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Antje Möller
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Frage von Barbara U. •

Frage an Antje Möller von Barbara U. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Möller

Innerhalb kurzer Zeit muss sich die Härtefallkommission nunn zum 2. Mal mit einem Abschiebungsversuch der Ausländerbehörde befassen.
Mit großer Betroffenheit muss ich feststellen, dass es sich in beiden Fällen um gut integrierte junge Menschen handelt. Im Fall von Ayo ist der Vater eingebürgert worden. Zählt Artikel 6 unseres Grundgesetzes für deutsche Neubürger nicht?
Sind die Informationen für Neubürger so unzureichend, dass anscheinend (häufiger) versäumt wurde, für die Kinder ebenfalls die Einbürgerung zu beantragen?
Warum kann man Kinder von eingebürgerten Deutschen nicht ebenfalls einbürgern, wenn sie es wünschen? Das ging doch bei polnischen Staatsbürgern deutscher Abstimmung doch auch.

Ayo ist gut integriert, wie man an den Bemühungen seiner Mitschüler und Sportsfreunde aus Presemeldungen erkennen kann, außerdem noch gut begabt und strebt sein Abitur an.
http://www.spiegel.de/schulspiegel/schueler-kaempfen-per-facebook-gegen-abschiebung-eines-klassenkameraden-a-873353.html
Einerseits beklagen Politiker, dass wir zu wenig Kinder haben, andererseits weist man Jugendliche, die gewillt sind hier zu leben, einfach ab, obwohl erkennbar ist, dass sie in ihrer
Heimat keine unterhaltspflichtigen Familienmitglieder haben; denn Ayos Vater lebt hier.
Sehen Sie eine Möglichkeit, solche Fälle wie diesen hier, künftig zu vermeiden?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Hallo Frau Uduwerella,

vielen Dank für Ihre Frage. In diesem Jahr hatten wir aus meiner Sicht im Eingabenausschuss besonders viele Fälle von Jugendlichen und Kindern zu bearbeiten, die durch das restriktive Ausländerrecht eigentlich keine Chancen für einen weiteren Aufenthalt in Deutschland haben. Davon sind einige öffentlich geworden, viele andere nicht. Die Situation in der sich die Jugendlichen oder deren Familien jeweils befinden ist dabei oft nicht vergleichbar. Betroffen sind z.B. Kinder aus Roma-Familien die erst seit kurzer Zeit hier sind, genauso wie schon jahrelang hier lebende z.B. afghanische Jugendliche.

Das Ausländergesetz sieht nach §23 a die Härtefallkommissionen vor, um im Einzelfall nach humanitären Gesichtspunkten entscheiden zu können. Da kann ein Grund das bevorstehende Abitur, genauso aber eine chronische Krankheit, eine Behinderung oder eine zugespitzte familiäre Situation sein. Die besondere Härte für die betroffenen Personen ist dabei das entscheidende Kriterium und es darf keine andere rechtliche Möglichkeit der Gewährung des Aufenthaltes geben. In Hamburg muss die HfK allerdings einvernehmlich entscheiden, das ist leider eine hohe Hürde.

Das aktuelle Beispiel von Ayodele zeigt aber erneut, dass es notwendig ist grundsätzlich die Bleiberechtsregelungen für Kinder und Jugendliche zu verändern. Dieser aktuelle Einzelfall liegt uns im Januar im Eingabenausschuss vor und ich kann deshalb auf seine besonderen Details nicht eingehen. Im Prinzip brauchen wir aber eine Regelung, die den Aufenthalt von hier verwurzelten jungen Menschen deutlich einfacher macht, sich vor allem auf ihre jeweilige Situation bezieht und sie für das Verhalten ihrer Eltern nicht in die Mit-Haftung nimmt. In vielen Fällen gelingt es den Jugendlichen schnell in Schule oder Ausbildung Fuß zu fassen und sie entwickeln daraus ihre eigene Perspektive für das Leben in Deutschland. Die bisherigen Bleiberechtsregelungen haben aus meiner Sicht zu viele Ausschlusskriterien (die Eltern haben keine Pässe, sind illegal eingereist u.a.). Eine weitere Änderung auf Bundesebene ist in dieser Legislaturperiode allerdings nicht in Sicht.

Deshalb gilt bei den aktuellen Fällen (es gibt eben weitere Betroffene neben Ayodele) für uns Grüne in Eingabenausschuss und Härtefallkommission die Forderung an die Ausländerbehörde, ebenso wie an die SPD, hier den rechtlichen Ermessenspielraum zu nutzen und einen Weg für den weiteren Aufenthalt zu finden. Von der Behörde geplante Abschiebungen sind durch die in Hamburg geltende "Petitionsduldung" ausgesetzt, bis wir im Ausschuss zu einem abschließenden Ergebnis gekommen sind.

Mit freundlichen Grüßen Antje Möller