Frage an Annalena Baerbock von Peter S. bezüglich Gesundheit
Betr.: Notfall-Antibiotikum Colistin
Sehr geehrte Frau Baerbock,
das Antibiotikum Colistin kommt zum Einsatz, wenn verbreitete Antibiotika nicht mehr helfen. In „DER SPIEGEL“ vom 4. 6. 2016 wurde in einem Bericht über Superkeime im menschlichen Darm berichtet, dass Colistin in großen Mengen bei der Zucht von Scheinen, Rindern oder Geflügel eingesetzt wird. In vielen Fleischprodukten wurden Colistin-resistente Bakterienstämme gefunden. Dadurch könnte im menschlichen Darm ein Superkeim entstehen, der dann nicht mehr behandelbar ist. Wie stellt sich die Bundesregierung und die SPD zu diesem Problem?
Hochachtungsvoll
Peter Sauerland
Sehr geehrter Herr Sauerland,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Ihre Frage richtete sich an die SPD bzw. die Bundesregierung. Ich möchte die Gelegenheit dennoch nutzen, Ihnen die Position der grünen Bundestagsfraktion zu schildern.
In Deutschland wird das vergleichsweise alte Polypeptid-Antibiotikum Colistin in der Nutztierhaltung häufig zur Behandlung von Darminfektionen bei Geflügel und Schweinen eingesetzt. In der Abgabemengenerfassung 2014 liegen die Polypeptid-Antibiotika mit 107 Tonnen auf Platz vier von 18 in der Veterinärmedizin eingesetzten Antibiotikaklassen. Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) prüft aufgrund neuer Funde von Resistenzen, Colistin nun auch in der Veterinärmedizin als Reserveantibiotikum einzustufen. Das würde bedeutet, dass Colistin nur noch dann eingesetzt werden darf, wenn keine Alternativen zur Verfügung stehen. Dies ist wichtig, da Colistin in der Humanmedizin seit einigen Jahren eine Renaissance als eine letzte verbliebene Therapieoption, speziell bei Infektionen mit Carbapenem-resistenten Enterobakterien (Escherichia coli, Klebsiella pneumoniae, u.a.) oder Acinetobacter baumanii, erlebt.
Das Ziel der grünen Bundestagsfraktion ist es, den Verbrauch innerhalb der Tierhaltung drastisch zu senken. Denn der übermäßige und ungezielte Einsatz von Antibiotika fördert die Entwicklung von (multi-)resistenten Erregern. Erreicht werden soll dieses Ziel durch verbesserte Haltungsbedingungen und Impfungen. Ein Ausweichen auf andere Antibiotika soll so vermieden werden. Wir haben die Bundesregierung mehrfach aufgefordert, Reserveantibiotika nur in Ausnahmefällen für die Verwendung in Ställen zuzulassen. Sie finden hierzu unseren Antrag „Wirksamkeit von Antibiotika erhalten - Einsatz in der Tierhaltung auf ein vernünftiges Maß reduzieren“ auf Drucksachennummer 18/3152. http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/031/1803152.pdf
Mit freundlichen Grüßen
Annalena Baerbock