Frage an Anton Hofreiter von Michael B. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Dr. Hofreiter,
in Ihrem Interview vom 23.02.2012 in der Welt Online plädieren Sie dafür, dass das Benzin immer noch zu billig ist.
Diese Forderungen untermauern Sie damit, dass erst dann die Automobilindustrie anfangen würde spritsparende Fahrzeuge zu bauen, bzw. auf alternative Antriebe umzuschwenken.
Ich denke, dass das der falsche Weg ist. Auf diese Weise treffen Sie nur die Autofahrer und nicht die Automobilindustrie. Sie scheinen zu vergessen, dass viele Menschen das Auto brauchen um zur Arbeit zu kommen.
Was gäbe es für Alternativen?
Elektroauto:
Die Reichweite eines Elektroautos liegt bei rund 100 bis 150km. Im Stadtverkehr sehr gerne auch weniger. Mein Arbeitsweg beträgt einfach 46,85 km und dort gibt es keine Möglichkeit das Auto zu laden. Aber auch der Strom wird ja immer teurer.
Auch sind Elektroautos meist doppelt so teuer wie vergleichbare Benziner/Diesel.
Wasserstoffauto:
Die Leistung von Wasserstoffmotoren, sowie die Gewinnung von Wasserstoff und auch die Schmiereigenschaften sprechen eher dagegen als dafür.
Hybridfahrzeuge:
Auch diese benötigen Benzin.
Zu allen Alternativen gilt jedoch, dass diese Technik einfach noch relativ teuer ist. Und nicht jeder die erforderlichen Mittel für eine solche Anschaffung zur Verfügung hat.
Ich fahre übrigens täglich mit dem ÖPNV zur Arbeit. Aber ich muss mit dem Auto zum Bahnhof fahren, weil um 5:20 Uhr noch kein Bus unterwegs ist. Durch den ÖPNV bin ich aber jeden Tag zwei Stunden länger unterwegs. Zwei Stunden, die ich jeden Tag von meiner Familienfreizeit abziehen muss.
Was halten Sie davon, die Daumenschrauben nicht immer beim Endverbraucher anzusetzen, sondern vielleicht mal direkt bei der Industrie?
Wie kommen Sie täglich zur Ihrem Arbeitsplatz?
Mit freundlichen Grüßen
M. Beer
Sehr geehrter Herr Beer,
vielen Dank für Ihre Nachricht auf abgeordnetenwatch.de. Wie Sie bin ich fast ausschließlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs.
Ja, ich stimme Ihnen zu: die Daumenschrauben müssen "direkt bei der Industrie angesetzt" werden und "nicht immer beim Endverbraucher", um Sie zu zitieren. Das war genau meine Botschaft, die ich im Interview mit der Welt Online vermitteln wollte. Deswegen setzen wir Grüne uns übrigens seit langem dafür ein, dass es Verbrauchsobergrenzen bei neuzugelassenen PKWs geben soll. Dann wäre die Industrie gezwungen, sparsame Modelle anzubieten, und der Verbraucher würde davon profitieren, weil er mit weniger Sprit genauso mobil wäre. Das ist Grüne Politik. Leider konnten wir uns damit nicht durchsetzen. Fast alle Länder in der EU wollten diesen Plan ursprünglich auf EU-Eben so realisiert sehen. Bedauerlicherweise ist es der Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihrer Regierung gelungen, diese sinnvolle Initiative auf EU-Ebene zu verhindern. So dürfen nun weiterhin Autos beliebig viel Sprit verbrauchen - und der Autofahrer muss es an der Tankstelle bezahlen. Das ist die Politik der Bundesregierung.
Noch ein Wort direkt zu den Spritpreisen: wenn wir ehrlich sind, müssen wir uns im Klaren sein, dass der Treibstoffpreis aufgrund der Ressourcenverknappung ("Peak Oil") ohnehin steigen wird. Daher sorgt eine kluge, vorausschauende Politik, die Mobilität dauerhaft und für alle Bevölkerungsschichten sicherstellen will, für eine schrittweise Unabhängigkeit vom Öl. Das wollen wir Grüne erreichen. Das Ziel kann nicht heißen "billiger Sprit für alle", denn das Ziel ist leider wegen der Ressourcenverknappung unmöglich zu erreichen. Das Ziel muss heißen "Mobilität für alle, unabhängig vom Rohöl". Wir müssen heute die Weichen für morgen stellen, dass wir schrittweise auch im Mobilitätsbereich vom Öl unabhängig werden: sparsame Motoren, alternative Antriebskonzepte, bessere öffentliche Verkehrsmittel sind Bausteine davon. Sie sprechen es in Ihren Beispielen an. Dass das nicht von heute auf morgen geht, ist klar. Aber die Richtung ist in meinen Augen eindeutig: Vor 20 Jahren war Fotovoltaik noch ein Spielzeug für Technik-Liebhaber. In wenigen Jahren wird Solarstrom aufgrund der Massenproduktion der Anlagen billiger sein als konventioneller Strom. So wird es auch bei alternativen Techniken im Mobilitätsbereich sein, wenn wir jetzt sinnvolle Innovationen fördern.
Freundliche Grüße
Markus Büchler