Frage an Anja Karliczek von Thomas H. bezüglich Forschung
Guten Tag Frau Karliczek,
am 17.Juni 2020 hat das Europäische Parlament zum ersten Mal eine Resolution zu der neuroimmunologischen Multisystemerkrankung ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis / chronic fatique syndrome) verabschiedet. Die Resolution fordert von den Mitgliedsstaaten Fördermittel für biomedizinische ME/CFS-Forschung, Anerkennung und Aufklärung.
Seitdem warten ca. 300.000 (darunter ca. 40.000 Kinder und Jugendliche) zum Teil schwer am ME / CFS erkrankte Menschen hier in Deutschland auf eine Reaktion der Bundesministerin für Forschung. Alle bisherigen Anfragen von Betroffenen (Postkartenaktion am 12.Mai zum Internationalen ME / CFS Tag), Patienorganisationen (Forderung nach einem Runden Tisch) und Medien (zuletzt WDR-Fernsehen "Aktuelle Stunde") blieben unbeantwortet bzw. man hatte angeblich keine Zeit dafür.
Wann befassen Sie sich als Bundesministerin für Forschung sowie der Bundesminister für Gesundheit Herr Spahn bzw. Ihre Ministerien mit dieser Krankheit, auch als mögliche Folgeerkrankung bei Covid-19? Wann wird die EU-Resolution umgesetzt?
Freundliche Grüße
Thomas Heinzmann
Sehr geehrter Herr H.,
jedem und jeder von uns wird – früher oder später im Leben – vor Augen geführt, wie wichtig Gesundheit ist. Meistens dann, wenn wir selbst betroffen sind oder eine uns nahe stehende Person erkrankt. Dann wird uns bewusst, wie wichtig medizinischer Fortschritt und eine gute Gesundheitsversorgung sind.
Sehr gute Rahmenbedingungen für die entsprechende medizinische Versorgung zu schaffen ist auch uns– unabhängig von der Krankheit – ein großes Anliegen. Die Resolution des Europäischen Parlaments in Bezug auf das Chronische Müdigkeitssyndrom (Chronic fatigue syndrom) bzw. die Myalgische Enzephalomyelitis (CFS/ME) umfasst mehrere wichtige Punkte.
Für die CFS/ME-Forschung relevant waren bzw. sind beispielsweise Bekanntmachungen aus den Bereichen klinischer Studien, der Versorgungsforschung oder der Systemmedizin.
Dem Krankheitsbild CFS/ME ist in der S3-Leitlinie „Müdigkeit“, die unter der Federführung der ‚Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin ‘ erarbeitet wurde, ein eigenes Unterkapitel gewidmet.
Die von Ihnen angesprochene Weiter- und Fortbildung in den Heilberufen liegt in der Bundesrepublik in der ausschließlichen Zuständigkeit der Länder. Auf Ebene der Länder liegt der ärztliche Bereich wiederum bei den Ärztekammern.
Wiederum sind die Länder für die Planung von Krankenhäusern, spezialisierter Zentren sowie die Erteilung entsprechender Versorgungsaufträge verantwortlich.
Die Bundesregierung greift – wie bei anderen Krankheitsbildern auch – grundsätzlich nicht in den fachwissenschaftlich zu führenden Diskurs bezüglich Ursachen, Diagnostik und Behandlung von Erkrankungen ein.
Die Klärung offener Fragen in Bezug auf die Krankheitsursachen sowie die Möglichkeiten der Diagnostik und Therapie von Menschen mit CFS/ME ist Aufgabe der medizinisch-wissenschaftlichen Fachwelt und der Forschung.
Forschungsvorhaben zu spezifischen Krankheiten wie CFS/ME können durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen von Förderlinien der Projektförderung gefördert werden. Diese sind bezüglich der Krankheitsbilder in der Regel themenoffen. Die laufenden und geplanten Fördermaßnahmen haben zumeist Querschnittscharakter und adressieren übergeordnete Themen-komplexe.
Aktuell und in der Vergangenheit fördert die Deutsche Rentenversicherung Forschungsvorhaben im Bereich CFS/ME. Diese Forschungsvorhaben beziehen sich auch auf Fatigue als (Kardinal-) Symptom bei spezifischen rehabilitationsrelevanten Krankheitsbildern (bspw. Multiple Sklerose oder Krebs).
Forschung zu den biomedizinischen Grundlagen von CFS/ME kann auch über die sogenannte Sachbeihilfe der DFG gefördert werden. Anträge können dort jederzeit eingereicht werden.
Mit freundlichen Grüßen
Team Anja Karliczek