Frage an Anne Rameil von Michael H. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrte Frau Rameil
An sie als möglicherweise kommenden Volksvertreter:
Auch wir Sport- und Privatflieger sind Euer Volk!
Wir appellieren an die Vernunft und das Demokratieverständnis unserer Politiker, denn wir ersticken aktuell in völlig groteskem Bürokratenwahn.
Wie stehen Sie dazu, Frau Rameil?
Wir Sportflieger sind doch nur so etwas wie "harmlose Radfahrer der Luft".
Natürlich kann theoretisch jederzeit auch ein betrunkener Radfahrer mitten in der Nacht durch einen plötzlich erlittenen Schlaganfall eine schreckliche Massenkarambolage verursachen.
Wer käme aber auf die völlig absurde Idee, deshalb prinzipiell bei allen Radfahrern einen regelmäßigen, bis über 1000,- Euro teuren und totalen Gesundheits-check anzuordnen nur um zu verhindern, dass vielleicht einer von Ihnen infolge einer Kolik, plötzlicher Kopfschmerzen oder ähnlicher gesundheitlicher Unvorhersehbarkeiten die Allgemeinheit schädigt und mit dieser wirklich verrückten Begründung das "überaus gefährliche Radfahren" zunächst einmal prinzipiell zu verbieten?
Genau diese, uns nur gängelnde Behördenwillkür, aber wird genauso an uns - erwiesen harmlosen - Segelfliegern derzeit regelmäßig und in ganz großem Stil vollzogen.
Der Irrsinn nennt sich "JAR-FCL 3 deutsch" und wurde uns vom gottvaterähnlichen BMVBW - nach Falschübersetzung aus dem Englischen - rücksichtslos einfach verordnet.
Selbst eine Grippeimpfung oder simple Schwangerschaft führt nach wortwörtlicher Auslegung dieses irrealen Schwachsinns zu sofortigem Ruhen der Pilotenlizenz!
Die staatlichen Forderungen an die Gesundheit eines z.B. über 60-jähriger Segelfliegers sind in Deutschland - weltweit einmalig ! - durchaus vergleichbar mit jenen, die an einen jungen und gesunden Jumbo-Kapitän oder an einen Kampfjetpiloten gestellt werden, so eine Art "Marsflugtauglichkeit", die kaum einer in diesem Alter mehr erbringen kann. Die alten, erfahrenen Funktionsträger in unseren Vereinen drohen daher auszusterben und für die Jugendlichen, die in Luftsportvereinen stark gefördert werden, wird es einfach zu teuer ( bis 1200.- Euro für eine Erstuntersuchung! ), weil sie neuerdings eine perfekte - und damit völlig übertriebene - Gesundheit nachweisen müssen.
Wir empfinden dies als eine kulturlose, zutiefst misstrauische, ja überaus groteske Rücksichtslosigkeit gegenüber Minderheiten, welche zudem in ihrer Maßlosigkeit gegen bestehende Gesetze (BGG und OBG) verstößt, aber dennoch gegen alle Vernunft und Sachlichkeit von deutschen Behörden eisern verteidigt wird, obwohl dieser pure Unfug - durch wissenschaftliche Untersuchungen klar bewiesen - keinerlei ( NULL ! ) Sicherheitsgewinn bringt!
Aus diesen Gründen gibt es so etwas in den USA überhaupt nicht!
Welche Antwort von Ihnen darf ich zu diesem Thema an meine Vereinskameraden weitergeben?
Wir würden Sie gerne auch mal zu einem kleinen Rundflug bei uns einladen.
Telefon genügt!
Mit freundlichen Grüßen
Michael Harms-Zumbrägel
vom Luftsportverein Cloppenburg
Sehr geehrter Herr Harms-Zumbrägel,
Sie haben mir mit Ihrer Frage ein Problem geschildert, das ich bisher gar nicht kannte. Als Gesundheitswissenschaftlerin interessierte mich der Inhalt dieser JAR-FCL-3 deutsch sehr und ich habe mir den Wortlaut der Bestimmung mal angesehen. Mit Interesse habe ich auch die Homepage von JAR-contra gelesen.
Ich kann schon nachvollziehen, daß an die Flugtauglichkeit von Pilotinnen und Piloten hohe gesundheitliche Anforderungen gestellt werden. Allerdings scheint mir hier die Regelungswut doch arg durchgeschlagen zu sein. Es stellt sich mir tatsächlich die Frage, warum dann nicht auch z.B. Autofahrerinnen und Autofahrer regelmäßig medizinisch untersucht werden müssen oder zumindest ab dem 60. Lebensjahr? Wahrscheinlich liegt das daran, daß es viel mehr AutofahrerInnen als PilotInnen gibt.
Im Einzelnen sind bestimmte Vorschriften nun wirklich nicht nachvollziehbar. Wieso z.B. eine Schwangerschaft per se zur Fluguntauglichkeit führt ist mir ein völliges Rätsel. Sogar nach der Geburt muß eine Frau erstmal medizinisch nachweisen, daß ihre Flugtauglichkeit wieder hergestellt ist. Sie ist immerhin Mutter geworden und stillt möglicherweise ein Kind, welch ein Gesundheitsrisiko (Ende der Ironie)! Eine gynäkologische Operation führt - egal welche - zu mindestens drei Monaten Fluguntauglichkeit, ebenso wie Menstruationsstörungen. Bei aller Regelungsdichte ist es dann doch verwunderlich, daß Potenzstörungen, oder Operationen an männlichen Geschlechtsorganen (wie z.B. eine Sterilisation) nicht auch zu drei Monaten Fluguntauglichkeit führen. Das ist doch wirklich grotesk.
Ich kann Ihre Wut gut nachvollziehen. Eine Gesundheit, wie sie diese Vorschrift vorsieht, hat in der Tat kaum ein Mensch. Hier wird ein Risikobegriff von Gesundheitsstörungen angenommen, den ich zumindest in der Sportfliegerei nicht nachvollziehen kann. Daß andererseits die ärztlichen Untersuchungen von Berufs-VerkehrspilotInnen gelockert worden sein sollen, macht das Ganze noch absurder.
Für die Einladung zu einem Rundflug bedanke ich mich herzlich. Meine Familie und ich würden Sie gerne mal auf dem Flugplatz besuchen kommen, denn meine Kinder sind natürlich flugbegeistert. Ob ich eine Einladung zum Rundflug überhaupt annehmen darf und ob das nicht unter "Korruption" fällt, müßte ich vorher klären.
Mit freundlichen Grüßen,
Anne Rameil
Direktkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen
Wahlkreis Cloppenburg-Vechta