Frage an Axel Gedaschko von Bernd L. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Gedaschko,
Sie als Befürworter des Kohlekraftwerks Moorburg begründen Ihre Ablehnung von Gaskraft u. a. mit der Abhängigkeit von russischen Importen. Für die Stromerzeugung wurden 2006 11% des in Deutschland verbrauchten Gases eingesetzt ( http://www.eon-ruhrgas.com/cps/rde/xbcr/SID-3F57EEF5-4B6E00CC/er-corporate/ErdgasImUeberblick_2007.pdf , Seite 7). Das Prognos/EWI-Gutachten der Bundesregierung zum Energiegipfel im vergangenen Juli kommt zu dem Ergebnis, dass der Einsatz von Gas in neuen Kraftwerken zu keiner Steigerung der Importabhängigkeit führt, weil über Gebäudesanierung entsprechende Gasmengen im Wärmesektor freigesetzt werden. Die DLR Leitstudie des Bundesumweltministeriums zur Klimagasreduktion prognostiziert eine Reduzierung des Gasverbrauchs durch bessere Energieausnutzung, Kraft-Wärme-Kopplung, energetische Sanierung trotz eines Ausbaus von Gaskraft.
90 Prozent des russischen Erdgases fließen derzeit in den Westen - Alternativmärkte gibt es nicht. Gasprom hätte bei einem Lieferstopp gigantische, möglicherweise ruinöse Einnahmeverluste. Noch verlässt sich Deutschland auf den Lieferanten Russland - im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern. ( http://www.zeit.de/online/2007/52/abhaengigkeit-deutschland-russland?page=all )
Die Gaspreise sind vergleichsweise hoch wegen mangelnder Wettbewerbsbedingungen. Ihre Partei hat nicht den Mut dieses zu ändern (von Herrn Rhiel in Hessen mal abgesehen).
Falls die EU mit dem Klimaschutz ernst macht und Kohle beim CO2 Emissionshandel ab 2013 nicht mehr bevorzugt, ist diese bald unwirtschaftlich. Investoren und Versorger spekulieren (pokern?) offenbar, von der Politik noch mehr Subventionen zu erhalten (RWE und Evonik Steag haben mit Investitionsstopp gedroht und Bauvorhaben gestoppt. http://www.financialtimes.de/unternehmen/industrie/:RWE%20Steag%20Bau%20Kraftwerken/310653.html ).
Ist Gas also nicht doch sicherer für die Stromerzeugung als Kohle?
Mit freundlichen Grüßen, Bernd Liefke
Sehr geehrter Herr Liefke,
in Deutschland beruht die Sicherheit der Stromversorgung bislang auf einem Mix aus Stein- und Braunkohle, Kernkraft, Erdgas und erneuerbaren Energien. Dabei liefern die Kohlekraftwerke rund die Hälfte der Erzeugung, die Kernenergie 27%, Erdgas und erneuerbarer Energien jeweils 12 % (Anteile 2006/Quelle: BDEW). Der Anteil von Strom aus erneuerbarer Energie soll bis zum Jahr 2020 auf 25 bis 30% steigen.
Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die Rechtslage zum Verzicht auf die Kernenergie ist die Verstromung von Kohle in der Grundlast absehbar unverzichtbar. Allerdings ist ein solcher unvermeidbarer Kohlepfad klimapolitisch nur dann vertretbar, wenn es gelingt, das entstehende Kohlendioxid abzuscheiden und dauerhaft geologisch zu speichern.
Wollte man bis über das Jahr 2020 hinaus jährlich 150 TWh Kernenergie-Strom durch Erdgas ersetzen, erfordert dies eine Steigerung des Erdgasimportes von heute etwa 92 Mrd. m³ um weitere 20 Mrd. m³ p.a. Zweifellos käme es zu weiteren Preissteigerungen beim ohnehin schon teuren Erdgas. Die Importabhängigkeit von Deutschland beim Erdgas liegt heute schon bei deutlich über 80 % und die Annahme, über die Gebäudesanierung den Erdgasverbrauch im Wohnungsbestand im gleichen Zuge zu reduzieren, ist unter klimapolitischen Aspekten sehr ehrenwert geht aber an den realen Erwartungen deutlich vorbei. So schnell reduzieren wir den Wärmeverbrauch im Bestand bei allen Anstrengungen nicht. Das mag die Prognos-Studie vielleicht anders sehen, aber das tatsächliche Leben läuft nicht nach Studien ab. Sie sollten sich ggf. auch daran erinnern, dass das frühere Gaskraftwerk Moorburg seinen Betrieb eingestellt hat und abgerissen wurde, weil es zu teuren Strom produzieren, noch zu einer Zeit, als der Gaspreis deutlich niedriger war als gegenwärtig.
Sie berufen sich bei Ihrem Einwand auf E.ON Ruhrgas. Sie sollten sich vielleicht fragen, ob Sie mit diesem auf Gasverkauf ausgerichteten Konzern nicht den "Bock zum Gärtner" machen. Da E.ON vom Gasverkauf lebt, muss man nicht überrascht sein. Es gibt zudem ja bereits genügend Äußerungen, dass die Gaspreise weiter steigen werden, um bis zu 40% allein im Jahr 2008, so der russische Präsident.
Was den Wettbewerb auf dem Gasmarkt angeht, sind mit der Energierechtsreform und der Tätigkeit der Bundesnetzagentur erhebliche Fortschritte zur Entwicklung des Wettbewerbes bereits erfolgreich unternommen worden. Der staatliche Einfluss betrifft hier primär nur die Leitungsnetze (insbesondere die großen Transportleitungen). Die sind für die Wettbewerber offen. Wettbewerbsfortschritte sind auch beim Transport durch die Leitungen erzielt worden. Im Gegensatz zu Strom (und darauf beschränkt sich die Initiative von Min. Dr. Rhiel) wird Gas aber kaum im Inland produziert. Die Produzenten sitzen außerhalb der nationalen Grenzen. Der national staatliche Einfluss ist beim Gas ähnlich "groß" - bzw. nicht vorhanden - wie bei den großen Mineralölunternehmen und noch viel mehr auf die staatsmonopolisierten Fördererländer. So gesehen hilft da auch der Hinweis Herr Rhiel nicht weiter.
Es ist richtig, dass mit dem EU-Zertifikate-Handel die Kohleverstromung absehbar teuer wird. Das ist ein gewollter Lenkungseffekt. Unsere staatliche Wirtschaftsordnung überlässt die daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen aber den Unternehmen selber. Die Politik kümmert sich darum, die unverzichtbare Kohleverstromung umweltverträglicher zu gestalten. Das machen wir mit dem Weg in die CCS-Technologie.
Mit freundlichen Grüßen
Axel Gedaschko