Frage an Arnd Klinkhart von Benjamin H. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Klinkhart,
1. Was würden Sie für den Verkehr tun, um mehr Lebensqualität für alle Menschen zu erreichen?
2. Wie stehen Sie zu Grünflächen, Umwelt- und Naturschutz in einer wachsenden Stadt?
3. Welches Projekt im Bereich Bildung/Kultur liegt Ihnen besonders am Herzen?
Vielen Dank für Ihre Antworten und freundliche Grüße
B. H.
Sehr geehrter Herr Harders,
vielen Dank für Ihre Fragen an mich. Gern beantworte ich diese, wie folgt:
1. Was würden Sie für den Verkehr tun, um mehr Lebensqualität für alle Menschen zu erreichen?
Die Situation des Straßenverkehrs in Hamburg ist extrem angespannt. Wir alle kennen die Momente, in denen eine einzige Baustelle oder eine Straßensperrung schnell zu einem Erliegen des gesamten Autoverkehrs in einem Stadtteil führt. Dies weist auf eine absolute Belastungsgrenze des automobilen Verkehrs in Hamburg hin. Die Lösung in einer Großstadt kann daher nicht im weiteren Vorrang für den Autoverkehr liegen, sondern muss die Kapazitäten der Schiene und des Radwegenetzes nutzen und diese massiv ausbauen. Wir Piraten wollen die Attraktivität des Öffentlichen Schienennahverkehrs, sowie des gesamten weiteren ÖPNV dadurch erhöhen, dass eine Nutzung ohne Fahrschein jederzeit möglich ist. Hier wollen wir die Kosten mit einer Umlage finanzieren, die von allen zu tragen ist. Dies würde auch Gäste der Stadt betreffen, die mit einer Fremdenverkehrsabgabe (zB über die Übernachtungskosten) an der Finanzierung beteiligt werden können. Ich persönlich könnte mir auch Vorstellen, dass die kürzlich weggefallene Parkplatzabgabe für Bauherren wieder eingeführt und zu einer Nahverkehrsabgabe umgewandelt wird.
Der ÖPNV wird aber nur dann genutzt, wenn er auch wirklich flächendeckend zur Verfügung steht. Zur Anbindung bisher unterversorgter Stadtteile möchten wir die Stadtbahn wieder ins Gespräch bringen und ein entsprechendes Angebot zusammen mit den betroffenen Bürgern entwickeln. Die Pläne des Senats, weitere U-Bahn-Strecken einzuführen, sind m.E. ein Griff in die Phrasenkiste des Wahlkampfes. Diese Pläne und Versprechen gibt es teilweise seit meiner Kindheit. Passiert ist in dieser Richtung hingegen nichts.
Weitere wichtige Maßnahmen sind die rasche Instandsetzung vorhandener Fahrradwege und die Einführung von bevorzugten Fahrradspuren, bis hin zu kompletten Fahrradschnellwegen im gesamten Stadtgebiet, der Ausbau des Stadtrad-Angebotes und die Steigerung der Attraktivität von vorhandenen und der Ausbau des Angebotes an Fahrradstellplätzen an Bahn- und Busstationen.
Ein persönliches Anliegen sind mir die Ausweisung von Zonen ohne motorisierten Individualverkehr in besonders kritischen Gebieten und die Einführung von sogenannten "Shared Spaces", in denen durch den Wegfall der Bevorzugung des Kraftverkehrs ein ruhigerer und flüssigerer Verkehrsstrom aller Beteiligten ermöglicht wird. Auch hier muss mit den Hamburgerinnen und Hamburgern zusammen ein gemeinsames Konzept erarbeitet werden. Nur mit echter Beteiligung an den Planungsprozessen kann so auch die Akzeptanz auf Dauer gewährleistet werden.
Unser gesamtes Programm zum Verkehr finden Sie hier: https://hamburgwahl.piratenpartei.de/programm/#verkehr
2. Wie stehen Sie zu Grünflächen, Umwelt- und Naturschutz in einer wachsenden Stadt?
Hamburg ist im Vergleich zu vielen anderen Städten eine Stadt mit vielen attraktiven Grünflächen. Diese zu erhalten und wo möglich zu erweitern muss oberstes Gebot bleiben. Eine wachsende Stadt kann nicht weniger Naherholung bieten, sie muss in Gegenteil mehr Flächen vorhalten, für mehr Bürger. Hier hat Hamburg entscheidende Fehler gemacht und Flächen für Gewerbebau ausgewiesen, die im direkten Wohnumfeld als Grünflächen mehr Nutzen für Mensch und Umwelt hätten haben können. Aber Umweltschutz ist eben nicht nur das Grün vor der Haustür, sondern fängt in Hamburg beim Verkehr an (Lösungen sh. unter 1. oben) und geht bis weit über die Elbemündung hinaus. Elbvertiefung und Hafenausbau etc. sind in diesem Zusammenhang sehr dicke Brocken. Wenn man die mit Schweröl betriebenen Schiffe schon bis mitten in die Stadt fahren lassen muss, dann sollte Hamburg sich international stark machen für eine stetige Verringerung der Schadstoff-Emissionen von Seeschiffen. Als Anteilseigner der Hapag-Lloyd muss die Stadt sogar mit gutem Beispiel vorangehen und für eine strikte Einhaltung der Grenzwerte und die weltweite Einführung von Landstromversorgungen eintreten. Den Hafen in den Mittelpunkt des wirtschaftlichen Tuns zu stellen, ist eine sehr bequeme Sache. Der Hafenwirtschaft aber immer wieder durch Elbvertiefung und Erweiterungsflächen den Naturschutz zu opfern ist genau so falsch, wie die Aufschüttung des Mühlenberger Lochs für die Werkserweiterung von Airbus.
Hamburg muss in dieser Hinsicht sehr sorgfältig mit seinen Naturressourcen umgehen und sich der Einmaligkeit der Elblage mit Süßwasserwatten und den Besonderheiten der Geestlage immer bewusst bleiben.
3. Welches Projekt im Bereich Bildung/Kultur liegt Ihnen besonders am Herzen?
Es gibt so viele wichtige Dinge zu Bildung zu sagen, dass sie ganze Bücher füllen. Der wichtigste Punkt ist mir aber der niedrigschwellige und kostenfreie Zugang zur Bildung für wirklich alle. Kinder mit speziellen Bedürfnissen - egal ob körperlich, seelisch/geistig oder durch das soziale Umfeld oder Herkunft bedingt - sind hier besonders zu fördern und ein gleichwertiger Zugang zu allen Bereichen der Bildung zu ermöglichen. Dies muss unbedingt bereits im KiTa- und Vorschulbereich möglich sein und setzt eine bessere Ausbildung und Bezahlung in den Pädagogischen Berufen ebenso voraus, wie ein Ausbau der Stellen in ebendiesem Bereich.
Freier Zugang zu Bildung heißt aber auch, dass Restriktionen jeglicher Art durch Lizenzgebühren, Vervielfältigungshemnissen etc. wegfallen müssen. Dies gilt für Schulmaterialien ebenso, wie für Forschungsergebnisse im akademischen Bereich, die mit öffentlichen Mitteln gefördert wurden.
Zu vielen weiteren Aspekten der Bildung haben wir unser Programm über die Jahre entsprechend erweitert. Die Ergebnisse finden Sie hier: https://hamburgwahl.piratenpartei.de/programm/#bildung
Im Bereich der Kultur hat Hamburg in den letzten Jahrzehnten viel zu wenig für unabhängige Projekte getan. Hier fehlt in Hamburg ganz eindeutig der Raum wir eine Erweiterung des kulturellen Tuns. Kultur ist mehr, als Musicals, die sich vornehmlich an touristische Zielgruppen wenden. Unter Kultur verstehen ich jegliches menschliche Handeln, das nicht direkt einem existenziellen Zweck dient, sondern der Erbauung und dem Streben nach seelischem und körperlichem Ausgleich. Dies beginnt mit Angeboten an Sport und Spiel in allen Facetten und an der Ermöglichung künstlerischer Betätigung im näheren und erweiterten Umfeld. Hamburg benötigt nicht Millionen für Musiktheater, sondern Kultur für Millionen.
Ich hoffe, Ich konnte Ihre Fragen zufriedenstellend beantworten und stehe für den weiteren Austausch gern jederzeit zur Verfügung.
Vielen Dank für Ihr Interesse und viele Grüße aus Ottensen,
Arnd Klinkhart