Frage an Arnold von Bosse von Frank B. bezüglich Familie
Als Familienvater interessiert mich vorallem Familienpolitik.
1. Die Kosten für einen Tagesplatz in der Krippe belaufen sich auf ca. 250 Euro pro Kind.
Welche Vorstellungen haben die Grünen bei der Unterstützung von Familien?
2. Wird es auch unter einer Grünen Regierung noch das Elterngeld geben?
3. 10 Tage Krankschreibung auf das Kind, darüber kann gekündigt werden, wie sehen Sie diese Rechtslage?
Außenpolitik
1. Nach dem Luftangriff auf Zivilisten in Afghanistan, wie ist die Stellung zum Krieg dort - weiterso - deutsche Soldaten nach Afghanistan?
Arbeit
1. In Mecklenburg Vorpommern werden Löhne gezahl, die weit unter dem Lohnniveau sind, immer mehr Menschen verlassen dieses Land, was wollen Sie dagegen tun?
Vielen Dank
Frank Börner
Sehr geehrter Herr Börner,
Vielen Dank für Ihre Fragen, die ich wie folgt beantworten möchte:
1. Die Kosten für einen Tagesplatz in der Krippe belaufen sich auf ca. 250 Euro pro Kind. Welche Vorstellungen haben die Grünen bei der Unterstützung von Familien?
Bündnis 90/Die Grünen fordern einen Rechtsanspruch auf einen qualitativ hochwertigen Tagesbetreuungsplatz ab dem ersten Lebensjahr des Kindes. Gleichzeitig sind wir der Überzeugung, dass wir eine Beteiligung des Bundes an der Kita-Finanzierung brauchen. Die bestmögliche Förderung der Kinder erfordert größte gemeinsame Anstrengungen von Bund, Ländern und Kommunen.
Wir wollen nicht, dass sich Elternbeiträge als Zugangshürden für Kinder aus einkommensschwachen und bildungsfernen Familien auswirken, sodass sie von frühkindlicher Förderung ausgeschlossen werden. Elternbeiträge müssen sozial gerecht gestaltet sein und schrittweise ganz abgebaut werden. Zunächst soll jeweils ein Betreuungsjahr gebührenfrei sein.
2. Wird es auch unter einer Grünen Regierung noch das Elterngeld geben?
Mit dem Elterngeld hat die große Koalition ein originär rot-grünes Vorhaben umgesetzt. Dies hat den meisten Eltern die Angst vor massiven Einkommensverlusten nach der Geburt ihres Kindes genommen. Auch potenzielle Eltern mit höheren Einkommen - unter ihnen rund 16 Prozent Väter - sind durch das Elterngeld motiviert, den Wunsch nach dem Kind zu realisieren und eine berufliche Auszeit zu nehmen, ohne der eigenen beruflichen Entwicklung allzu sehr zu schaden.
Leider hat die große Koalition trotz unserer eindringlichen Warnungen den zweiten vor dem ersten Schritt gemacht. Mit Ablauf der Elterngeldzeit zeigt sich für viele Eltern das Vereinbarkeitsproblem in voller Härte. Vor allem in Westdeutschland gibt es gerade mal für 10 Prozent der Kleinsten ein Angebot. In Ostdeutschland sind es - immerhin annähernd zufriedenstellend - gut 38 Prozent. Daher muss parallel dazu das Betreuungsangebot ausgebaut werden.
Darüber hinaus wollen wir die gleichzeitige Teilzeittätigkeit beider Eltern in der Elternzeit vereinfachen sowie die Partnermonate je Elternteil auf vier ausweiten.
3. 10 Tage Krankschreibung auf das Kind, darüber kann gekündigt werden, wie sehen Sie diese Rechtslage?
Bei Krankheit eines Kindes kann man sich als gesetzlich versicherter Elternteil unbezahlt bis zu 10 Arbeitstagen im Jahr (bei mehreren Kindern 25 Tage) vom Arbeitgeber freistellen lassen. Die Krankenkasse zahlt in dieser Zeit Krankengeld. Voraussetzung für diese Freistellung ist, dass das Kind noch keine 12 Jahre alt ist, die Betreuung aus ärztlicher Sicht erforderlich ist und im Haushalt keine andere Person lebt, die das Kind betreuen kann. Privat Versicherten steht dieser Anspruch nicht zu. Sie können sich daher vom Arbeitgeber nur für kurze Zeit - allerdings unter Weiterzahlung der Vergütung - freistellen lassen, damit um dass Kind zu betreuen und/oder nach einer anderen Betreuungsperson zu suchen.
Unternehmen profitieren von einer familienfreundlicheren Gestaltung der Arbeitswelt. Wir unterstützen den Abschluss von Vereinbarungen, die die Bedürfnisse der Eltern aufnehmen wie z. B. familienfreundliche Arbeitszeit- und Elternzeitregelungen oder Förderung von flexiblen Kinderbetreuungsangeboten. Wir wollen zudem Netzwerke fördern, die Eltern in kritischen Situationen auch durch ganz praktische Hilfen unterstützen, bspw. indem sie zeitweise die Betreuung kranker Kinder übernehmen.
4. Nach dem Luftangriff auf Zivilisten in Afghanistan, wie ist die Stellung zum Krieg dort - weiter so - deutsche Soldaten nach Afghanistan?
Es gibt gute und weniger gute Gründe für oder gegen ein Engagement Deutschlands und der internationalen Staatengemeinschaft in Afghanistan. Die Grünen teilen nicht die überspitzte Formulierung des ehemaligen Verteidigungsministers, Peter Struck, dass Deutschland am Hindukusch verteidigt wird. Ebenso unsinnig und unhaltbar sind unseres Erachtens Behauptungen, es ginge in Afghanistan um den Zugang zu Öl und Gas.
Wir wollen Afghanistan auf dem Weg zu einer friedlichen und demokratischeren Zukunft weiterhin mit Kräften unterstützen, wollen aber angesichts der verschlechterten Lage im Lande auch eine realistische und offene Diskussion über die Mittel und Instrumente. Beim Aufbau des Bildungs- und Gesundheitswesens, aber auch im wirtschaftlichen Bereich hat es bei allen Defiziten in den vergangenen Jahren enorme Fortschritte gegeben. Dringend benötigt und bis heute nicht stattgefunden hat aber eine offene und selbstkritische Evaluierung bzw. Bilanzierung des gesamten deutschen Einsatzes. Die große Koalition hat ein Interesse daran, in Deutschland das unpopuläre Thema der Auslandseinsätze nicht ansprechen zu müssen.
Um den schwierigen Aufbau in Afghanistan erfolgreich voranzutreiben, ist ein Kurswechsel notwendig, der den Schwerpunkt auf Maßnahmen legt, die die Lebenssituation der Menschen dort konkret verbessert. Das heißt:
- mehr zivile Hilfe,
- Stärkung der Menschenrechte und der Zivilgesellschaft,
- Staatsaufbau verbessern (insb. Polizei und Justiz),
- keine kontraproduktiven Militäreinsätze wie Operation Enduring Freedom
(OEF).
Die Bundeswehr-Präsenz in Afghanistan ist grundsätzlich sinnvoll, wenn sie dazu dient, den zivilen Aufbau abzusichern. Die unausgewogene Militärlastigkeit des Ansatzes der derzeitigen Bundesregierung hat aber erheblich dazu beigetragen, dass Bündnis 90/Die Grünen dem Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr seit 2007 mehrheitlich nicht mehr zugestimmt haben. Wir sind für die sofortige Beendigung von OEF wegen seiner fehlenden völkerrechtlichen Legitimation und kontraproduktiven Wirkung.
Um einen Kurswechsel herbeizuführen, fordern wir vor allem eine Aufstockung der Mittel im Bereich Polizeiaufbau und Justiz. Wir wollen darüber hinaus den zivilen Aufbau insbesondere in den Bereichen Landwirtschaft, Arbeitsmarkt und Menschenrechte stärken. Die Afghanen müssen mehr Eigenverantwortung übernehmen.
Ein Sofortabzug der Truppen würde bedeuten, dass die rivalisierenden Gruppen den Bürgerkrieg der 90er Jahre in alter Brutalität fortsetzen. Meine Partei ist im engen Kontakt mit der noch kleinen, aber stetig wachsenden Zivilgesellschaft in Afghanistan. Unsere Kontaktpersonen dort bitten uns immer wieder darum, das Land und die Menschen trotz der großen Schwierigkeiten nicht im Stich zu lassen. Wir brauchen daher einen politisch-militärischen Fahrplan für einen schrittweisen und verantwortungsbewussten Rückzug der Truppen aus Afghanistan.
5. In Mecklenburg Vorpommern werden Löhne gezahlt, die weit unter dem Lohnniveau sind, immer mehr Menschen verlassen dieses Land, was wollen Sie dagegen tun?
Bündnis 90/Die Grünen fordern einen Schutz vor Lohndumping für alle Beschäftigten in allen Branchen. Eine Lohnuntergrenze ist dringend notwendig, um Lohndumping eine klare Absage zu erteilen, auch und gerade wegen des Wettbewerbsdrucks auf dem Arbeitsmarkt. Wir fordern die Einrichtung einer Mindestlohn-Kommission, die einen Mindestlohn von mindestens 7,50€ festlegt. Höhere branchen- und regionalspezifische Mindestlöhne sind möglich.
Daneben werden durch das grüne Progressiv-Modell gezielt die Lohnnebenkosten für diejenigen verringert, deren Einkommen vor allem von hohen Sozialversicherungsbeiträgen aufgezehrt werden. Die Minijobs, in den vor allem Frauen zu geringen Löhnen und ohne eigene soziale Absicherung arbeiten, wollen wir im Rahmen des Progressiv-Modells abschaffen und alle Beschäftigten in die Sozialversicherungen aufnehmen.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Arnold von Bosse