Sind Sie als Abgeordnete durch Ihren Amtseid (Art. 56 GG) nicht verpflichtet, einem Antrag auf Prüfung der AfD-Verfassungskonformität zuzustimmen, da erdrückende Beweise gegen diese vorliegen?
Sehr geehrte Frau König,
zur Klarstellung: Sie als Abgeordnete stimmen nicht FÜR ein AfD-Verbot ab, sondern stellen einen Antrag auf Prüfung der Verfassungskonformität. Bei der AfD liegen erdrückende Beweise vor, dass sie diese nicht erfüllt, wie bspw. das DIMR 2023 in einem 70-seitigen Gutachten zeigte, welches im Nov. 2024 zudem von 17 Verfassungsrechtler:innen bekräftigt wurde.
Da sie durch Ihren Amtseid gm. Art. 56 GG verpflichtet sind Schaden vom Grundgesetz und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung abzuwenden, sind Sie damit, meiner Meinung nach, auch verpflichtet einem Antrag zur Prüfung beim BVerG zuzustimmen, unabhängig aller Parteiinteressen.
Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der AfD kann/muss natürlich weiterhin stattfinden, ist aber davon unabhängig. Dasselbe gilt auch für eine Ursachenbekämpfung. Allerdings habe ich den Eindruck, dass diese inhaltliche Auseinandersetzung gerade bei der Union mittlerweile leider nur noch zur bloßen Phrase verkommen ist.

Lassen Sie mich Ihnen zunächst versichern, dass mir um die Gefahr, die von der AfD ausgeht, sehr bewusst ist. Ich schätze den Versuch eines Verbots der AfD zum jetzigen Zeitpunkt dennoch für juristisch nicht erfolgversprechend und sogar politisch kontraproduktiv ein.
Zwar führt das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD als Verdachtsfall auf Rechtsextremismus, doch ist eine Einstufung als „Verdachtsfall“ nicht gleichzusetzen mit den (erheblich höheren) Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht an das Verbot einer politischen Partei stellt. Dieses Verfahren dauert, selbst im Erfolgsfall, mehrere Jahre. Bei der NPD waren es ganze vier Jahre. Selbst für den unwahrscheinlichen Fall eines erfolgreichen Verbotsantrags könnte sich die AfD noch an der nächsten und potentiell übernächsten Bundestagswahl beteiligen und sich dabei als vermeintliche „Märtyrer“ inszenieren.
Dem zuletzt gestellten Gruppenantrag fehlte ferner die erforderliche Tatsachengrundlage in Form einer umfassenden Materialsammlung. Eine solche könnte nur durch das Bundesamt für Verfassungsschutz und die Landesämter für Verfassungsschutz erstellt werden – erst auf einer solchen Grundlage kann eine fundierte Entscheidung getroffen werden.
Überdies verlangt das Bundesverfassungsgericht, vor Einleitung eines Verbotsverfahrens „strikte Staatsfreiheit“ gegenüber der betroffenen Partei herzustellen. Das bedeutet: Die Begründung eines Verbotsantrages darf nicht auf Beweismaterialien gestützt werden, deren Entstehung zumindest teilweise auf das Wirken von V-Leuten oder Verdeckten Ermittlern zurückzuführen ist. Eine entsprechende Garantie vermag allerdings nur die Bundesregierung respektive die Landesregierungen zu geben. Sie allein vermögen deshalb einen überzeugenden Beweisantrag zu erarbeiten. Diese Initiative blieb bislang aus.
Bei so ungewissen Erfolgsaussichten eines Verbotsverfahrens, ist es politisch unklug, ein solches zu betreiben. Ein Antrag auf Einleitung eines Verbotsverfahrens, der im Bundestag gestellt würde, müsste zunächst das parlamentarische Verfahren im Bundestag durchlaufen. Das größte Problem liegt vor allem darin, dass in einem solchen die Nachrichtendienste des Bundes und der Länder im Innenausschuss unter Anwesenheit der AfD berichten müssten, welche Erkenntnisse zur AfD zusammengetragen wurden. Dies wiederum ermöglicht dann der AfD Rückschlüsse zu ziehen, wo, wann und aus welchen Quellen die Dienste an ihre Informationen gelangen. Das Ganze würde der AfD also mehr nützen als schaden. Sie könnte damit zudem über einen längeren Zeitraum öffentlichkeitswirksam ihre Märtyrer-Rolle zelebrieren. Sollte ein Verbotsantrag scheitern, erhielte die AfD faktisch ein verfassungsgerichtliches „Gütesiegel“, eine verfassungsgemäße Partei zu sein – dieses Risiko einzugehen, halte ich für nicht vertretbar.
Meine tiefe Überzeugung ist: Die politischen Kräfte der demokratischen Mitte müssen die AfD politisch und inhaltlich stellen. Wir wollen keine Symptombehandlung, sondern Ursachenbekämpfung: Die politische und inhaltliche Auseinandersetzung ist der geeignete Weg, um die AfD zu stellen. Die Lösung liegt in der Bewältigung politischer und gesellschaftlicher Probleme.