Hallo Herr Gottschalk, warum wird wieder ein Bürokratiemonster namens Ausbildungsangabe geschaffen? Viele Schulabgänger sind nicht ausbildungsfähig, dafür soll nun die Wirtschaft zahlen!
Sehr geehrter Herr M.,
solche pauschalen Abqualifizierungen werden dem Thema nicht gerecht. Wir bewegen uns auf einen großen Mangel an Fachkräften zu. Auch aus der Sicht der Wirtschaft können wir es uns deshalb nicht mehr erlauben, einen Teil der Schulabgänger vorschnell abzuschreiben.
Sicherlich gibt es nicht wenige Schulabgänger, die hinsichtlich ihrer Qualifikationen Wünsche offen lassen. Die Gründe dafür sind unterschiedlich. Gerade in den letzten Jahren haben wir es mit nicht wenigen Jugendlichen zu tun, die erst relativ spät aus anderen Ländern zu uns gekommen sind und die deshalb wegen der Sprache große Probleme in der Schule hatten. In solchen und anderen Fällen bedarf es zusätzlicher Hilfs- und Unterstützungsangebote, um die Betreffenden ausbildungsfähig zu machen. Auch dafür sollen Mittel aus dem Ausbildungsfonds bereit gestellt werden. Und ja: ich finde es richtig, dass dabei die Unternehmen mit gefordert werden. Denn letztlich berührt es alle Unternehmen, ob wir in Bremen erfolgreich sind, möglichst viele junge Menschen ausbildungsfähig zu machen und auszubilden oder ob uns das nicht gelingt.
Überdies wäre es gänzlich falsch zu sagen: Wer keinen Ausbildungsplatz bekommen hat, ist auch nicht ausbildungsfähig. Wir müssen immer mitbedenken, dass Bremen kein geschlossener Ausbildungsmarkt ist, sondern auch Jugendliche aus Niedersachsen (oder sogar anderen Bundesländern) einen Ausbildungsplatz in Bremen bekommen. Berücksichtigt man dies, so ist der Befund eindeutig: es gibt gegenwärtig in Bremen nicht genügend Ausbildungsplätze, um alle bremischen Ausbildungswilligen zu versorgen.
Genau darauf zielt dann auch der Ausbildungsfonds: Er setzt mit den Zuschüssen finanzielle Anreize für Unternehmen und Handwerksbetriebe, zusätzliche Ausbilungsplätze anzubieten. Oder Ausbildungswillige einzustellen, die zunächst etwas mehr Betreuungsbedarf in der Ausbildung haben.
Dass dabei ein "Bürokratiemonster" geschaffen werde, ist reine Ideologie, die wohl nicht zuletzt mit der demnächst anstehenden Wahl zu tun hat. Und was die Belastungen der Wirtschaft betrifft: sie bewegen sich im Promillebereich der Bruttolohnsummen und belasten im Wesentlichen nur die, die nicht ausbilden. Diejenigen Unternehmen und Handwerksbetriebe, die ausbilden - und gemessen an ihrer Größe auch genügend ausbilden - werden demgegenüber in spürbarer Weise belohnt.