Warum haben Sie gegen die Wahlrechtsreform gestimmt?
Sehr geehrter Herr W.,
mit dem aktuellen Wahlrecht, welches zur letzten Bundestagswahl eingeführt wurde, werden Überhangmandate einer Partei in einem Bundesland mit Listenmandaten der gleichen Partei in anderen Bundesländern verrechnet und somit Ausgleichsmandate reduziert. Da CDU/CSU zwar eine gemeinsame Fraktion bilden, aber verschiedene Parteien sind, führt jedes CSU-Direktmandat zu 17 Ausgleichsmandaten – auch für Kolleg*innen der CDU.
Der Deutsche Bundestag ist mit 736 Abgeordneten aktuell um 138 Abgeordnete größer, als die im Gesetz festgelegte Regelgröße von 598 Abgeordneten. Wir haben uns im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, das Wahlrecht dahingehend zu reformieren den Bundestag zu verkleinern. Dieses Ziel unterstütze ich, allerdings nicht die Art und Weise wie es nun beschlossen wurde.
Bürger*innen haben aber die berechtigte Erwartungshaltung, dass der*die Erststimmensieger*in in ihrem Wahlkreis auch ein Abgeordnetenmandat erhält.
Dies war auch im bisherigen Wahlrecht seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1949 der Fall. Mit der vorgeschlagenen Änderung ist es in Zukunft aber möglich, dass ein*e Erststimmensieger*in im Wahlkreis nicht in den Bundestag einzieht, wenn das Mandat nicht durch Zweitstimmen der jeweiligen Partei in diesem Bundesland gedeckt ist. Dies führt meines Erachtens zu einer Ungleichbehandlung der Erststimmen in den Wahlkreisen. Deswegen konnte ich dem Vorschlag nicht zustimmen.
Ich habe mich für eine Reduzierung der Wahlkreise ausgesprochen – immer unter dem Blick der Verhältnismäßigkeit. Bei einer Reduzierung auf 280 Wahlkreise, wäre die Wahrscheinlichkeit eines so großen Bundestages wie jetzt außerordentlich gering und kein Wahlkreis wäre flächenmäßig größer geworden als der aktuell bereits größte in der Mecklenburgischen Seenplatte.
Viele Grüße
Anna Kassautzki