Frage an Ansgar Matuschak von Kyrulf P. bezüglich Recht
Lieber Herr Matuschak,
nach meiner Erfahrung in den letzten 1 1/2 Jahren haben sich die Bearbeitungszeiten in den Bremer Gerichten nahezu durchgängig erheblich, teilweise drastisch, verlängert. Man wartet auf Erbscheine und Testamentseröffnungen Monate bis hin zu Zeiträumen von mehr als einem halben Jahr ohne dass Komplikationen erkennbar wären, wie der Senat in der Drucksache 17/1747 anders zu erklären versucht. Die Zwangsversteigerungsabteilung säuft genauso ab wie das Grundbuchamt. Dort funktioniert derzeit nicht einmal mehr die Technik. Eintragungen werden vorgenommen und erst Wochen danach bekannt gemacht. Die Schreib"stuben" sind offenbar nicht in der Lage die anstehenden Arbeiten abzuarbeiten. Der sogenannte "Notar-Ping" also die automatische Benachrichtigung per E-Mail funktioniert schon länger nicht.
Die Erledigungszeiten von Prozessverfahren haben sich - gefühlt - erheblich verlängert. Richter beim Amtsgericht wechseln wie andere Menschen die Hemden und bringen die begonnenen Verfahren häufig selbst nicht zu Ende, was eine ständige Neueinarbeitung der Vertreter/Nachfolger erfordert und die Verfahren ebenfalls behindert und deren Verlängerung fördert.
Wie soll der drohende "Stillstand der Rechtspflege" verhindert werden?
Mit freundlichem Gruß
Kyrulf Petersen
Sehr geehrter Herr Petersen,
zunächst herzlichen Dank für Ihre Beschreibung der Bearbeitungszeiten und der "Zustände" nicht nur in den Back-Office-Bereichen unserer Justiz! Ähnliche Zustände wurden mir gerade gestern über die für Betroffene so wichtige Heimhilfe beschrieben.
Grundsätzlich gilt für diese - wie wahrscheinlich für etliche andere Bereiche innerhalb der öffentlichen Verwaltung, dass Tarifbindungen und andere arbeitsrechtliche Vorzüge in den senatorischen Dienststellen sich nicht nur kontraproduktiv auf Leistung und die zeitnahe Erledigung vieler von Ihnen genannten Aufgaben auswirkt, sondern einer - wie in der "freien" Wirtschaft (wahrscheinlich auch in Ihrer Sozietät und der Ihrer Kollegen) seit Jahren üblichen Optimierung von Verwaltungsprozessen - entgegensteht. Auch die in einigen Referaten notwendigen Neu- / Ersatz-einstellungen oder die Verlängerung der Anstellungsverträge bei bewährten und routinierten Mitarbeiter über die Pensionsgrenze hinaus, wird durch das existente Tarifrecht im öffentlichen Dienst und bei Beamten - aufgrund der enormen Personalkostenlast insgesamt und den in Zukunft fälligen Pensionszusagen - blockiert. Heißt im Klartext: In der derzeitige Haushaltsnotlage sind grundsätzliche Tarif- und Arbeitzeitreformen mit der bremische Personalvertretung umgehend zu diskutieren, zu verhandeln und zu verabschieden - auch zur Entlastung derjenigen, die aufgrund des täglichen Arbeitspensums an die Grenze des Leistbaren gehen. Aber auch, um diese "Dienstleistung" schnell wieder bürgerfreundlich und Problem orientiert auszurichten!
Mit freundlichen Grüßen
Ansgar K.H. Matuschak