Frage an Annalena Baerbock von Andreas R. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Baerbock,
Für einen wirksamen Klimaschutz spielen sowohl Neuemissionen als auch die seit Beginn der Industrialisierung bereits angesammelten Altemissionen eine Rolle. Eine CO2-Bepreisung verringert zukünftige Neuemissionen. Sie ist daher sinnvoll.
Auf die seit Beginn der Industrialisierung entstandenen Altemissionen hat eine CO2-Bepreisung jedoch keine Auswirkungen. Die vorindustrielle CO2-Konzentration betrug deutlich unter 300 PPM; im Jahr 2019 wurde der Wert von 415 PPM überschritten (Quelle: https://www.sciencealert.com/it-s-official-atmospheric-co2-just-exceeded-415-ppm-for-first-time-in-human-history ). Auf natürlichem Wege dauert es Jahrtausende, bis die CO2-Konzentration abnimmt. Die CO2-Konzentration würde somit ohne negative Emissionsmassnahmen sehr lange auf mindestens dem Wert 415 PPM verbleiben, wodurch sich die Atmosphäre in den kommenden Jahrhunderten immer weiter aufheizen würde. Das CO2 bleibt ja in der Luft.
Eine Auszahlung staatlicher Mittel an Unternehmen, die negative Emissionen generieren -- etwa mittels pyrogener CO2-Abscheidung/Speicherung (PyCCS) oder Bioenergie mit CO2-Abscheidung/Speicherung (BECCS) -- wäre für Altemissionen eine Lösung. Dies würde einen Markt für negative Emissionen schaffen. Die Kosten für PyCCS betragen 140€/t (Quelle: https://doi.org/10.1088/1748-9326/aabb0e ), staatliche Auszahlungen müssten diesen Wert daher übersteigen, damit es sich für Anbieter lohnt. Techn. Fortschritt senkt diese Kosten fortan. Die durch CO2 verursachten Kosten betragen 180€/t (Quelle: https://www.umweltbundesamt.de/daten/umwelt-wirtschaft/gesellschaftliche-kosten-von-umweltbelastungen). Die Auszahlung ist daher günstiger als ein Nichtstun. Der 5. IPCC-Bericht unterstellt bereits neg. Emissionen, damit das 2-Grad-Ziel überhaupt erreichbar ist.
Planen die Grünen zur Verringerung der Altemissionen eine Auszahlung von Mitteln an Unternehmen, die negative Emissionen anbieten?
Mit freundlichen Grüssen
Andreas Reichhardt
Sehr geehrter Herr Reichhardt,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Bitte entschuldigen Sie die verspätete Antwort. Unser politischer Fokus liegt klar auf der Vermeidung von CO2 Emissionen um die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad zu begrenzen. Das ist klimapolitisch notwendig und darauf hat sich die internationale Staatengemeinschaft mit dem Pariser Klimaabkommen geeinigt. Hier geht es vor allem darum bislang auf fossilen Rohstoffen basierende Verfahren und Prozesse klimafreundlich umzustellen. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien zeigt hier den erfolgreichen Weg. Die Abscheidung und Speicherung von CO2 ist dagegen mit einer ganzen Reihe von Risiken und Schwierigkeiten behaftet. Der Prozess der CO2 Abscheidung ist sehr energieintensiv (verbraucht also seinerseits zusätzliche Energie) und bis heute ist nicht geklärt mit welche Risiken für Umwelt und Gesundheit die CO2 – Speicherung behaftet ist. Zudem ist auch das überhaupt in Frage kommende Speichervolumen sehr begrenzt. Wenn man solche CO2 Abscheidungen mit 140 Euro pro Tonne CO2 vergüten würde, bestünde die Gefahr, dass trotz der genannten Risiken und Schwierigkeiten, in Speicherung anstatt in die deutlich sinnvollere und günstigere Vermeidung von CO2 investiert würde. Die in den von Ihnen erwähnten Modellrechnungen mit angenommenen negativen Emissionen im 5. Sachstandsbericht des IPCC spielen auch erst in einigen Jahrzehnten eine Rolle, nachdem die Emissionen auf nahezu null gesunken sind. Solche negativen Emissionen können dann aus unserer Sicht nur durch biologische Prozesse sicher erreicht werden, indem wir massiv natürliche Senken wie z.B. Bewaldung oder Humusausbau nutzen.
Daher ist auch eine Frage bzgl. der Auszahlungen derzeit nicht konkret zu beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
Team Annalena Baerbock