Frage an Anja Karliczek von Konrad L. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Karliczek,
ich arbeite ehrenamtlich für die Vereine Freifunk Essen und Freifunk Rheinland ( https://www.freifunk-rheinland.net ) Ich wende mich mit einem Anliegen an Sie, das Ehrenamtliche im Freifunk umtreibt: Viele Vereine werden nicht als gemeinnützig anerkannt, da Freifunk nach dem Anwendungserlass (AE) zur Abgabenordnung (AO) mit Internetvereinen gleichgesetzt wird. Die Verweigerung der Gemeinnützigkeit hat für unsere ehrenamtliche Arbeit negative Folgen:
- Weniger Spenden. Freifunk betreibt Infrastruktur für die Gemeinschaft und Infrastruktur kostet fortlaufend Geld. Deshalb sind alle Vereine auch auf Spenden angewiesen. Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit sehen viele Spender als eine Aussage über die Qualität der Arbeit.
- Weniger Zuwendungen. Viele Stiftungen setzen bei Förderanträgen für Projekte die Gemeinnützigkeit voraus. Diese Wege bleiben uns Freifunkern verschlossen.
- Weniger Kooperationspartner. Freifunker brauchen funktechnisch gut gelegene Standorte. Eigentümer kooperieren eher mit als gemeinnützig anerkannten Initiativen.
Diese Probleme sind erst durch Nr. 3 des AE zu § 52 AO entstanden, wo von Internetvereinen die Rede ist. Diese stellten ihren dafür zahlenden Mitgliedern Internetanschlüsse zur Verfügung. Der Unterschied zu Freifunk: Freifunk steht allen zur Verfügung, weil alle ihre Infrastruktur teilen. Freifunk hat keine Kunden.
Diese Probleme hätte der Finanzausschuss in seiner 121. Sitzung beseitigen können. Er hätte den Gesetzentwurf des Bundesrates zur Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Freifunk noch in dieser Legislatur zur Abstimmung bringen können (TOP 3). Das ist nicht geschehen.
Meine Fragen an Sie:
- Warum hat der Ausschuss sich dafür entschieden, die für Freifunk schädliche Situation beizubehalten?
- Wie haben Sie sich dazu verhalten?
- Befürworten Sie die Anerkennung der Gemeinnützigkeit des Freifunks?
- Warum (nicht)?
Es dank und grüßt
Konrad Lischka
Sehr geehrter Herr Lischka,
vielen Dank für Ihre Frage zum Freifunk.
Ehrenamtliches Engagement in allen seinen Facetten und Tätigkeitsfeldern ist Ausdruck von Verantwortungsbereitschaft der Bürgerinnen und Bürger, von Solidarität für die Gemeinschaft. Der Zusammenhalt einer demokratischen Gesellschaft hängt entscheidend davon ab, ob die Bürgerinnen und Bürger bereit sind, durch freiwilliges Engagement sich für das Gemeinwohl einzusetzen. In Anbetracht der Herausforderungen der aktuellen Zeit ist das selbstlose Engagement von Menschen aller Generationen von immenser Bedeutung. Dafür danke ich Ihnen.
Der federführende Finanzausschuss konnte die Vorlage des Bundesrates - der die Aufnahme des sog. Freifunks in den privilegierten Katalog der gemeinnützigen Tätigkeiten vorsieht - in seiner letzten Sitzung nicht mehr abschließend beraten. Denn die zur Verfügung stehende Beratungszeit lies eine intensive Beschäftigung mit dem Thema nicht mehr zu, um das Vorhaben noch kurzfristig abschließen zu können. Denn zu einem ordentlichen Gesetzgebungsvorhaben gehört u.a. auch eine öffentliche Anhörung, in der die verschiedenen Positionen der Betroffenen intensiv ausgetauscht werden können. Entsprechend konnte eine Meinungsbildung nicht mehr stattfinden.
Unabhängig von der Frage eines Abschlusses in dieser Legislaturperiode wird das Thema aber weiter auf der politischen Agenda bleiben und uns auch in der neuen Legislaturperiode begleiten. Auch ist bis dahin zu erwarten, dass die Bundesregierung ihre im Rahmen der Gegenäußerung zum Bundesratsvorschlag in Aussicht gestellte Prüfung des Anliegens abgeschlossen haben wird und dem Bundestag für seine Entscheidungsfindung zur Verfügung stellen kann. Insgesamt muss auch für dieses Vorhaben daher gelten, dass Gründlichkeit vor Schnelligkeit geht.
Zum Abschluss erlauben Sie mir bitte noch eine Anmerkung: Schon heute können Körperschaften, die sich im Bereich des sog. Freifunks engagieren, unter bestimmten Voraussetzungen als steuerbegünstigt anerkannt werden. Dabei kommt als gemeinnütziger Zweck insbesondere die Förderung der Volks- und Berufsbildung, z. B. durch Bildungsmaßnahmen zu Fragen der Hard- und Software in diesem Bereich, oder eine Förderung dieser Zwecke, z. B. durch unentgeltliche Überlassung von Hard- und Software, in Betracht.
Mit freundlichen Grüßen
Anja Karliczek