Wie stehen Sie zum Antrag, die AfD vom BVerfG verbieten zu lassen?
Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihre Mail und Ihr damit verbundenes Engagement für unsere Demokratie.
Die AfD wächst seit mehreren Jahren zu einer immer größeren Bedrohung für unser gesellschaftliches Zusammenleben heran. Dabei zeigt diese mit Ihrer Ideologie wiederholt, dass sie sich gegen zentrale Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ausspricht. Grundlegend hierfür ist insbesondere das systematische in Frage stellen der Würde ALLER Menschen sowie des Diskriminierungsverbotes gegenüber ALLEN Menschen. Darüber hinaus wurden bereits verschiedene Landesverbände der AfD sowie die Jugendorganisation der AfD durch den Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ sowie der Bundesverband der AfD als „rechtsextremer Verdachtsfall“ eingestuft. Insbesondere zur Einstufung des Bundesverbandes der AfD hat das Oberverwaltungsgericht Münster kürzlich bestätigt, dass konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die politischen Ziele der AfD gegen die Menschenwürde und somit gegen das Grundgesetz verstoßen. Hinzukommend hat zuletzt die konstituierende Sitzung des thüringischen Landtags erneut gezeigt, dass diese Partei die parlamentarische Demokratie von innen heraus sukzessive bekämpfen will.
Aus dieser Gesamtschau ergibt sich aus meiner Sicht eine große Bedrohung für das Fortbestehen unserer liberal demokratischen Grundordnung. Genau für diesen Fall ist in unserem Grundgesetz mit Artikel 21 die Möglichkeit vorgesehen, dass die Verfassungskonformität einer Partei durch das Bundesverfassungsgericht überprüft und daraus resultierend ein Parteienverbot verhängt werden kann. In der jüngeren Vergangenheit hat das Bundesverfassungsgericht zurecht hohe Hürden für ein solches Verfahren definiert. Daher muss der Prüfantrag rechtlich fundiert sowie abgesichert erstellt und eingereicht werden.
Vor dem Hintergrund der aktuellen politischen, aber auch gesellschaftlichen Situation rund um die AfD unterstütze ich grundsätzlich das Anliegen einen solchen Prüfantrag an das Bundesverfassungsgericht zu stellen. Allerdings sollte aus meiner Sicht bei der Einbringung eines solchen Antrages in den Bundestag eine gewisse Erfolgsaussicht bestehen. Die Einbringung des Gruppenantrages rund um den Kollegen Marco Wanderwitz, MdB halte ich zum jetzigen Zeitpunkt für verfrüht, da ich derzeit eine Mehrheit für diesen Antrag als nicht wahrscheinlich erachte.
Ich persönlich würde einen solchen Prüfantrag jedoch grundsätzlich unterstützen.
Jedoch würde uns auch ein Verbotsverfahren nicht aus der Pflicht entbinden, anzuerkennen, dass es die demokratischen Parteien bisher nicht geschafft haben, die AfD politisch klein zu halten. Zunehmend mehr Menschen zweifeln an der Funktionalität des demokratischen Systems. Aus diesem Grund müssen wir als demokratische Parteien bisherige Prozesse des politischen Arbeitens grundlegend hinterfragen. Denn auch im Falle eines Parteienverbotsmüssen die Menschen, die aktuell die AfD wählen oder in Betracht ziehen, diese zu wählen, wieder für die Demokratie zurückgewonnen werden. Es braucht, meiner Überzeugung nach, eine soziale Politik für eine gerechte Verteilung von Vermögen und Zukunftschancen in diesem Land.
Abschließend möchte ich mich nochmal für Ihre Nachricht bedanken. Insbesondere in diesen entscheidenden Zeiten ist der Austausch zwischen Menschen, die für unser demokratisches Miteinander einstehen, von immenser Bedeutung. Daher habe ich mich sehr über Ihre Nachricht gefreut und hoffe, dass ich Ihnen meine Position zu diesem Thema deutlich machen konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Annika Klose