgreiche intensivmedizinische Versorgung.
Der Gesetzgeber könnte Empfehlungen für die Zuteilung von Kapazitäten in Triage-Situationen geben, doch es sollte auch im Interesse der Patienten keine zu enge Reglementierung der Intensivmediziner vorgegeben werden. Diese haben aufgrund Ihrer Berufserfahrung vor Ort die beste Einschätzung jedes Einzelfalles und der bestmöglichen Patientenversorgung. Zudem sollte aufgrund des durch jeden Mediziner geleisteten Hippokratischen Eides das entsprechende Vertrauen entgegengebracht werden.
Mit freundlichen Grüßen und guten Wünschen
Ihr A. Gehrke