Frage an Annalena Baerbock von Thomas B. bezüglich Klima
Sehr geehrte Frau Baerbock, die Fragen rund um die Themen Klima(-Schutz), Umwelt, wie wir in unserem Land zukünftig leben und arbeiten wollen, beschäftigen uns sehr. Zuletzt haben wir leider wieder einmal erleben dürfen, wie die Natur zurückschlägt und Menschen plötzlich ihre Existenzgrundlage verlieren. Deutschland ist verglichen mit dem Rest der Welt für einen vergleichsweise kleinen Anteil am CO2 Ausstoß verantwortlich. Länder wie China, Brasilien, Peru, Russland bauen weiterhin Kohlekraftwerke bzw. verheizen Kohle zur Energiegewinnung, holzen täglich mehrere ha Regenwald ab, lassen es zu, dass Bodenschätze ohne Rücksicht auf die Umwelt ausgebeutet werden. Wie kann Deutschland unter diesen Verhaltensweisen einen sich verändernden Jetstream, Klimaerwärmung und zunehmend geänderte Großwetterlagen in den Griff bekommen? Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich habe ein hohes Interesse an unserer Umwelt, ihrem Schutz und wäre auch bereit auf meinen Diesel angetriebenen PKW zu verzichten bzw. einen anderen PKW (Strom, Hybrid etc.) zu fahren. Als Angestellter mit einer täglichen einfachen Strecke von 30km, bin ich auf den PKW angewiesen. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind keine Alternative, weder zeitlich, preislich noch in Bezug auf die Flexibilität.
Warum können wir in Deutschland nicht Technologie-offen sein? Wo nicht mehr geforscht wird, überlässt man die Ergebnisse anderen. Warum müssen wir Dieselkraftstoffe verbieten wenn doch Benzin andere Schadstoffe emittiert?
Warum werden Biokraftstoffe wie E10 eingeführt, wenn dies in der Landwirtschaft außerhalb von Deutschland zu Monokulturen führt? Warum setzten wir ausschließlich auf Strom wenn die Silizium-Vorkommen gar nicht ausreichend sind bzw. die Umweltschäden beim Abbau exorbitant sind? Ist es nicht ratsamer für alle Technologien offen zu sein und der Wirtschaft Leitplanken aufzuzeigen, so dass nach Können und Vermögen geforscht und entwickelt wird? Leider ist hier der Text begrenzt ... Danke u VG
Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Deutschland hat sich vor über fünf Jahren dazu verpflichtet, alles dafür zu tun, die Klimakrise in den Griff zu bekommen und auf den 1,5 Grad-Pfad des Pariser Klimavertrages zu kommen. Doch große Ziele kann man nur erreichen, wenn man auch etwas dafür tut. Viel zu lange wurde darüber gesprochen, was alles nicht geht, anstatt den politischen Rahmen dafür zu setzen, dass beim Klimaschutz alles geht. Die Klimakrise zeigt sich jetzt und nicht erst später – und deswegen handeln wir auch jetzt. Die nächste Bundesregierung muss ihre ganze Kraft und die Arbeit aller Ressorts auf die Bewältigung dieser Jahrhundertaufgabe ausrichten. Um keine weitere Zeit zu verlieren, wollen wir sofort ein umfassendes Programm mit konkreten Gesetzesinitiativen auf den Weg bringen, das neue Dynamik entfacht, schnelle Einsparungen realisiert und wichtige Weichen stellt. Wir werden im Kabinett das größte Klimaschutzpaket beschließen, das es jemals gegeben hat. Dabei werden zentrale Gesetze und Verordnungen gleichzeitig novelliert, Förderprogramme aufgestockt und neu eingeführt, steuerliche Anreize auf Klimaneutralität ausgerichtet und ein sozial gerechter Transformationsprozess eingeleitet. Dafür haben wir ein Klimaschutz-Sofortprogramm entwickelt, was Sie sich unter folgendem Link genauer ansehen können.
https://cms.gruene.de/uploads/documents/20210803_Klimaschutz-Sofortprogramm.pdf
Wir wollen mit ehrgeizigen Vorgaben in Form von Grenzwerten, CO2-Reduktionszielen und Produktstandards der deutschen und europäischen Wirtschaft Planungssicherheit geben und Impulse für neue Investitionen setzen. Faire Preise sorgen dafür, dass sich klimagerechtes Handeln lohnt. Forschung und Innovationen für klimagerechtes Wirtschaften wollen wir stärker fördern. Die öffentliche Beschaffung richten wir konsequent auf die ressourcenschonendsten und sozial verträglichsten Produkte und Dienstleistungen aus. So machen wir unsere Wirtschaft zur Spitzenreiterin bei den modernsten Technologien und schützen unsere natürlichen Lebensgrundlagen.
Dass genug Rohstoffe für den Hochlauf der Elektromobilität verfügbar sind, zeigt eine Studie des Öko-Instituts. Das heißt aber nicht, dass die Rohstoffe übermäßig abgebaut werden sollten, denn der Abbau ist immer mit teils irreversiblen Eingriffen in Ökosysteme verbunden. Hoher Wasserverbrauch kann etwa lokale Landwirtschaft gefährden. Darüber hinaus ist insbesondere im Kleinbergbau die menschenrechtliche Situation problematisch. Die zukünftige Bundesregierung muss sich auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene für besseren Menschenrechtsschutz und klare Nachhaltigkeitskriterien in Lieferketten einsetzen. Sie muss vor allem ein Gesetz zur Verankerung menschenrechtlicher und umweltbezogener Sorgfaltspflichten für Unternehmen auf den Weg bringen, das auch Sanktionsmöglichkeiten und zivilrechtliche Klagemöglichkeiten für Geschädigte vorsieht. Auf UN-Ebene ist Deutschland gefragt, an der Erarbeitung eines rechtsverbindlichen Abkommens über Wirtschaft und Menschenrechte mitzuwirken. Dazu fordern wir die Bundesregierung in einem Antrag auf. Außerdem muss die Forschungsförderung gestärkt werden, damit in Batterien leichter verfügbare Materialien eingesetzt werden.
Außerdem führen unter anderem Monokulturen im globalen Süden zu erheblichen Schäden für Gesundheit und Umwelt, während Kleinbäuer*innen durch europäische Dumpingexporte, patentiertes Saatgut und Landraub weiter in die Abhängigkeit getrieben werden. Das Recht auf Nahrung muss garantiert sein, kleinbäuerliche Strukturen wollen wir stärken. Dafür wollen wir Grüne mit unserer Agrar- und Entwicklungspolitik eine globale sozial-ökologische Agrarwende unterstützen und fördern.
Mit freundlichen Grüßen
Team Annalena Baerbock