Frage an Annette Sawade von Matthias W.
Sehr geehrte Frau Sawade,
warum stimmen Sie gegen ein Verbot von gefährlichen Fracking-Verfahren? Wollen Sie die Zerstörung der Erde weiter vorantreiben und die Gefährdung des Grundwassers in Kauf nehmen?
Ich bin sehr enttäuscht über Ihr Abstimmungsverhalten.
Von von Stetten habe ich nichts anderes erwartet, als dass er rücksichtslos für Wirtschaftsinteressen und Lobbies stimmt. Bei Ihnen habe ich den Eindruck, dass Sie aus Mangel an eigenem Profil mit der Fraktion stimmen.
Matthias Wolf
Sehr geehrter Herr Wolf,
vielen Dank für Ihre Frage. Ich möchte Ihnen im Folgenden darlegen, warum ich gegen den Entwurf eines Gesetzes der Grünen zur Änderung des Bundesberggesetzes zur Untersagung der Fracking-Technik sowie dem Antrag der Linken "Verbot von Fracking in Deutschland" gestimmt habe.
Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass nach heutigem Kenntnisstand das Fracking von Schiefer- und Kohleflözgas nicht verantwortbar ist. Die Risiken überwiegen hierbei die potentiellen wirtschaftlichen Chancen bei weitem. Mit dem geplanten Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Fracking soll auch deshalb wichtige Differenzierung zwischen „konventionellem“ und „unkonventionellem“ Fracking eingeführt werden. In konventionellen, also herkömmlichen, Öl- und Gaslagerstätten kommt das äußerst umweltschädliche Tight Gas-Fracking nämlich nicht zum Einsatz.
Alle bisher angestellten Gutachten betonen die ungenügende Daten- und Faktenlage im Hinblick auf eine umfassende Bewertung der Potentiale und Risiken der Fracking-Technologie. Mit gutem Grund kann man also die Auffassung vertreten, dass streng kontrollierte und transparente Probebohrungen hier Abhilfe schaffen sollen, um einen endgültigen gesetzlichen Rahmen zu schaffen, der eben auch das Verbot jeglichen Frackings in unkonventionellen Lagerstätten beinhalten kann.
Eine solche Bewertung soll nach dem Willen der SPD mit dem neuen Fracking-Gesetz ermöglicht werden. Dies bedeutet, dass es nötig sein kann, unter strenger wissenschaftlicher und umweltfachlicher Aufsicht, Fracking kurzzeitig in eng gesteckten Grenzen zu Forschungszwecken zu erlauben, um wissenschaftlich fundierte Argumente gegen das Fracking in unkonventionellen Lagerstätten und für einen echten Schutz von Mensch und Umwelt zu erlangen. Angesichts dieser Sachlage war es von Grünen und Linken kein sehr seriöser Zug, eine Abstimmung zum diesem Thema ohne Debatte zu beantragen, da dies der Komplexität des Themas nicht gerecht wird. Sicherlich verstehen Sie so besser, warum ich mich den Anträgen nicht anschließen konnte.
Auf der Grundlage des Entwurfes aus dem Bundesumweltministerium und dem Bundeswirtschaftsministerium sind – bei aller auch berechtigten Kritik – bereits zahlreiche Verbesserungen im Sinne eines echten Schutzes von Mensch und Umwelt vor Fracking-Risiken vereinbart worden. So soll zum Beispiel festgelegt werden, dass nur noch solche Frackfluide zugelassen werden, die die Wassergefährdungsklasse 1 haben. Zum Vergleich: Die meisten Shampoos werden bereits in Wassergefährdungsklasse 2 eingestuft. Mit den einschlägigen Bildern aus den USA hat das in Frage kommende Fracking hierzulande wenig gemein. Die SPD will also ein Gesetz, das die Umweltstandards für die bereits vorhandene Erdgasförderung verschärft. Wir wollen klare Regelungen und Rechtssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger, für Behörden und für Unternehmen schaffen.
Es bleibt abzuwarten, inwieweit der Koalitionspartner uns hier entgegenkommt. Gleichzeitig gilt es, das Gesetz zügig auf den Weg zu bringen, da ansonsten die Gefahr droht, dass die derzeit auf Eis liegenden Anträge der Unternehmen neu gestellt werden. Die Konsequenz davon wäre ein Ende des Moratoriums. Und das würde – da sind wir uns wohl einig – einen massiven Rückschritt bedeuten: jegliches Fracking wäre erlaubt und es würde die alte Regelung gelten, nach der der Naturschutz lediglich in den Kernzonen von Wasserschutzgebieten greift, nicht aber bei den ebenfalls in Mitleidenschaft gezogenen Oberflächengewässern oder auch beim Wasser für Lebensmittel und Mineralquellen.
Aus all‘ den genannten Gründen konnte ich nicht für ein undifferenziertes Verbot, wie von Grünen und Linken gefordert, stimmen. Ein solches konnte sich übrigens auch im Bundesrat nicht durchsetzen, obwohl Grüne und auch Linke an zahlreichen Landesregierungen beteiligt sind. Auch in diesen Bundesländern wurde bislang nirgends ein generelles Förderverbot für bereits vorhandene Fördermethoden ausgesprochen.
Im Gegensatz dazu ist die rot-grüne Landesregierung von Nieder-sachsen, wo das Nordwestdeutsche Becken mit enormen Schiefergaspotenzialen liegt, mit gutem Beispiel vorangegangen. In einer Stellungnahme hatte sie bekannt gegeben, dass sie in unkonventionellen Lagerstätten überhaupt keine Erdgasförderung will. Dieses Vorhaben teile und unterstütze ich.
Ich werde die Entwicklung des Gesetzesentwurfes im Hinblick auf die ausstehende Verabschiedung weiterhin kritisch begleiten. Weiter werde ich mit der Fraktion im Zuge des parlamentarischen Verfahrens prüfen, inwieweit die Regelungen des Gesetzentwurfes unserem Ziel, dem bestmöglichsten Schutz von Grundwasser, Umwelt und Gesundheit, entsprechen.
Mit freundlichen Grüßen,
Annette Sawade