Frage an Anja Karliczek von Shirley U. bezüglich Bildung und Erziehung
Liebe Frau Karliczek,
Ich besuche momentan die 11. Klasse eines Gymnasiums und frage mich, wie es uns möglich sein soll ein gutes Abi zu schreiben wenn man ständig unter Druck steht. Ich stehe morgens halb sechs auf und bin erst kurz vor halb fünf wieder zuhause. Dann muss ich Hausaufgaben machen, welche meistens auch sehr zeitintensiv sind, und danach noch lernen. Ich bekomme NIE meine acht Stunden Schlaf, da ich immer viel zu spät ins Bett gehe, weil ich noch so viel für die Schule machen muss. Ich hab keine Zeit mehr für Hobbys und meine Eltern kriegen ständig meine schlechte Laune ab. Mein größter Wunsch ist es Medizin zu studieren, doch nun gerate ich immer mehr unter Druck weil ich mich einfach nicht gut für irgendwas vorbereiten kann, da es einfach an Zeit fehlt. Im Unterricht machen die Lehrer den Stoff einfach weiter weil es auch ihnen an Zeit fehlt. Wir bekommen in jedem Fach das Wissen für Grund- und Leistungskurs reingedrückt, weil wir nicht aufgeteilt sind. Es nützt uns auch nicht, dass es ab nächstem Jahr wieder eingeführt wird. Als nächstes kommt der Punkt, dass man auf seine Gesundheit aufpassen solle. WIE denn wenn man den ganzen Tag nur Schulzeug macht und komplett übermüdet ist? Das ist alles andere als effektiv. Auch stellt sich mir die Frage, warum es keine einheitlichen Lehrpläne und Abiturpüfungen für ganz Deutschland geben kann, damit auch wirklich alle Abiturienten auf einem Stand sind. Und auch die Lehrpläne: Warum müssen diese so prall gefüllt sein? Wir behandeln in Mathe gerade Grenzwertberechnung und müssen das für unser Abitur können. Die einzigen Leute, welche das nochmal benötigen, sind die, die Mathe studieren müssen. Es kann doch nicht sein, dass Lehrpläne so vollgeklatscht werden, wenn wir manche Dinge davon nie wieder benötigen werden. Lassen Sie uns doch lieber mehr Zeit, die wichtigen Dinge effektiv zu lernen und zu verstehen. Das ist nicht nur eine Entlastung für uns Schüler, sondern auch für die Lehrkräfte.
MfG
S. Ullrich
Sehr geehrte Frau U.,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich kann nachvollziehen, dass der Leistungsdruck an der gymnasialen Oberstufe sehr hoch sein kann. Viele Erwachsene vergessen später im Leben, dass die Schulzeit häufig keine einfache Zeit ist.
Die Anforderungen an das Abitur sind hoch, aber das müssen sie auch sein. Das Abitur ist eine schulische Abschlussqualifikation, die den Zugang zu jedem Studium an einer Hochschule ermöglicht.
Das unterscheidet das Abitur etwa von der Fachgebundenen Hochschulreife - umgangssprachlich dem Fachabitur - die nur für bestimmte Fächer und Fachrichtungen an Universitäten und Fachhochschulen qualifiziert.
Gleichzeitig ist der Unterricht in der gymnasialen Oberstufe nicht lediglich eine Vorbereitung auf die unterschiedlichen Studiengänge an den Hochschulen. Das Abitur verfolgt drei Ziele: Eine vertiefte Allgemeinbildung, die Studierfähigkeit sowie die Wissenschaftspropädeutik. Unter Propädeutik versteht man die Einführung in die Vorkenntnisse zu einem wissenschaftlichen Studium oder die Einführung in ein Studienfach.
Die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder (KMK) hat sich darauf geeinigt, dass für die Zulassung zur Abiturprüfung bestimmte Leistungsanforderungen in der Qualifikationsphase erfüllt werden müssen.
Die Rahmenbedingungen für die Abiturprüfung sind in der "Vereinbarung über die Gestaltung der gymnasialen Oberstufe und der Abiturprüfung" festgelegt.
(Infos aus https://www.kmk.org/themen/allgemeinbildende-schulen/bildungswege-und-abschluesse/sekundarstufe-ii-gymnasiale-oberstufe-und-abitur.html )
Sie schreiben, dass Sie Humanmedizin studieren wollen. Dieses Studium hatte im Wintersemester 2018/2019 bis auf in zwei Bundesländern die höchste Zulassungsbeschränkung (Numerus Clausus) von 1,0. Ich kann den hohen Leistungsdruck in Anbetracht solch hoher Zulassungsbeschränkungen nachvollziehen. Ausschlaggebend ist hier auch der hohe Anstieg der Bewerber.
Sehr geehrte Frau U., ich wünsche Ihnen viel Erfolg für Ihr Vorhaben, Medizin zu studieren. Ihr Fleiß wird sicher auf die eine oder andere Weise belohnt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Anja Karliczek MdB